Es ist schon bizarr und eindringlich, wie sich Steven Bradbury in seinem 46seitigem Papier um den Begriff der Folter herum mogelt, sich an den Buchstaben klammert, bis nichts mehr übrigbleibt vom Begriff, das Wort leer genug ist, dass es sein Präsident in den Mund nehmen kann und ohne schlechtes Gewissen verkünden kann: "die Vereinigten Staaten foltern nicht". Wie George W. Bush das etwa im Jahre 2006, ein Jahr nach Abfassung dieses Memos, getan hat. Zwar gab er, was damals eine kleine Überraschung war, in einer größeren Rede erstmals die Existenz von geheimen CIA-Gefängnissen zu, stellte aber gleich klar, dass man beim Verhör von Gefangenen nur smarte Techniken anwende, keine Folter.
No. Not at all. It's a tacit acknowledgement that we're doing smart things to get information to protect the American people," the President said. "I've said to the people that we don't torture, and we don't. Die Vorarbeit für solch smarte orwellsche Umbennungen lieferte der Stab des "Büros für rechtliche Beratung", sie ist in dem Bradbury Memo vom 10. Mai 2005 genau nachzulesen. Das Memo ist der Werkstattbericht eines Juristen, der den Auftrag hat, dem Schmerz und den Qualen, die durch "13 Verhörtechniken" verursacht werden, den Stachel zu nehmen, so dass er mit dem amerikanischen Gesetz vereinbar ist. "Severe mental pain or suffering" wird in den Paragraphen 2340ff des US-Codes als ausschlaggebendes Definitionskriterium angeführt. Auf 20 dicht beschriebenen Seiten demonstriert der Verfasser aus dem "Office of Legal Counsel", dass von solchen "extremen" und " intensiven" Auswirkungen der Befragungsmethoden nicht die Rede sein kann - sogar beim berüchtigten Waterboarding nicht (selbst wenn die USA nach dem 2.Weltkrieg japanische Verhörspezialisten wegen solcher und anderer Befragungsmethoden, wie sie im Memo auftauchen, gesetzlich belangten, wie die New York Times berichtet.
Todesangst und Windeln zur Hygiene.. So clean kann Folter im Zeitalter der universal eingeforderten Menschenrechte sein: Folgt man dem Principal Deputy Assistant Attorney General Bradbury so entsteht der Eindruck einer außerordentlich korrekten Behandlung. Zumal sie einem High-Value-Gefangenen aus den höchsten Reihen der al-Qaida zugedacht ist, der zur Herausgabe von lebenswichtigen Informationen gedrängt werden soll. Von den 13 Maßnahmen, angefangen von einer Manipulation der Kost – die nicht schmeckt ("unappetizing") und der medizinischen Minimalanforderung genügt -, über das nackte Herumstehen, dem am Kragen-Gepacktwerden (Attention Grasp), der Backpfeife, dem Magenschwinger mit der flachen Hand, dem Eingesperrtsein in hundehüttengroßen Kisten, dem Wandstehen, der Kaltwasserdusche und dem Schlafentzug, bis zum Waterboarden sei keine für sich genommen richtig schmerzhaft, konstatiert Bradbury (vgl. dazu: Mit diesen harten Methoden verhörte die CIA"). Abgesehen om Waterboarding, das selbst militärische Rauhbeine, die sich freiwillig der Situation ausgesetzt haben, unweigerlich in die Panik treibt, weil sie die sich reflexartig einstellende Todesangstertrinken zu müssen, nicht kontrollieren können, sind auch die anderen Methoden ganz sicher nicht solight, wie das Memo unterstellt. 180 Stunden ohne Schlaf, so die festgelegte Grenze der Schlafentzugsmethode – das ist eine Qual, die mit einem achtstündigen Schlaf keinesfalls gutgemacht wird, wie Bradbury behauptet. Hier stellt sich der Zynismus bloß. Nicht ohne Grund erwähnt Bradbury einen entscheidenden Punkt nur ganz kurz: Dass die Verhörspezialisten nicht eine Methode nacheinander einzeln anwenden, sondern sie kombinieren. Das würde dann doch ein weniger harmloses Bild liefern: nur Flüssignahrung, ohne Schlaf, nur kurz liegend, bis sich die Beine wieder erholt haben, meistens an der Wand stehend, festgebunden, nackt, mit Windeln (natürlich nur zur Hygiene und "keinesfalls zur Demütigung", wie im Memo erwähnt wird, eine beredte Heuchelei[1]), die gewechselt werden, bevor die Haut wund wird, immer wieder wird das Gesicht von fremden Händen gehalten, zwischendrin eine Ohrfeige, einen Schlag in den Magen, dann wird man kurz freigelassen und in einen engen Raum gezwängt, dann frierend mit kühlem Wasser übergossen und schließlich das Waterboarding - Sechsmal Todesangst in zwei Stunden" - über Tage hinweg, wahrscheinlich Wochen (als Höchstdauer, so der Bericht, sind 30 Tage vorgesehen, danach müsste man ein erneutes Gutachten anfordern) – das ist sicher nicht so harmlos, wie es die Memo-Expertise vorschreibt. So beherrscht eine zynische Form von Lüge die Begriffe. Natürlich tut das alles weh, daran ist gar kein Zweifel und was ist das für eine seltsame Überhebung zu behaupten, dass mit diesen Methoden kein schwerer Schmerz zugefügt und es auch keine längeren Nachwirkungen geben werde. Auch wenn mit solchen Methoden Leben gerettet werden können und sie dadurch im Einzelfall eine brutale Notwendigkeit sein können, sie schönzureden ist eine ganz andere Sache, das macht sie harmlos, drückt die Hemmschwelle, sie auch in anderen Fällen, vielleicht gar generell einzusetzen. Man muss nur daran denken, dass juristische Produktionen und Instrumenten aus der Zeit des War on Terror auf ganz anderen Felder angewandt wurden, und an jene Männer, die aufgrund falscher Annahmen in geheime CIA-Gefägnisse überstellt wurden und damit den "smarten Verhörmethoden" ausgesetzt, um solche Memos zu fürchten. |