Für kommenden Samstag ist eine Demonstration in Karlsruhe angekündigt, die sich mit den ehemaligen BesetzerInnen des "Besetzten Haus" in Erfurt solidarisieren und für Autonome Freiräume kämpfen will. Dazu ein Interview mit Stephanie Kambeck, Sprecherin der Initiative für mehr selbstverwaltete Freiräume in Karlsruhe und überall.
Ihr habt für kommenden Samstag eine Demonstration in Karlsruhe
angekündigt. Das Motto ist "Autonome Freiräume schaffen und
verteidigen", warum wollt ihr zu diesem Zeitpunkt auf die Straße gehen?
Stephanie Kambeck: Es gibt mehrere Gründe am Samstag in der Karlsruher
Innenstadt unseren Protest zum Ausdruck zu bringen. Zum einen wurde
vergangene Woche das seit acht Jahren besetzte Haus in Erfurt gewaltsam
von hunderten Polizei- und SEK-Beamten; Hubschraubern und Tränengas
geräumt. Das Haus auf dem ehemaligen "Topf & Söhne"-Gelände
leistete nicht nur erfolgreiche politische und kulturelle Arbeit in
Selbstverwaltung, die BesetzerInnen machten zudem auf die besondere
Geschichte des Geländes und die Verbrechen des Nationalsozialismus
aufmerksam. Insbesondere mit den Erfurter BesetzerInnen wollen wir am
Samstag unsere Solidarität zeigen. Ähnliche Aktionen und
Demonstrationen gab es bereits bundesweit in zahlreichen Städten.
Außerdem sind wir in Karlsruhe bereits seit mindestens drei Jahren mit
einer ähnlichen Tristesse konfrontiert. Im April 2006 wurde das
selbstverwaltete Wohn- und Kulturprojekt Ex-Steffi ebenso gewaltsam
geräumt.
Du sprichst die "Ex-Steffi" an. Dazu gab es in Karlsruhe ja auch jahrelange Auseinandersetzungen. Wie ist die Situation heute?
Kambeck: Ja, die Ex-Steffi wurde mit dem Argument geräumt, einen
Technologiepark auf dem Gelände hinter dem Hauptbahnhof errichten zu
wollen. Doch auch heute, drei Jahre nach der Räumung, ist die einzige
Attraktion ein kostenpflichtiger Parkplatz, der täglich von bis zu drei
Autos frequentiert ist. Unsere damaligen Vermutungen haben sich
bestätigt. Die Stadtverwaltung Karlsruhe wollte mit der Räumung von
Anfang an nicht die Realisierung eines "TIME-Parks" vorantreiben,
sondern vielmehr ein unliebsames, weil unkontrollierbares Stück
Karlsruher Kultur zerstören.
Stichwort Kultur in Karlsruhe. Wie steht es damit aus eurer Sicht?
Kambeck: Hier zeigt sich deutlich, der eklatante Unterschied zwischen
Anspruch und Wirklichkeit. Wer auf den Gedanken kam, Karlsruhe als
Europäische Kulturhauptstadt zu bewerben, kann lange nicht mehr außer
(Rat-)Haus gewesen sein. Außer Einheitsbrei aus Großraumdiskotheken,
völlig überteuerten Kommerzschuppen und vermeintlicher Hochkultur, die
nur Großverdienenden zugänglich ist, hat Karlsruhe nichts zu bieten.
Die Stadt versucht auf dem Schlachthofgelände einen Kulturpark zu
errichten. Doch statt dort kreativen Ideen Raum zu geben, soll nach
einem vorgegebenen und mit viel Geld begleitetem Konzept vom Reißbrett,
ein Kulturangebot geschaffen werden, das sich vom bestehenden Angebot
nicht unterscheidet und auch noch seit quälend langer Zeit vom
Scheitern bedroht ist. Wir fordern endlich eine kulturelle Vielfalt,
die aber nur durch Kultur von unten sowie Raum für selbstorganisierte
und unkommerzielle Kultur entstehen kann.
Bisher ist Eure Demonstration noch nicht angemeldet, warum?
Kambeck: Bisher hat sich einfach noch keine Person gefunden, die sich
bereit erklärt hat, die Demonstration anzumelden. Dies ist meiner
Meinung nach eine logische Konsequenz aus der aktuellen Repression
gegen Anmelder von Demonstrationen. So läuft aktuell noch ein Verfahren
gegen den Anmelder der Demonstration in Karlsruhe im Vorfelds des
G8-Gipfels. In anderen Städten gibt es ähnliche Fälle willkürlicher
Repression, die wie die aktuelle Gesetzesinitiative der
baden-württembergischen Landesregierung zur Verschärfung des
Versammlungsgesetzes das Ziel hat, unliebsame Demonstrationen zu
verunmöglichen. Unser Ziel ist trotzdem, unseren Protest mit einer
entschlossenen und kraftvollen Demonstration deutlich sichtbar zu
machen. Wir sind an einer Eskalation nicht intereressiert und erwarten
dass die Polizei dies auch so sieht.
Los geht es um 16 Uhr am Kronenplatz in Karlsruhe.