Der erste Mai ist für alle Arbeiter_innen, ebenso wie für Erwerbslose, Schüler_innen und Studierende, der Tag des Widerstandes gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Weltweit gehen an diesem Tag Menschen auf die Straßen um für Frieden, Gerechtigkeit und ein besseres Leben zu demonstrieren.
Am ersten Mai 2012 aber, wollen Nazis aus dem ganzen Süden des Landes nach Hof kommen, um dort unter dem Deckmantel "Zeitarbeit abschaffen“ ihre rassistische Hetze und Hasspropaganda zu verbreiten. Sie erheben den Anspruch, die soziale Frage durch eine "nationalistische Volksgemeinschaft“ lösen zu können. Ihre Zielgruppen sind dabei arbeitslose und sozial benachteiligte "Deutsche“.
Deutschland und seine Nazis
Wir schreiben das Jahr 2012 - Der größte Naziaufmarsch Europas in Dresden ist Geschichte. In der Stadt, in der Jahre zuvor noch tausende Neonazis durch die Straßen zogen und ihre geschichtsrevisionistische Deutung der Bombardierung Dresdens im zweiten Weltkrieg zur Darbietung brachten, kam es zu einer antifaschistischen Demonstration mit den höchsten Teilnehmer_innen-Zahlen der Nachkriegsgeschichte. Und dies trotz der massiven Repressalien, denen viele Antifaschist_innen ausgesetzt waren. Wenige Monate zuvor wurde jedoch bekannt, dass Nazis über Jahre hinweg ungehindert Menschen ermorden konnten und ungestraft davonkamen. Der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) um Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fielen bundesweit trotz oder gerade wegen der aktiven Sicherheits- und Verfassungsschutzbehörden insgesamt 10 Menschen zum Opfer. Durch ihre Verbindungen zur NPD und anderen faschistischen Organisationen konnte das Trio ein breites Spektrum an Unterstützer_innen um sich scharen. Dementsprechend groß ist auch die Zahl der Sympathisant_innen.
Seit Jahren werden diese Morde in der rechtsradikalen Szene glorifiziert. So, zum Beispiel, in einem Lied von 2010 der Rechtsrockband "Gigi & die braunen Stadtmusikanten" aus dem Album "Adolf Hitler lebt", in dem es heißt: „Bei allen Kebabs herrschen Angst und Schrecken. Der Döner bleibt im Halse stecken, denn er kommt gerne spontan zu Besuch, am Dönerstand, denn neun sind nicht genug“. (Link 1) Die antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.), berichtet außerdem von einem Aufmarsch des "Freien Netz Süd" (FNS) in der Landeshauptstadt Anfang diesen Jahres. Dabei wurde aus dem Lautsprecherwagen der "Pink Panther Theme Song" abgespielt, der einen zynischen Bezug auf die Bekenner-DVD des NSU darstellt. (Link 2) Anwesend waren beispielsweise die "Anti-Antifa"-Aktivisten Sebastian Schmaus, Norman Kempken, Michael Reinhardt (alle Nürnberg). (Link 3) Norman Kempken übernahm unter anderem die Anmeldung der Nazidemo am ersten Mai in Hof und ist Verantwortlicher für die Mobilisierungs-Homepage der Nazis. Doch um wen oder was handelt es sich beim "Freien Netz Süd"?
Frei statt Netz Süd
Das FNS ist ein bayernweites Netzwerk von Neonazikameradschaften, das Ende 2008 gegründet wurde. Die Gründer des "Freien Netz Süd" waren die ehemaligen führenden Köpfe der "fränkischen Aktionsfront" (FAF), welche 2004 wegen ihrer "Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus" verboten wurde. Bei Hausdurchsuchungen der Anhänger wurden verbotene NS-Symbole und mehrere illegale Waffen sichergestellt. Der FNS-Kader Tony Gentsch aus Töpen (bei Hof) wurde unter anderem wegen Körperverletzung und Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole verurteilt. Er ist seit dem 4. April 2011 in der Hofer JVA inhaftiert. Zuvor konnte dieser in Oberprex (Landkreis Hof) eine Gaststätte erwerben, in der regelmäßig, unbehelligt von der Öffentlichkeit, Neonazikonzerte und Kameradschaftsabende stattfinden. (Link 4) Die lokalen Behörden haben nie ernsthaft versucht gegen den Nazitreffpunkt vorzugehen.
