Kein Tag länger das "Braune Haus": Antifa-Demo in Bad Neuenahr

Keine Stadt, keine Straße, kein Haus den Nazis

Mehrere antifaschistische Gruppen aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen rufen am 24. März 2012 zur Demo gegen das Nazizentrum vom „Aktionsbüro Mittelrhein“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler auf.

Die neonazistische Kameradschaft „Aktionsbüro Mittelrhein“ ist im Hinterland zwischen Bonn und Koblenz aktiv. In Bad Neuenahr-Ahrweiler verfügen sie derzeit über ein angemietetes Haus in der Weinbergstraße 17, das als Zentrum dient und von dem gewalttätige Übergriffe ausgehen. Die Neonazis vom Aktionsbüro Mittelrhein haben sich seit mehreren Jahren in der Region festgesetzt und marschieren regelmäßig in verschiedenen Städten in der Region auf. Seit 2009 versuchen sie in Remagen einen jährlichen Aufmarsch zu etablieren.

 

Rheinwiesen in Remagen

Auch im letzten Jahr organisierte das Aktionsbüro Mittelrhein wieder einen „Trauermarsch“ in Remagen. Anlass der jährlichen Aufmärsche sind die so genannten Rheinwiesenlager, in denen 1945 Wehrmachtssoldaten durch die Alliierten festgesetzt wurden. Hier wird bewusst versucht, deutschen Täter_innen als Opfer darzustellen und behauptet, in den „Rheinwiesenlagern“ wären mehr als eine Million deutscher Soldaten umgebracht worden. Die Verdrehung von Täter_innen zu Opfern und die Zelebrierung eines Opfermythos fallen in der gesellschaftlichen Mitte allerdings meist auf ebenso fruchtbaren Boden. Das Leugnen deutscher Schuld wird durch das Erzeugen eines deutschen Opfermythos einfacher. Die Vorstellung, dass Deutsche lange genug die Täter_innen waren, und auch mal an angebliche Kriegsverbrechen der alliierten Befreier_innen gedacht werden sollte, ist teilweise gesellschaftsfähig geworden. So besteht auch in Remagen die Gefahr, dass sich bürgerliches Gedenken mit neonazistischer Ideologie vermischt; eine kritische Geschichtsbetrachtung ausbleibt und so das Problem nur auf Neonazis reduziert wird.

 

Das Haus in der Weinbergstrasse 17


Seit Anfang 2010 haben die Nazis des ABM ein Wohnhaus in der Weinbergstraße 17 in Bad Neuenahr-Ahrweiler angemietet. Dieses dient nicht nur als Wohnraum, sondern vor allem als Zentrum für ihre Aktivitäten. Es fungiert als Anlaufstelle; es finden Treffen und Partys statt wie etwa am 30.07.2011, als dort unter dem Motto „Hawaii Party“ ein Konzert mit mehreren Nazibands stattfand oder am Silvesterabend 2011/2012 als Neonazis des Aktionsbüro Mittelrhein zu einer Party unter dem Motto “2 Jahre Braunes Haus Bad-Neunahr – Jetzt knallts richtig“ einluden. Die Buchstaben “NSU” wurden dabei farblich hervorgehoben und somit ein klarer Bezug zur Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ hergestellt. Im Keller des Hauses haben die Nazis einen Trainingsraum für Kampfsport eingerichtet. Die Neonazis aus dem Umfeld des Hauses tragen ihre Gesinnung offen zur Schau und treten gewalttätig auf, immer wieder kommt es zu Übergriffen. Auch in Remagen, wo einige der Bewohner studieren, treten sie offen auf und kandidieren zu Wahlen an der Hochschule.

 

Das Aktionsbüro Mittelrhein – Aktivitäten und Vernetzung


Bei Aufmärschen sind die Nazis des ABM mit einem eigenen Lautsprecherwagen unterwegs. Das Kennzeichen des Wagens – AW X 3107 – bezieht sich auf einen Mord. Der Obdachlose Dieter Klaus Klein wurde in der Nacht vom 31.07.1992 im Stadtpark von Bad Breisig von Naziskins umgebracht. Dieser Wagen wurde auch im Wahlkampf von der NPD genutzt und wird regelmäßig vom ABM für Aufmärsche bereitgestellt, so etwa 2011 in Frankfurt und Bad Nenndorf. Auch ohne Lautsprecherwagen sind Mitglieder des ABM auf diversen Aufmärschen präsent. So stellten sie 2011 etwa in Trier und Koblenz das Fronttransparent. Bei der Nazi-Bustour durch NRW zur Mobilisierung für den „nationalen Antikriegstag“ letztes Jahr in Dortmund wurde neben Städten wie Bonn und Leverkusen auch in Bad Neuenahr angefahren.

