Zerstörte Windschutzscheibe, Schmierereien und mehr - Falko Droßmann (SPD) wird auch zum Ziel anonymer Attacken.
Den umstrittenen Stahlzaun unter der Kersten-Miles-Brücke unweit der Landungsbrücken hat Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) bereits am vergangenen Freitag wieder abbauen lassen. Doch die Hetzjagd auf Schreiber, dessen Einfamilienhaus inzwischen nachts von der Polizei bewacht wird, und sein Umfeld hat seitdem erst richtig begonnen. Nun kam es zur Eskalation: Auf das Auto von SPD-Fraktionschef Falko Droßmann wurde in St. Georg in der Nacht zu Donnerstag ein Anschlag verübt.
Die Windschutzscheibe des Smart wurde eingeschlagen, am Auto prangten Aufkleber mit der Aufschrift "Der Zaun ist weg - jetzt Schreiber absägen." Außerdem wurde die Wand des Mehrfamilienhauses, in dem der Bezirkspolitiker lebt, mit den Worten: "Armut ist keine Schande, aber richtig Seiße" besprüht - wobei die Unbekannten die Buchstaben "ch" offensichtlich vergessen hatten.
Die Vorgänge bestätigte Falko Droßmann gegenüber dem Abendblatt und sagte: "Der Staatsschutz ist bereits eingeschaltet und ermittelt. Ich war im ersten Moment einfach nur schockiert, werde mich aber nicht einschüchtern lassen." Der 37-Jährige hatte in einer Fernsehsendung gesagt, dass auch seine Fraktion den Aufbau des Zauns mitgetragen habe, aber zugegeben, dass es ein "falsches Symbol" war.
Es war aber nicht der erste Vorfall. Droßmann, der sich wie Schreiber für die Räumung des illegal eingenommenen Bauwagenplatzes Zomia in Wilhelmsburg ausspricht, hatte vor einigen Wochen Hundekot im Briefkasten und darüber einen Flyer mit der Aufschrift Zomia bleibt. Außerdem sprühten Unbekannte eine "brennbare Flüssigkeit" durch den Briefschlitz seiner Wohnung. "Das passierte an dem Abend, als der Hauptausschuss der Bezirksversammlung sich mit einem SPD-Antrag bezüglich der Zomia-Räumung befasste", sagte Droßmann. Schreiber reagierte bestürzt auf den Autoanschlag: "Dieser Vorfall ist einfach nur schlimm und macht Angst. Dafür gibt es keine Rechtfertigung, das hat mit einer gesunden Streitkultur nichts mehr zu tun."
Erst am Sonntag hatte es vor dem Einfamilienhaus von Schreiber eine unangemeldete Demonstration mit etwa 30 Teilnehmern gegeben. Diese hatten ein diffamierendes Transparent aufgehängt und Flugblätter verteilt. Außerdem wurde eine Figur, die Schreiber darstellen sollte, in seinen Vorgarten gekippt, um seine Entthronung zu symbolisieren. Der Bezirksamtschef sagte: "Die Situation ist besonders für meine Familie unerträglich. Denn meine Frau und meine Tochter haben nichts mit meiner Arbeit zu tun, werden aber miteinbezogen, wenn man bis in unsere Privatsphäre vordringt."
Schreiber räumte ein: "Ich hätte nie geglaubt, dass es Gruppierungen gibt, die diesen Zaun als Anlass zu einer Jagd auf mich und mein Umfeld nutzen." Er habe nur für Recht und Ordnung eintreten wollen und nie erwartet, dass er sich dadurch für bestimmte Personen zu einer Hassfigur entwickle.
Der Bezirksamtschef hatte den Zaun vor zweieinhalb Wochen an der Kersten-Miles-Brücke an der Helgoländer Allee errichten lassen. Mit dem 18 000-Euro-Bau wollte er verhindern, dass sich dort Obdachlose niederlassen. Die Bezirksversammlung Mitte hatte bereits im November mit den Stimmen der SPD und GAL einen Umbau unter der Brücke beschlossen - mit demselben Ziel. Es hatten sich Anwohner, Passanten, aber auch Mitarbeiter des Bezirksamtes über die Vermüllung beschwert. Auch hatte es unter der Brücke eine Vergewaltigung und sogar eine Körperverletzung mit Todesfolge gegeben. Für 100 000 Euro wurden der dortige Bunker abgerissen und Steine verlegt. Erst als das erfolglos blieb, entschied sich Schreiber im Alleingang für den Zaun.
Dieser löste anschließend große Empörung aus. Nur wenige Tage nach dem Aufstellen kam es zu einer Demonstration. Und kurz darauf wandten sich auch Parteigenossen von Schreiber ab. Auf der Sitzung der SPD-Bürgerschaftsfraktion, an der auch Bürgermeister Olaf Scholz und Sozialsenator Detlef Scheele teilnahmen, wurde ein Schlichtungsverfahren beschlossen. Sozialsenator Scheele sagte bereits in dieser Sitzung und kurz darauf auch öffentlich in der Bürgerschaft, dass am Ende der Schlichtung eine Lösung ohne Zaun stehen müsse. Schreiber gab zu, den Zaun "als Symbol unterschätzt" zu haben.