Das FNS tritt meist durch seine überregional organisierten Aufmärsche und auf regionaler Ebene stattfindenden Flugblattverteilungen, Schulhofoffensiven und körperliche Angriffe auf Antifaschist_innen und Migrant_innen auf. So kommt es vor allem in der Region Nürnberg/Fürth regelmäßig zu Übergriffen von FNS-Aktivisten auf Andersdenkende. Der Höhepunkt war der Übergriff des jahrelang aktiven FNS-Kaders Peter Rausch (Fürth) auf einen jungen Antifaschisten in Nürnberg. Am 28. April 2010 schlug Rausch diesen in einer örtlichen U-Bahn fast zu Tode. Der Antifaschist konnte nur durch Wiederbelebungsmaßnahmen gerettet werden. Rausch wurde deswegen zu 5 1/2 Jahren Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Neonazis um Norman Kempken des FNS sind es auch, die die Anti-Antifa-Nürnberg (AAN) betreiben. Die AAN hetzt aggressiv gegen ihre politischen Feinde und rief mit einer Veröffentlichung der Personalien von 200 Personen, teilweise mit Foto und Adresse, zu militanten Aktionen gegen diese auf. Momentan konzentrieren sich die Aktivitäten vor allem auf den Raum Oberfranken.
Von der sozialen Frage zur nationalen Frage
Die gleichen Akteure des FNS wollen nun, am ersten Mai, ihre menschenverachtende Hasspropaganda in Hof verbreiten. Im Aufruf der Neonazis wird der „nationale Widerstand“ als „die einzige Alternative“ erklärt. Die Tatsache, dass Zeitarbeit sowohl Menschen mit Migrationshintergrund, als auch "Deutsche" betrifft und sich auch nicht durch die Zugehörigkeit zu einer "Nation" oder "Rasse" aufheben lässt, wird dabei außer Acht gelassen. Zeitarbeit, Hartz IV und andere Sozialabbaumaßnahmen sind ein ernst zu nehmendes Problem und damit auch Nährboden für rechte Propaganda. Dieses Problem ist nicht national begrenzt, sondern ein Phänomen, das sich aufgrund der Gewinnmaximierung, für die Arbeitgeber_innen weltweit durchgesetzt hat und daher in einer globalisierten Gesellschaft eine internationale Zusammenarbeit aller Arbeiter_innen, Erwerbslosen, Schüler_innen und Studierenden erfordert.
Gegen Nazis – in Hof und überall
Ursprünglich war Rosenheim als Austragungsort des Naziaufmarsches geplant. Vermutlich veranlasste das rechtzeitige Planen von Gegenaktivitäten die Faschist_innen zum Ortswechsel. Über genaue Gründe lässt sich jedoch nur spekulieren. Auch in Dortmund gab es ein ähnliches Szenario. Dort wurde ebenfalls eine Nazidemonstration für den ersten Mai geplant, die aufgrund des Drucks der Gegenproteste abgesagt und nach Bonn verschoben wurde.
Seit den 90er Jahren wurden in Deutschland nahezu 200 Menschen durch rassistisch motivierte Verbrechen umgebracht. Wie Mensch sieht, ist nicht nur die Theorie der Faschist_innen ein Irrtum ohne Halt, auch ihre Art und Weise diese zu artikulieren ist unter keinen Umständen auch nur ansatzweise zu tolerieren. Die Mordserie der in Sachsen untergetauchten Nazis zeigt einmal mehr, wie wichtig entschlossenes, antifaschistisches Handeln ist. Antifaschistisches Engagement darf nicht kriminalisiert, sondern muss unterstützt werden. Jahrelang sind Anschläge, Nazigewalt und Waffenfunde in der Naziszene bagatellisiert worden. Wir haben die Schnauze endgültig voll! Als emanzipatorische Gruppe, sehen wir es als unsere Pflicht, uns den Faschist_innen und ihrer Ideologie in den Weg zu stellen!
Deshalb sagen wir: Egal ob in Rosenheim, Dortmund oder Hof, Naziaufmärsche gilt es ÜBERALL zu blockieren, zu sabotieren und zu verhindern!
Links:
(2) http://www.endstation-rechts.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=6800:nsu&Itemid=410