Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) wies am 30. August auch im zweiten Durchgang eine Klage von zwei Lüchow-Dannenbergern gegen Castor-Transporte ab. "Im Schatten der Auseinandersetzung um den Strahlenalarm in Gorleben hinterlässt diese Entscheidung einen faden Nachgeschmack", kommentiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Zu klären war die Frage, welche Rechte Menschen haben, an deren Haustür Atommülltransporte vorbeifahren.
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Im Gegensatz zum OVG, der "letzten Bastion der Atomwirtschaft", so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, hatte das Bundesverfassungsgericht 2009 dem OVG Lüneburg einen Rüffel erteilt, das schon aus formalen Gründen eine Klage nicht annehmen wollte. Die Obersten Richter entschieden, die Betroffenen hätten einen Anspruch darauf, ihre Rechte angemessen juristisch überprüfen zu lassen und wiesen den Fall zurück nach Lüneburg.
Mit dem Verweis darauf, die die Behältertypen des Jahres 2008 nicht mehr zum Einsatz kämen, zogen sich die OVG-Richter aus der Affäre, ließen aber Revision zu.
"Das ist wirklichkeitsblind, denn ein Blick in die Zeitungen hätte gereicht, um zu sehen, dass im letzten Jahr die Strahlenfracht noch heißer war als in allen Jahren zuvor, die Strahlung in Gorleben kommt nicht von ungefähr", schreibt die BI und prophezeit, dass weitere Klagen gegen Castortransporte auf ihren Schreibtischen landen werden.
Az: 7 LB 58/09 7 LB 59/09
"Hohe Wärme- und Strahlenlast"
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) fordert weiterhin die Absage des 13. Castor-Transports aus La Hague. Im November sollen erneut 11 Behälter mit hochradioaktivem Müll in Gorleben angeliefert werden. Das für den 30. August anberaumte Fachgespräch im niedersächsischen Umweltministerium blieb offensichtlich bisher ohne greifbares Ergebnis.
Angesichts der hohen Strahlenwerte in Gorleben dringt die BI auf ein Primat der Politik. "Es kann nicht sein, dass die Messungen des Gorleben-Betreibers, der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), der Maßstab für Behördenhandeln ist", unterstreicht BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasser-, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hatte festgestellt, dass der gesetzlich festgelegte Jahreswert von 0,3 mSV am Zaun des atomaren Zwischenlagers erreicht werden kann. Schon bei einem Wert von 0,27 mSV muss laut Strahlenschutzbedingung in der Betriebsgenehmigung der Einlagerungsbetrieb unterbrochen werden: Das hätte große Auswirkungen, denn die Annahmebereitschaft für den nächsten Castor-Transport im November 2011 könnte nicht erklärt werden.
"Es ist schon abenteuerlich, wenn nun der Messpunkt verlegt würde, um im Soll zu bleiben. Das Umgruppieren der Behälter in der Lagerhalle, eine zweite angedachte Maßnahme, würde das Problem ebenfalls nicht beheben", prophezeit die BI, weil es sich nach GNS-Angaben nicht um eine Direkt-, sondern um Streustrahlung handele.
Die hohe Wärme- und Strahlenlast geht auf die 3. Änderungsgenehmigung vom 23.05.2007 zurück, Behälter mit verglasten Abfällen aus extrem hohen Abbrand dürfen seitdem nach Gorleben transportiert werden, ein solcher Transport wird auch im November wieder erwartet. In dieser Änderungsgenehmigung sei offensichtlich auch ein Belegplan verankert, der nicht einfach aufgehoben werden dürfe, unterstreicht die BI.
"Wir dringen weiterhin auf die Absage des Castor-Transports – in Gorleben gehört zurzeit nichts weiter rein und nichts raus", sagte Ehmke.
Jutta Kremer-Heye, Sprecherin des Umweltministeriums, erklärte: "Wenn ich mich dort hinstellen würde und ein Jahr nicht weggehen würde, wäre die Strahlenbelastung geringer als bei einer Stewardess oder einer Röntgenassistentin."
"Wenn das die Meinung einer Fachbehörde und nicht ihrer Sprecherin ist, dann kann man auf den Strahlenschutz und gesetzliche Grenzwerte gleich verzichten. Die kosmische Höhenstrahlung mit der biologischen Wirksamkeit von Gamma- und Neutronenstrahlung bei hochradioaktiven Abfällen zu vergleichen, ist verantwortungslos", kommentiert Ehmke.
Diskussion um erhöhte Strahlenwerte verunsichert Polizisten
"Die mögliche Überschreitung zugelassener Grenzwerte am Zaun des Zwischenlagers verunsichert auch die Polizisten", kommentiert die niedersächsische Abteilung der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) .
"In den vergangenen Jahren waren meine Kollegen unter anderem direkt im Zwischenlager untergebracht", so Landesvorsitzender Thomas Kliewer.
