„Wir -- machen -- Wiesbaden -- Pelzfrei!" so hallte es auch dieses Jahr wieder durch das Zentrum der hessischen Landeshauptstadt. Bereits zum fünften Mal in Folge wurde Wiesbaden Schauplatz von Demonstrant_innen, welche gegen die Ausbeutung und Tötung von nichtmenschlichen Tieren zur Herstellung von Pelz“mode“ ein unmissverständliches Zeichen setzten. Doch nicht nur gegen echtpelzverkaufende Geschäfte und Filialen richtete sich der Protest, auch gegen andere Profiteur_innen von Tierausbeutung zielte die Demo ab. So waren nicht nur McDonald's und Nordsee feststehende Demoziele, auch vor Leder- und Parfümgeschäften blieben die Demonstrant_innen spontan stehen, um das millionenfache Leid durch Tierversuche und die „Lederproduktion“ kurzzeitig in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Wie bereits im Vorjahr drehte der Demozug zwei Runden durch die Wiesbadener Innenstadt, während zwischenzeitlich vor verschiedenen Tierausbeutungs-Geschäften kleinere Aktionen stattfanden. Durch dieses Konzept sollen möglichst viele Passant_innen erreicht und auf die Thematik Tierausbeutung aufmerksam gemacht werden, auch wenn sich die Demo gerade nicht in Seh- oder Hörweite befindet.
Vor den einzelnen Demo-Zielen wurde in mehreren Reden auf die hiesige Situation der Tierausbeutung eingegangen, bei der auch gesamtgesellschaftliche Kritik nicht zu kurz kam.
So wurde unter anderem die Schließung einiger deutscher Pelztierfarmen in den letzten Monaten thematisiert, welche bei vielen Aktivist_innen große Begeisterung hervorrief. Bei der Freude darüber gerate jedoch oftmals in Vergessenheit, dass die „Produktion“ von Pelzen damit nicht aufhöre, sondern lediglich in andere Regionen verlagert würde, wo die Regulationen weniger strikt und die Arbeitskräfte billiger seien. Elende Haltungsbedingungen, qualvolle Tötungen und massive Umweltverschmutzungen würden somit anderswo weitergeführt, während das Gewissen deutscher Pelzträger_innen durch unsere „rigideren“ Tierschutzverordnungen künftig „reingewaschen“ wäre.
In einer weiteren Rede wurde die Macht der Großkonzerne am Beispiel der Schnellrestaurant-Kette Nordsee dargelegt, welche sich auf den Verkauf von Fischen und „Meeresfrüchten“ spezialisiert hat. So erfuhren die Demonstrant_innen und Passant_innen, dass Nordsee zur europaweit agierenden deutschen Unternehmensgruppe Theo Müller gehört, zu der u.a. auch die bekannten Molkereiunternehmen Müller Milch und Weihenstephan zu zählen sind. Um die Macht solch riesiger Tierausbeutungskonzerne zu brechen, würde eine vegane Lebensweise allein nicht ausreichen. Stattdessen führe nur ein gesamtgesellschaftlicher Wandel zur Befreiung der nichtmenschlichen und menschlichen Tiere aus ihren Ausbeutungsverhältnissen.
Zur Auflockerung der Demo sowie als Eyecatcher für die Passant_innen fanden vor den einzelnen Demozielen mehrere krea(k)tive Aktionen statt: So machten sich beispielsweise Aktivist_innen der Tierbefreiung jetzt! aus Mainz die Protestform der Überidentifikation zu nutze und verkleideten sich als „Frau Isolde Bolzenschuss“ und „Frau Petra Pelzkragen“ - Lobbyistinnen der Pelzindustrie - welche vorgeblich für eine Profitmaximierung von sogenannten „Pelzfarmen“ warben und Unterschriften für eine Subventionierung von „Pelzfarmen“ aus Steuergeldern sammeln wollten.
Auch die Sambistas des politischen Samba-Netzwerkes Rhythms of Resistance, welche zur Freude Vieler die Demo begleiteten und bereicherten, beteiligten sich am kreativen Protest: Mit Tiermasken verkleidet, wurden sie theatralisch nacheinander von einer Schlächterin brutal niedergemetzelt, bis auch die letzte „Stimme der Ausgebeuteten“ verlosch.
Und schließlich durfte auch eine Häutungsaktion vor der Bekleidungskette ZARA nicht fehlen, welche trotz selbsterklärtem Pelzausstieg noch immer Echtpelzprodukte im Sortiment führt.
Nach der Demo konnte sich traditionell an vielen Ständen gestärkt, interessante Gespräche geführt und das ein oder andere „Accessoire“ erworben werden. Dies kam oftmals einem guten Zweck zu Nutze: So sammelten beispielsweise die Aktivist_innen von Frankfurt Vegan mit einer Soli-Tombola u.a. Geld für den Antitierbenutzungshof, während Save Animals mit dem Verkauf von Soli-Essen die Finanzierung der diesjährigen International Animal Rights Conference in Luxemburg unterstützten.
Zum Ausklang des Tages wurde in die selbstverwaltete Kulturkneipe Sabot in Wiesbaden geladen. In gemütlicher Runde konnten dort diverse Leckereien (z.B. verschiedene Torten, Muffins oder Salate) geschlemmt werden. Als Höhepunkt des Abends gaben FaulenzA und Paul Blume ihre lustigen, nachdenklichen, Mut machenden wie auch mitreißenden Lieder zum Besten. Durch den regen Anlauf des Abends und die großzügigen Spender_innen konnten deutlich mehr Gelder gesammelt werden als zur Finanzierung der Demo und des Konzertes benötigt wurde. Alle überschüssigen Einnahmen in Höhe von 139,54 EUR werden umgehend dem noch weitgehend unbekannten Lebenshof Rhön gespendet, auf dem derzeitig 40 nichtmenschliche Tiere aus ehemals erbärmlichen Haltungsbedingungen leben.
So kann die Wiesbaden Pelzfrei 2012 in mehrfacher Hinsicht als „erfolgreich“ bezeichnet werden: Bei den einzelnen Stopps wurden den Aktivist_innen die Flugblätter über die verschiedenen Tierausbeutungsthemen binnen kürzester Zeit förmlich „aus der Hand gerissen“, was auf ein großes Interesse der Passant_innen schließen lässt. Sei zu hoffen, dass sie sich die Infos zu Herzen nehmen und in ihrem künftigen Konsum auf Tierprodukte verzichten werden. Weiterhin war der Protestmarsch dieses Jahr mit etwa 350 Teilnehmenden besser besucht als in all den Jahren zuvor. Und schließlich wurde allerlei Geld für diverse gute Zwecke gesammelt ...
Seid auch ihr nächstes Jahr bei der Wiesbaden Pelzfrei 2013 wieder mit dabei und zeigt, dass auch Wind und Wetter uns von unserem friedlichen Protest nicht abhalten können! (Im Sommer demonstrieren kann schließlich jede_r ;P )
Euer WPF-Orga-Team (Frankfurt Vegan, Save Animals, Tierbefreiung jetzt!)