Unerwartet heftige Gefühle Wut, Ohnmacht, Angst – das Messegelände war voller Emotionen.

Erstveröffentlicht: 
05.03.2012

Wenn es um Dampfsperren, Brennwertkessel und Wechselrichter geht oder um Quadratmeterpreise, Finanzierungskonzepte und Geschossflächenzahlen, dann sind heftige Gefühlsregungen eigentlich ziemlich unwahrscheinlich. Doch war für jeden, der genau hinfühlte, bei den Messen Getec und Immo am Wochenende wahrnehmbar, dass es bei vielen innerlich rumort. Ein Stimmungsbild.

 

"Miete verweigern, Kündigung ins Klo, Häuser besetzen – sowieso!" Aus voller Kehle skandieren gut 30 Männer und Frauen vor dem Eingang zu Messehalle 3 diesen etwas holprig gereimten Satz und rütteln dabei heftig an den hohen Glastüren. Drinnen zerren ihrerseits uniformierte Polizisten und Sicherheitskräfte mit aller Kraft an den Türflügeln, um den Demonstranten den Zutritt ins Gebäude unmöglich zu machen. Die Messen Getec und Immo sollen nicht gestört werden. Es ist Samstag, kurz nach 15 Uhr.

Die Teilnehmer der Fahrraddemo draußen, zu der das Netzwerk "Recht auf Stadt" aufgerufen hat, sind teils in der typisch dunklen Kluft linksautonomer Aktivisten aufgelaufen, oft mit Kapuzenpulli und Rastafrisur, teils aber auch ganz bürgerlich-zivil. Junge und ältere Menschen sind dabei. Durch die Türen dringen die Empörung, ja die Wut und vielleicht sogar der Hass über ein System und über Eliten, die zulassen, dass in Freiburg bezahlbare Wohnungen immer rarer werden. "Ich suche seit drei Jahren eine andere Wohnung, weil meine jetzige voller Schimmel ist. Ich habe kein Geld für eine Sanierung, mein Vermieter unternimmt nichts – und eine andere Wohnung zu finden, die ich mir leisten kann, ist in Freiburg offensichtlich unmöglich," berichtet eine 58-jährige Frau, die mit ihrem Rad mit zur Messe hinausgefahren ist. Sie lebt von Arbeitslosengeld II. "In Freiburg muss man demonstrieren, sonst kommt man zu nichts", sagt sie.

 

Drinnen, bei der Getec, nimmt Bernhard Harter ein mannshohes Solarmodul ganz genau unter die Lupe. Er hat geplant, auf seinem Haus in Denzlingen eine Photovolatikanlage zu installieren. Darum ist er hier. Hat die kürzlich angekündigte, kurzfristige und einschneidende Kürzung der Solarförderung seine Kalkulation durcheinander gewirbelt? "Natürlich. Aber was soll man machen? Da ist man halt machtlos", sagt Bernhard Harter und blickt nachdenklich drein – und ziemlich resigniert. Resignierte Töne sind auch andernorts zu vernehmen, wenn man durch die Gänge der Getec streift.

Nochmals anders ist die Gefühlslage bei der Immo. "Viele Leute haben Angst, dass das Geld an Wert verliert, und wollen ihr Vermögen schützen", berichtet Immobilienmakler Dieter Schemmer. Alle wollten nun Bares in Immobilien tauschen. Aber es gebe fast nichts mehr zu kaufen in Freiburg. "Wer investieren will, muss ganz kurzfristig zuschlagen", rät Schemmer. Einen derart von Furcht und Sorge getriebenen Immobilienmarkt wie gerade habe er während seiner mehr als 25-jährigen Laufbahn noch nie erlebt.