Umfrage: Zwei Drittel der Deutschen lehnen Castortransport ab
Neuer Streit um Strahlenbelastung
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) hadert mit den Grünen. Nachdem schon der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte, bei einem Neustart in der Endlagersuche solle Gorleben "im Topf" bleiben, zog am Wochenende der niedersächsische Landeschef Jan Haude nach. In einem Interview mit der Nord-West-Zeitung wich er auf die Frage, ob Gorleben in die bundesweite Endlagersuche einbezogen werden solle, aus und erklärte: "Wir sind uns einig, dass Gorleben ungeeignet ist. Und wenn Gorleben in den Topf kommt, bin ich mir sehr sicher, dass es aufgrund der Kriterien und Sicherheitsanforderungen sehr schnell rausfliegen wird."
BI-Sprecher Wolfgang Ehmke hält Haude entgegen: "Wenn Gorleben, wie Jan Haude erkennt, ungeeignet ist, braucht es auch in keinen Topf, um dann rauszufliegen." Die Gorleben-Gegner erwarten von den Grünen eine klare Haltung in dieser Frage und keine Hintertürchen.
"Seit 1986 wird in Gorleben – mit Unterbrechung des Moratoriums gebaut, eine weiße Karte bei der möglichen neuen Endlagersuche gibt es nur, wenn Gorleben gestrichen wird, und zwar aus geologischen Gründen, die erdrückend sind", so Ehmke. Von einer Oppositionspartei erwarten die Gorleben-Gegner auch nicht das Propagieren von "Mindestforderungen" wie einen Baustopp in Gorleben: "Das erwarten wir von Bundesumweltminister Norbert Röttgen, den der hat ein Glaubwürdigkeitsproblem mit seiner Endlager-Charmeoffensive, solange in Gorleben weiter gebaut wird", so Ehmke.
Unglücklich sei auch, dass die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Kiel genau für das kommende Wochenende anberaumt wurde, wo die Großdemonstration in Dannenberg und die Aktionen gegen den Castor-Transport stattfinden.
Hintergrund
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) organisiert – als eingetragener und gemeinnütziger Verein – seit März 1977 neben der
Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg im Wendland den Protest gegen Gorleben als Atommülldeponie und setzt sich für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie ein.
Höhepunkt der Proteste im Wendland war das Jahr 2010: Gerade hatte die schwarz-gelbe Koalition in Berlin die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke beschlossen, Hundertausende waren dagegen auf die Straße gegangen. Wenige Wochen später rollte der 12. Castor-Transport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage (einer Plutoniumfabrik, wie die Franzosen unverhohlen sagen) nach Gorleben und es kamen fast 50.000 Menschen nach in Dannenberg zur Kundgebung – eine Rekordzahl.
Unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von Fukushima gab es in Berlin eine Kurskorrektur, einen Atomausstieg light, aber die Endlagerfrage wird weiter auf die lange Bank geschoben. Außer Absichtserklärungen des Bundesumweltministers Norbert Röttgen, dass eine Endlagersuche auch auf andere Bundesländer (und Wirtsgesteine) ausgeweitet werden soll, ist nichts gewesen", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. "Im Gegenteil: es gab nicht einmal einen Baustopp in Gorleben."
In dieser Situation wird der 13. Castor-Transport aus La Hague auf die Fahrt nach Gorleben geschickt, obwohl zwischenzeitlich der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Strahlenwerte am Zaun des Zwischenlagers gemessen hatte, die darauf schließen lassen, dass der genehmigte Grenzwert von 0,3 Millisievert pro Jahr definitiv überschritten wird. Gerade hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages gerügt, dass die Auswertung der Niedersachsen aber „wenig überzeugend“ und „unwissenschaftlich“ wirke. So fehle etwa eine „kritische Auseinandersetzung mit Unsicherheiten und Fehlergrenzen“.
Die Betreiberfirma GNS verfolgt sogar den Plan, über die 102 Castoren hinaus, die schon Gorleben stehen, ab 2014 mittelaktiven Müll aus La Hague nach Gorleben bringen zu lassen, es folgen 21 Castoren mit hochaktiven Abfällen aus dem britischen Sellafield – alles ab dem Jahr 2014.
Gorleben sollte schon immer als "nukleares Entsorgungszentrum" (NEZ) ausgebaut werden. Und allen Beschwichtigungen zum Trotz geschieht das auch: auf dem Castor-Gelände steht eine betriebsbereite "Pilot-Konditionierungsanlage" für das Umpacken und möglicherweise Zerkleinern der hochaktiven Abfälle mit heißer Zelle, sie hat zum Glück den Betrieb bisher nicht aufgenommen. Es gibt noch eine Lagerhalle für schwach- und mittelaktive Abfälle und für diese Abfallart soll auf dem Betriebsgelände noch eine weitere Konditionierungsanlage errichtet werden.
"Wir wehren uns gegen das NEZ aus vielen Gründen, der wichtigste ist: Wir wollen verhindern, dass im Salzstock Gorleben Atommüll eingelagert wird, weil die geologischen Einwände so massiv gegen Gorleben sprechen, dass allein die Aufgabe des Standorts die Gemüter beruhigt. Dabei hat sich die Auseinandersetzung um Gorleben längst "emanzipiert": es ist kein regionales Problem sowenig wie die Atommülllagerung ein regionales Problem ist. Deshalb ruft auch ein Bündnis mit Unterstützung des DGB zu der Kundgebung am 26. November auf", fasst die BI die Lage zusammen.
Presseservice während der "Castor-Tage"
Wertvolle sachliche Hinweise zu allen Bereichen der Aktions- und Demovorbereitungen finden Sie unter https://www.gorleben-castor.de.
Unsere Argumente und aktuelle Nachrichten können Sie auf unserer Homepage, die täglich aktualisiert wird, nachlesen. Hintergrundinformationen zum Endlagerprojekt und dem jahrelangen Falschspiel, dem Aushebeln von Klagerechten und dem dubiosen Auswahlverfahren finden Sie unter
ttp://www.bi-luechow-dannenberg.de/infos
Wie immer stehen Ihnen die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek (0160 159 24 73) und der Pressesprecher Wolfgang Ehmke (0170 510 56 06) für Rückfragen (fast) rund um die Uhr zur Verfügung. Ab Mittwoch verstärken wir unser Presseteam um Torsten Koopmann 0170 476 4684, Lennart Müller 0173 24 57 435, Jan Becker 0160 80 29 185.
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