"Wenn hier nicht alle Zweifel für eine gesundheitliche Gefährdung beseitigt werden, darf der Castor nicht rollen!"
Nach Auffassung der DPolG muss hier die Fürsorgepflicht über allen rechtlichen Verpflichtungen stehen.
"Aber auch wenn der Castor im Oktober abgesagt wird, sind schon enorme Kosten entstanden. "Für die Anmietung von Hotels und Containern sind nach unseren Berechnungen schon jetzt Ausgaben bis zu 10 Millionen Euro aufgelaufen – selbst wenn der Castor nicht kommt. Außerdem sind im Oktober die meisten Unterkünfte schon aufgestellt und in Betrieb", so Thomas Kliewer weiter. Das sind Gelder aus dem Polizeihaushalt, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden. Thomas Kliewer: " Die DPolG wiederholt deshalb ihre Forderung nach einer finanziellen Beteiligung des Bundes und anderer Länder. Ich kann meinen Kollegen nicht erklären, warum wir in Niedersachsen Personal einsparen oder so wenige Beförderungen haben, wenn gleichzeitig Millionen für einen einzigen Transport allein von Niedersachsen bezahlt werden."
"Weiterhin fürchtet die DPolG, dass es wieder so lange Einsatzzeiten wie 2010 geben wird, weil nicht genügend Kräfte zur Verfügung stehen. " Der genaue Transporttermin steht ja noch nicht fest. Aber wenn man nur beispielhaft das letzte Novemberwochenende betrachtet: In der Bundesliga sind die Begegnungen Hannover 96 – Hamburger SV und Dortmund gegen Schalke angesetzt und in der 2. Bundesliga Hansa Rostock – Union Berlin sowie St. Pauli - Dresden. Das sind alles Spiele, die einen hohen Kräfteansatz fordern. Diese Kollegen würden dann im Wendland fehlen. Das machen wir nicht wieder mit! Hier müssen dringend Entzerrungen herbeigeführt werden. Meine Kollegen dürfen nicht wieder verheizt werden!"
Am 28. August gab es in Gorleben eine Demo wegen des Strahlenalarms (Bilder). Am 24. August gab es eine Ankettaktion (Bilder).
102 Castor-Behälter verlieren sich noch im Brennelement-Zwischenlager Gorleben, 420 Stellplätze gibt es insgesamt. Radioaktivitäts-Messungen im Auftrag des niedersächsischen Umweltministeriums hätten ergeben, dass die Strahlenbelastung am Zaun des Zwischenlagers oberhalb der geltenden Jahresgrenzwerte liegen könnte. Das berichtete das NDR Regionalmagazin Hallo Niedersachsen am 25. August.
Dem NDR liegt ein Vermerk des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vor, in dem des wörtlich heißt, es sei nicht auszuschließen, dass die Jahresdosis bis Ende 2011 überschritten sein könnte. "Eine Einlagerung weiterer Behälter wäre dann nicht zulässig."
Die Gorleben-Gegner halten die Maßnahmen wie das Umstellen der Behälter in der Halle, wie sie die Brennelementlager-Gesellschaft (BLG) vorschlägt, für "provisorischen Pfusch". "Hauptbetroffene sind die Mitarbeiter der BLG, die täglich dem Strahlenfeld ausgesetzt sind", gibt die BI zu bedenken.
Zu der Gutachtenvergabe der Bundesregierung an den Atomlobbyisten Bruno Thomauske erklärt Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag:
"Der Vorgang zeigt, von welcher hohen Kontinuität Merkels Atompolitik trotz der 180-Gradwende geprägt ist. Der Atomfilz leibt und lebt wie eh und je. Ausgerechnet ein Atomlobbyist wie Bruno Thomauske, als Manager bei Vattenfall am Pannenreaktor Krümmel gescheitert, wurde von der Bundesregierung für eine vorläufige Sicherheitsanalyse des Salzstockes in Gorleben angeheuert. Was bei Thomauskes Analyse herauskommen wird, lässt sich schon jetzt unschwer voraussagen. Thomauske hat aus seiner Festlegung auf den Standort Gorleben nie einen Hehl gemacht. Schon dieses Verfahren nimmt der Versicherung von Bundesumweltminister Röttgen, die Endlagersuche erfolge "ergebnisoffen", jede Glaubwürdigkeit.
Dass die Auftragsvergabe an Thomauske bereits wenige Wochen nach dessen Firmengründung erfolgte, zeigt wie eng das Netzwerk in der Atombranche geknüpft ist. Entweder tanzt die Atomindustrie der Bundesregierung auf der Nase rum, oder Merkel und Röttgen spielen mit der Lobby gemeinsam ein unwürdiges Spiel. Von Merkels Ankündigung eines neuen Anlaufs in der Endlagerpolitik ist jedenfalls nichts zu erwarten. Gerald Hennenhöfer - vom Beamten im Bundesumweltministerium zum Cheflobbyist von E.on gewechselt, ist heute Abteilungsleiter Reaktorsicherheit bei Röttgen. Er schanzt seinem alten Vattenfall-Kumpel Bruno Thomauske einen lukrativen Auftrag zu. Das Gutachten kostet den Steuerzahler 800.000 Euro. Herausgeworfenes Geld."
