Protest gegen Neonazis in Heilbronn

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Erstveröffentlicht: 
28.01.2012

Heilbronn - Mehrere hundert Demonstranten haben bei einem Gedenkmarsch am Samstag in Heilbronn ein Zeichen gegen Fremdenhass und rechte Gewalt gesetzt. Mehr als 700 Menschen beteiligten sich nach Polizeiangaben an dem Protestmarsch „Kein Platz für Rassismus – weder in Heilbronn noch anderswo“, die Veranstalter zählten nach eigenen Angaben rund 1000 Teilnehmer.

 

Schweigeminute


An der Theresienwiese, wo im April 2007 die 22-jährige Polizistin Michele Kiesewetter erschossen wurde, legten die Bundestagsabgeordneten Josip Juratovic (SPD), Ulrich Schneider (Grüne) und Richard Pitterle (Linke) eine Schale zum Gedenken an die Opfer der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle nieder und erinnerten durch Vorlesen aller Opfernamen an die Mordserie der rechtsextremen Untergrundkämpfer. Eine Schweigeminute legten die Teilnehmer zum Gedenken ein.

„Nie wieder Faschismus“, „Menschenrechte gegen die Feinde der Freiheit verteidigen“ und „Nazi-Invasion stoppen“ war auf Bannern zu lesen.

 

Das Bündnis „Heilbronn sagt Nein“ unter Federführung von DGB-Regionssekretärin Silke Ortwein und das aus linken Jugendgruppen entstandene Bündnis „Heilbronn stellt sich quer“ haben den Protestmarsch durch die Innenstadt organisiert. Auch ausländische Gruppen wie DIDF beteiligten sich an der Kundgebung.

DIDF-Sprecher Murat Gül sprach von „berechtigten Forderungen“ nach einem Verbot von faschistischen Organisationen und Parteien. Es müssten jetzt „Taten folgen“.

Über Hauptbahnhof und Bahnhofsvorstadt zogen die Teilnehmer zur Synagogenkuppel an der Allee, wo Avital Toren, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, eindringliche Worte sprach. Sie sei als Jüdin „wütend und erschüttert“, dass Nazis bis in die heutige Zeit „solch ein Unwesen treiben“. Toren forderte die gesamte Zivilgesellschaft auf, sich gegen Rechtsextremismus zu wehren – „vor allem auch die staatlichen Organe“.

„Wir alle haben die Verpflichtung“, so Toren, „dass menschenverachtende Systeme in unserem Land nie wieder hoffähig gemacht werden können.“ Man dürfe die Gefahr rechtsextremen Gedankengutes „nicht mehr kleinreden“.

Auch am Gewerkschaftshaus und am Berliner Platz, dem Endpunkt der Kundgebung, wurden kurze Reden gehalten.

Die Polizei hatte rund 50 Beamte entlang der Zugstrecke verteilt, die in erster Linie den Verkehr regelten. Die Gedenkveranstaltung wurde nach Angaben eines Polizeisprechers von keinem rechtsradikalem Protest gestört und verlief „ruhig und friedlich“.

 

Link und Throm kritisieren Veranstalter: Verpasste Chance


Deutliche Kritik an den Veranstaltern der Protestkundgebung „Kein Platz für Rassismus – weder in Heilbronn noch anderswo“ haben FDP-Bundestagsabgeordneter Michael Link und CDU-Landtagsabgeordneter Alexander Throm geäußert. Sie waren nur zur Rede von Avital Toren, der Chefin der Jüdischen Gemeinde, an die Allee gekommen und dem weiteren Protestzug ganz bewusst ferngeblieben.

„Wir sind nicht eingeladen und auch nicht als Redner angefragt worden“, sagte Throm. Es sei offenbar von den Veranstaltern „nicht gewollt“ gewesen, gemeinsam gegen Rechts auf die Straße zu gehen. Auch Michael Link hatte den Eindruck, dass die Veranstalter „unter sich bleiben wollten“. Der Protest gegen Rechts sei aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das politische Ziel der Protestkundgebung ist in seinen Augen dadurch „verfehlt“. Er sprach von einer „verpassten Chance“, gemeinsam etwas zu machen.

 

Löffler: Vorwürfe "absolut fadenscheinig"

Als "absolut fadenscheinig" bezeichnet DGB-Regionsvorsitzender Bernhard Löffler die Vorwürfe von Alexander Throm und Michael Link. Die CDU sei "selbstverständlich" zur Vorbereitung der Demonstration eingeladen gewesen, aber nie bei den Treffen dagewesen. Die FDP sei bis zum heutigen Tag nicht Mitglied in dem breit aufgestellten Bündnis von "Heilbronn sagt Nein". Der breite Spagat, den man mit der Demo am Samstag hinbekommen habe, sei "etwas völlig anderes als eine verpasste Chance", kontert Löffler.

DGB-Regionssekretärin Silke Ortwein unterstrich, dass sie keinen der Redner direkt angefragt habe. Dies hätten "die einzelnen Bündnispartner" getan. Ortwein bestätigte, dass Michael Link wenige Tage vor der Demo bei ihr angerufen habe. Sie habe ihm erklärt, dass es organisatorisch zu spät sei, in dem breit aufgestellten Bündnis einen Nicht-Bündnispartner noch als Redner umzusetzen. Sie habe aber mit ihm besprochen, dass er bei der Kranzniederlegung an der Theresienwiese mitwirken könne, sagte Ortwein.