Die Antifaschistische Recherchegruppe Velbert unterstützt die Demonstration Velberter Flüchtlinge aus den Flüchtlingsheimen in der Talstraße am 17. März 2012 mit einem eigenen Aufruf, der die Forderungen aus denen des Bündnisses „Wohnungen für alle“ ergänzen soll.
Das Kreuzfahrtschiffunglück vor der italienischen Küste war eines der dominierenden Themen fast aller Medien der letzten Zeit. Dabei stand immer die Solidarität mit den Opfern und die Betroffenheit mit den Geschehnissen im Vordergrund. Keine Frage, was passiert ist, ist traurig. Was bleibt ist die Tatsache dass es jeden Tag irgendwo vor der europäischen Küste zu Unglücken kommt. Die Opfer sind Flüchtlinge. Alleine im letzten Jahr waren es über 1500 Menschen die nach offiziellen Angaben auf ihrem Weg von Afrika nach Europa starben. Eine Berichterstattung findet kaum bis gar nicht statt und eine rassistische Grundeinstellung findet den Weg in die Mitte der Gesellschaft. Nur ein Opfer mit einem EU-Pass ist es wert in der Berichterstattung beachtet zu werden, wohingegen man dem Schicksal der Flüchtlinge mit Gleichgültigkeit gegenüber steht.
Das gleiche Bild zeichnet sich auch innerhalb Deutschlands ab. Die Zustände in Asylunterkünften quer durch das ganze Land sind desolat. Finden diese Zustände dann den Weg in die Öffentlichkeit wird von politischer Seite her beschwichtigt. Die Missstände sind erkannt und werden beseitigt heißt es. Gehandelt wird nie. Die Zustände bleiben unverändert und verschlechtern sich weiter. Trauriger Höhepunkt ist aktuell der Selbstmord des iranischen Flüchtlings Mohammed Rahsepar aus Würzburg. Die menschenunwürdigen Bedingungen in der dortigen Unterkunft waren erst im Herbst letzten Jahren Inhalt eines „Monitor“-Berichts. Auch dort wurden Verbesserungen versprochen und angekündigt. Gelogen hat in diesem Fall die bayrische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christine Haderthauer. Geschehen ist gar nichts und Mohammed Rahsepar ging ein in die traurige Liste der Todesfälle als Folge der rassistischen deutschen Asylpolitik.
Ähnliche Zustände wie in Würzburg finden wir auch hier vor unserer
eigenen Haustüre wieder. Gesundheitsgefährdender Schimmelbefall,
Heizungen die nicht richtig funktionieren, defekte Fenster und Türen und
viele andere Mängel sind Alltag im Flüchtlingsheim Talstraße, hier in
Velbert. Erst Ende letzten Jahres musste ein kleines Kind aus der
Talstraße im Klinikum notbehandelt werden nachdem sich ein komplettes
Fenster aus der Verankerung löste und ihm auf den Kopf fiel. Dies ist
nur ein Beispiel einer endlosen Kette an baulichen Mängeln. Der
zuständige Dezernent, Andres Wendenburg (SPD), gibt den Flüchtlingen für
diese Zustände selbst die Schuld. Selbst die lokale
Medienberichterstattung hat seine rassistischen Äußerungen aufgenommen
und ausführlich thematisiert.
Neben all diesen Missständen stehen die Flüchtlinge hier einer mehr
als repressiven Verwaltung gegenüber. Nicht erst nachdem auf den letzten
Demonstrationen in Velbert, durch Mitarbeiter der Stadt, teilnehmende
Flüchtlinge auf der Demo abfotografiert wurden herrscht Angst und
Verunsicherung. Neben einer unnatürlich hohen Polizeipräsenz war dies
ein weiterer Versuch die Flüchtlinge gezielt einzuschüchtern. Ebenso
Alltag in Velbert sind persönliche Beleidigungen bei Amtsbesuchen und
das willkürliche Zurückhalten von Geldern die für das tägliche Leben
dringend gebraucht werden.
In was für Zuständen es enden kann, wenn selbst Politiker aus
Velbert im Stadtrat und im Bundestag immer wiederkehrend mit
rassistischen Aussagen auffallen, äußert sich im Verhalten der Polizei
vor Ort. Nach einer Demonstration kam es am 4. Februar 2012 durch die
anwesenden Polizeikräfte zu einem rassistisch motivierten Angriff.
Ähnlich wie bei der Oury Jalloh-Gedenkdemo in Dessau Anfang Januar
griffen sich Polizisten gezielt einen schwarzen Demoteilnehmer, schlugen
ihn brutal zusammen und führten ihn ab. Auf der Demonstration selbst
störten Polizeikräfte eine angemeldete Kundgebung, bei der die
rassistische Polizeigewalt in Dessau thematisiert wurde.
Es zeigt sich eines:
Immer wieder sind Menschen in Deutschland mit rassistischer
Polizeigewalt konfrontiert. Wir möchten diese Demonstration Velberter
Flüchtlinge dazu nutzen, neben den katastrophalen Zuständen in den
Heimen auf diese Praxis rassistischer Diskriminierung seitens des
Staates und der Polizei aufmerksam zu machen. Nur wenige Tage vor der
Demonstration findet voraussichtlich das Ende des Prozesses um den Mord
an Oury Jalloh statt. Am Morgen des 7. Januar 2005 wurde der Flüchtling
aus Sierra Leone von der Polizei in Dessau festgenommen und verbrannte
einige Minuten nach zwölf Uhr an Händen und Beinen gefesselt auf
grausame Art auf einer Matratze im Dessauer Polizeirevier. Bis heute
dauert der Prozess an der beweisen soll, was wir alle wissen und die
Polizei versucht, zu verschleiern: Oury Jalloh, das war Mord. - In
derselben Nacht starb auch Laye Condé, ebenfalls aus Sierra Leone, in
Bremen. Am 27. Dezember 2004 wurde er in Bremen festgenommen.
Polizisten unterstellten ihm, er sei Drogendealer. Um verschluckte
„Kokainkügelchen“ zum Vorschein zu bringen wurden ihm mehrere Liter mit
Brechmittel versetztem Wasser eingeflößt. Er fiel ins Koma und starb am
7. Januar 2005. Kokainkügelchen gab es nicht, Laye Condé wurde ein
weiteres Opfer rassistischer Polizisten.
- Wohnungen für alle – Für die Schließung der Flüchtlingsheime
- Gegen Rassismus und Polizeigewalt
- In Solidarität mit den Flüchtlingskämpfen weltweit
| 17.03.2012 | 14:00 Uhr | Velbert, Flüchtlingsheim Talstraße|
mehr:
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