 

Die Situation vor Ort


Das ABM ist vor allem im Ahrkreis, besonders in Bad Neuenahr-Ahrweiler, aktiv. Hier kommt es regelmäßig zu Einschüchterungsversuchen und körperlichen Übergriffen gegenüber Menschen, die von Seiten der Nazis als politische Gegner_innen wahrgenommen werden. So wurde im Dezember 2010 das Auto eines AStA-Referenten beschmiert, der sich gegen die Kandidatur von ABM-Nazis an der FH Remagen engagierte. Nach einer Party im „braunen Haus“ im März 2011 wurde das Haus eines Antifaschisten von mehreren Neonazis mit Flaschen und Steinen beworfen.

Dass den Nazis dabei Widerstand entgegenkommt, ist kaum festzustellen. Bis heute konnten die Nazis des Aktionsbüro Mittelrhein relativ ungestört agieren, zivilgesellschaftlicher Protest formiert sich nur schwer und zögerlich bzw. konnte sich nicht in einem nötigen Umfang mobilisieren. Begleitet wird dies durch eine zweifelhafte Informationstaktik von Polizei und Verfassungsschutz. So betont diese jahrelang, dass es im Ahrkreis kein Naziproblem gebe. Der Umstand von ständigen körperlichen Angriffen auf vermeintliche Antifaschist_innen wird ignoriert, das Problem liegt für die Polizei scheinbar viel mehr bei einer örtlichen Punkszene. Dieses Verhalten der Polizei und des Verfassungsschutzes in den letzten Jahren, gerade in Rheinland Pfalz, ist so ausgeprägt, dass hier nicht von Fehlern, Unwissenheit oder sonstiger Unfähigkeit gesprochen werden kann. Deutlich wurde dieses fragwürdige Problembewusstsein in drastischer Art und Weise im November 2010. Am 20. November versammelten sich erneut ca. 300 Nazis in Remagen für ihren „Trauermarsch“. Dort versuchten ca. 150 Gegendemonstrant_innen den Naziaufmarsch zu stören. Eine vermeintliche Auseinandersetzung mit der Polizei führte zu massiven Repressalien gegen Antifaschist_innen. Die Neonazis konnten ungestört marschieren.

 

Die Provinz – strukturelle Nestwärme für Nazis?


Diese unerträglichen Zustände gibt es nicht nur im Ahrkreis. Deshalb ist es wichtig, die Bedeutung von provinziellen Rückzugsgebieten wahrzunehmen. In den größeren Städten in der Region haben die Nazis des ABM noch Probleme sich festzusetzen. Zu lange wurde das Problem in die Provinz verschoben, in der die Nazis ein vermeintlich sicheres Rückzugsgebiet finden. In weiten Teilen der Region herrscht eine überwiegend konservative Grundstimmung, die oft zu einer unzureichende Problemwahrnehmung beiträgt. Zusätzlich zu diesem mangelnden Problembewusstsein, stützt das Konstrukt der Extremismustheorie nicht selten die Vorstellung, dass Neonazis nur ein Randproblem der Gesellschaft darstellen und schafft so Freiräume für Neonazis, sich ungestört in der Region zu bewegen und festzusetzen. So wird es den Nazis leicht gemacht, so zu handeln, wie sie möchten. Schnittmengen in Einstellungsmustern zwischen der gesellschaftlichen Mitte und Neonazis scheinen hier noch einfacher nutzbar zu sein.


Im Kreis Ahrweiler spitzt sich die Lage seit Jahren zu. Mit dem „Braunen Haus“ ist es dem Aktionsbüro Mittelrhein gelungen mit einer eigener Infrastruktur in die Region einzuziehen. Einschüchterungen und Übergriffe durch Neonazis des ABM sind mittlerweile Alltag.


Gebraucht wird ein konsequenter Antifaschismus, der über punktuelle Anlässe hinausgeht. Zu lange konnten sich die Neonazis im ruhigen Hinterland festsetzen.

Lasst uns gemeinsam und solidarisch gegen diese Zustände einstehen. Es darf nicht sein, dass sich Neonazi-Kameradschaften und deren Zentren etablieren ohne energischen Widerstand zu spüren.

Lasst uns gemeinsam unsere Forderung gegen das Aktionsbüro-Mittelrhein und das „Braune Haus“ und für ein besseres Leben auf die Straße gehen.

 

Neonazis aus der Deckung holen – auch in der Provinz.

Keine Stadt, keine Straße, kein Haus den Nazis!
Nazizentren dicht machen! Zusammen in die Provinz fahren!