Die Reglements der deutschen Migrationspolitik sind perfide. Sie bringen insbesondere Roma, die nach Deutschland fliehen, in eine beklemmende Situation. Ihre Lage in den Herkunftsländern ist insgesamt weder schlecht genug, um die restriktiven Asylkriterien zu erfüllen, noch gut genug, um nach einer sogenannten Rückführung menschenwürdig dort leben zu können. Im rechtlichen Status der Duldung zu leben, die immer wieder für wenige Monate verlängert wird, ist psychisch äußerst belastend.
In der Politik ist derzeit keine klare Linie in der Praxis der Abschiebungen zu erkennen. So hatte die Bundesregierung im April 2010 ein Rücknahmeabkommen mit dem Kosovo geschlossen, während das baden-württembergische Innenministerium im August dieses Jahres die Abschiebungen nach Serbien und in das Kosovo vorläufig aussetzte. Zugleich starten in dem Bundesland weiterhin Abschiebeflüge anderer Bundesländer.
In Freiburg fand am Wochenende ein Treffen statt, auf dem über Möglichkeiten diskutiert wurde, gegen die Abschiebung von Roma vorzugehen. Initiiert wurde die Zusammenkunft im gut besuchten Stadttheater vom »Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzungen«, das verschiedene Gruppen – von der radikalen Linken über kirchliche Initiativen bis zu Parteien – zu einer Zusammenarbeit bewegen wollte.
In der zum Teil widersprüchlichen Roma-Politik sehen einige Beteiligte Möglichkeiten, die sich nutzen lassen. So wurde auf eine Resolution von 2006 verwiesen, in welcher der Freiburger Gemeinderat seinen Willen bekundet hatte, Abschiebungen zu verhindern – sie wartet noch auf ihre Realisierung. Die verschiedenen Initiativen, die dem nachhelfen wollen, verfolgen eine Vielzahl von möglichen Handlungsansätzen.
Der Versuch, das geltende Recht auszunutzen, zielt auf eine Umwandlung der Duldung in ein dauerhaftes Bleiberecht. Allerdings ist es für die einzelnen Flüchtlinge fast unmöglich, die strengen Kriterien zu erfüllen. Unterstützungsangebote reichen daher von der Jobsuche über Sprachkurse bis zur Rechtsberatung. Daneben gibt es eine spezielle Förderung von Roma-Kindern und Jugendlichen. Hier engagiert sich in Baden-Württemberg vor allem »Ushten Romalen«, ein Jugendverband für Roma und Nicht-Roma. Die Gründung des Verbands im Juni war ein erster Schritt der Selbstorganisation von Roma. Außerdem besteht die Möglichkeit, auf eine kulantere Handhabung der Aufenthaltsverlängerung durch die Kommunen hinzuwirken. Immerhin haben manche Städte bereits gezeigt, dass die kommunalen Kompetenzen ein wenig überschritten werden können.
Hinsichtlich der Verbesserung der Rahmenbedingungen werden derzeit gewisse Hoffnungen in die grün-rote Landesregierung gesetzt. Doch ob es zu einem endgültigen Abschiebestopp in Baden-Württemberg kommt, ist unklar. Die Regierung möchte zunächst eine Delegation in das Kosovo schicken, um die Situation zu prüfen. Außerdem scheint man sich uneins bei der Bewertung der Lage in Serbien zu sein. Vor diesem Hintergrund versuchen Gruppen wie »Aktion Bleiberecht« etwa mit Aktionen am Abschiebeterminal der Forderung nach einem Abschiebestopp Nachdruck zu verleihen.
Zur Diskussion stand in Freiburg auch, wie der Aufenthalt von Abschiebung Bedrohter ungeachtet der Gesetzeslage ermöglicht werden kann. Verwiesen wurde etwa auf das Kirchenasyl, das dafür genutzt werden könne. Erwogen wird auch eine Art Patenschaftsmodell, bei dem Bürger persönlich Verantwortung für einzelne Flüchtlinge übernehmen, um bei deren Problemen besser helfen zu können. All dies stößt jedoch an Grenzen. Denn um Menschen ohne Dokumente im größeren Stil zu schützen, müsste ihnen ein Leben ohne behördliche Erfassung ermöglicht werden. Angebote wie die Vermittlung einer anonymen und kostenlosen medizinischen Behandlung sind da nur ein Anfang.