BOCHUM Nazis in Langendreer – dass dieses Thema auch nach der großen Demo gegen Rechts im vergangenen Oktober noch lange nicht als abgeschlossen gelten kann, bewiesen am Dienstagabend die Teilnehmer des ersten Runden Tisches unter dem Titel „Langendreer gegen Rechts“.Von Miriam Instenberg
Politiker,
Vertreter der Polizei und engagierte Bürger trafen sich in der Aula der
Lessingschule – zur Diskussion und zum Informationsaustausch. Aber auch zur
Kritik und zum Erarbeiten von Handlungsvorschlägen für die Zukunft.
Erschreckend liest sich die fortlaufende Chronologie der Neonazi-Aktivitäten in
Langendreer, die die Initiative „Langendreer gegen Nazis“ und das Polit-Café
„Azzoncao“ zusammengestellt haben.
Kein gefühlter Eindruck
Pöbeleien und Drohungen, Schmierereien und gewalttätige Angriffe auf Migranten
oder Mitglieder der linken Szene: Die Auflistung bestätigt, dass es sich bei
der Anhäufung der Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund in Langendreer im
vergangenen Jahr nicht nur um einen gefühlten Eindruck, sondern um die harte
Realität handelt. Als Reaktion darauf wurde die Polizeipräsenz im Bochumer
Osten zeitweise derart intensiviert, dass Langendreer laut Polizeipräsidentin
Diana Ewert für einige Wochen lang „wohl der sicherste Ort im Ruhrgebiet war“.
Aber: Das Problem besteht weiterhin, darin sind sich die Teilnehmer des Runden
Tisches einig.
Vom „braunen
Eisberg“, von dem bisher nur die Spitze erkennbar sei, war die Rede. Diana
Ewert garantierte, dass es weiterhin Schwerpunktaktionen geben werde, interne
Fortbildungen sollen die Bochumer Polizisten für das Thema sensibilisieren.
Außerdem halte man sich in Bochum an das Acht-Punkte-Programm des
Innenministeriums. Besonders viel Wert werde auf die Prävention, den Kontroll-
und Ermittlungsdruck auf bekannte Straftäter aus der rechten Szene und die
Opferhilfe gelegt, so Andreas Dickel, Chef der Bochumer Kriminalpolizei.
Kritik für Busche
Kritik für Bezirksbürgermeister Norbert Busche, aber auch für die Polizei und
die Lokalmedien hagelte es von der Bürgerinitiative „Langendreer gegen Nazis“.
Viel zu lange habe Busche das Nazi-Problem in Langendreer verharmlost, die
Polizei habe die besorgten Bürger nicht ernst genommen, der Runde Tisch käme
ein Jahr zu spät. Anwesende Schüler und Lehrer aus Langendreer sowie Vertreter
von Jugendverbänden bedankten sich dagegen für die Organisation des Runden
Tisches, der mindestens viermal pro Jahr stattfinden soll. Dann soll auch eine
betroffene Gruppe dabei sein, die Moderator Erdmann Linde am Dienstagabend
vermisste: Bochumer Bürger mit Migrationshintergrund.
Mit konkreten Tipps weiterhelfen könnte hier Hartmut Anders-Höpgen,
Sonderbeauftragter des Dortmunder Oberbürgermeisters. In Dortmund wurde 2007
die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie gegründet, um
dem Rechtsextremismus etwas entgegenzusetzen.