Kolossale Demonstration für baskische Gefangene

Madrid solidarisiert sich mit dem Baskenland

Die Basken sind große Demonstrationen gewohnt. Dass Zehntausende auf die Straße gehen und auch für die Gefangenen, ist keine Seltenheit, wie kürzlich die große Demonstration Ende im September in Donostia (span. San Sebastian) gezeigt hatte. Die Veranstalter hatten schon für den Samstag eine "kolossale Demonstration" in Bilbao angekündigt, doch sie waren doch von der Menschenmasse überrascht, die sich schließlich durch die baskische Metropole gewälzt hat.Weit über 110.000 Menschen waren gekommen, um von der spanischen und französischen Regierung Schritte im Friedensprozess zu fordern und besetzen praktisch die gesamte Demonstrationsroute. Einige Demonstrationsteilnehmer bewegten sich praktisch nicht vom Fleck.  

 

Es dürfte sich damit um die größte Versammlung gehandelt haben, die das Baskenland je gesehen hat. Unterstützung bekamen die Basken von Delegationen, die aus dem gesamten spanischen Staat und auch aus Frankreich angereist waren und begeistert von den Demonstranten empfangen wurden. Zur Teilnahme aufgerufen hatten auch spanische Persönlichkeiten wie der bekannte Schauspieler Willy Toledo. 

 

"Es gibt nun keine Ausreden mehr und es darf keine Verzögerungen geben", rief Jon Garai den Teilnehmern zu. Er bezog sich dabei auf die Rechte der baskischen Gefangenen, für die es endlich Veränderungen geben müsse. Denn die Untergrundorganisation ETA hatte im vergangenen Oktober erklärt, die "bewaffneten Aktionen einzustellen". Das war zuvor von ihr auf der internationalen Friedenskonferenz gefordert worden, die im baskischen Seebad Donostia-San Sebastian stattfand, an der auch der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan teilnahm. Von den Regierungen in Spanien und Frankreich wurde in der Abschlusserklärung gefordert, mit der ETA über die "Konsequenzen des Konflikts" zu verhandeln. Dazu gehört neben der Entmilitarisierung auch die Frage der Gefangenen und der Exilierten. 

 

Garai ist Sprecher der Plattform "Egin dezagun bidea" (Den Weg bereiten), in der sich Parteien, Gewerkschaften und Organisationen vereint haben, um den Friedensprozess zu fördern. "Die grausamen Maßnahmen müssen endlich verschwinden, die baskische Gefangene erleiden müssen, um eine dunkle Etappe abzuschließen und die Tür zu einer neuen Zeit aufzustoßen", sagte Garai. Gemeint ist neben der Folter und den Misshandlungen von Gefangenen vor allem die "Zerstreuung". Mehr als 700 Gefangene des Konflikts sind über Knäste in Spanien und Frankreich verteilt und nur wenige sitzen im Baskenland.

 

Pello Urizar, Sprecher der sozialdemokratischen Solidaritätspartei (EA) sagte, die "große Mehrheit im Baskenland fordert die Umsetzung des Strafrechts", dass eine heimatnahe Strafverbüßung vorsehe, wogegen seit Jahrzehnten verstoßen werde. Deshalb wurde die sofortige Verlegung der Gefangenen ins Baskenland als erster Schritt gefordert. Dazu müssten alle erkrankten Gefangenen und die freigelassen werden, die drei Viertel ihrer der Strafe abgesessen haben. Das sieht das Strafrecht ebenfalls vor.

 

“Wir hoffen, dass unsere Botschaft von hier aus auch Madrid erreicht", erklärte Oskar Matute mit Blick auf die neue spanische Regierung. Der Sprecher von "Alternatiba", einer Abspaltung der Vereinten Linken (IU), hofft, dass die Konservativen der Volkspartei (PP) "Notiz nehmen" und sich für eine "politische Normalisierung" einsetzen. Die Demonstration war nur der Auftakt einer breiten Kampagne um die Rechte der Gefangenen zu erreichen und den Friedensprozess zu fördern. Ein auführlicherer Text findet sich hier.

 

© Ralf Streck, den 09.01.2012