"Institutionen und Personen als Gutachter für Gorleben diskreditiert"
Einen Grund für die alarmierende Strahlenwerte sieht die BI in der Einlagerung von Behältern mit extrem hohem Abbrand: "Der Castor-Transport 2010 war nicht nur derjenige, der bisher den größten Widerstand herausgefordert hatte, er war auch der heißeste. Die Tatsache, dass das NLWKN jetzt einen Halbjahreswert für Neutronenstrahlung ermittelt hat, der hochgerechnet die gesetzlich erlaubte Dosis von 0,30 mSv übersteigt, wirft aber Fragen auch nach der Zuverlässigkeit der Betreiberin auf", sagte Ehmke.
Die Umgebungsüberwachung der BLG müsse sorgfältig geprüft werden. Der skandalöse Zustand, dass beim Eintreffen neuer Castor-Behälter die BLG der Gewerbeaufsicht die Messinstrumente leiht, regt die
Gorleben-Gegner seit Jahren auf.
Unterdessen hat der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister mit Äußerungen zu Gorleben überrascht. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" hatte der CDU-Politiker von seinem Parteifreund und Bundesumweltminister Norbert Röttgen bis spätestens zum Jahresende die Vorlage der Gesetzes-Eckpunkte für die Regelung der atomaren Endlagerung verlangt.
Parallel zu Gorleben sollten auch andere Standorte und Endlagerformen in Betracht gezogen werden als bisher geplant, "da sich die Politik darauf vorbereiten muss, das Gorleben sich auch als ungeeignet herausstellen könnte", sagte McAllister.
"Es hat lange gedauert, dass in der CDU Zweifel an der Eignung Gorlebens nicht nur gehegt, sondern dass das auch offen ausgesprochen wird", sagte ein BI-Sprecher. Endlich komme man zum Kern des Problems, den erdrückenden geologischen Negativbefunden, die eine Endlagerung hochradioaktiver Abfälle im Salzstock Gorleben als äußerst riskant erscheinen lassen.
"Die Einbahnstraße Gorleben wird sich als Sackgasse erweisen", sind sich die Gorleben-Gegner sicher. Deshalb müsse Gorleben nicht zu Ende "erkundet", also faktisch weiter ausgebaut werden, das sei reine Geldverschwendung, als ersten Schritt müsste – vor einem Neustart in der Endlagersuche – das Atommülldilemma aufgearbeitet werden.
"Dazu gehört, dass Institutionen und Einzelpersonen, die ihre wissenschaftliche Reputation in der illegal betriebenen Atommülldeponie Asse II verloren haben, sich auch als Gutachter für Gorleben diskreditiert haben. Die Ergebnisse der beiden Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse – im Land Niedersachen zur Asse II, im Bund zu Gorleben – müssten zusammengeführt und ausgewertet werden.
"Auf das entscheidende Wort McAllisters aber warten wir: Es darf in Gorleben zur Zeit nicht im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr weiter gebaut werden, Rötten muss in der Zwischenzeit bis zu einer Neubestimmung der Atommüllpolitik den Sofortvollzug in Gorleben aufheben", schrieb die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek in einer Pressemitteilung.
Es glich einem Doppelschlag: Kaum flackerte ein Hoffnungsschimmer auf, dass es Alternativen zu Gorleben geben könnte, verkündete McAllister (CDU) umgehend, Gorleben werde zu Ende erkundet. Gleich danach gab das BfS grünes Licht für den nächsten Castor-Transport nach Gorleben. "Schwarz-Gelb in Niedersachsen erhöht den Druck auf Gorleben", konstatierte die BI.
Die Gorleben-Gegner unterstellen Schwarz-Gelb in Land und Bund eine konzertierte Aktion. Die Hoffnung, dass der Sofortvollzug in Gorleben von Röttgen (CDU) aufgehoben und dass der 13. Castor-Transport in der Geschichte des Wendlands gestoppt würde, um die Endlagersuche unbelastet neu starten zu können, sei damit "zerstoben", sagte Ehmke.
"Wie kann ein "Landesvater" nur den Ausverkauf einer Region dermaßen forcieren, ohne in seiner Amtszeit auch nur einmal mit der Kreistagsmehrheit im Landkreis Lüchow-Dannenberg und den Gorleben-Gegnern geredet zu haben", fragte Rudek.
Am 14.8. startete die ein Jahr währende Kampagne "gorleben365" der Kurve Wustrow (Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion) und der Initiative X-tausendmal quer, in ein Jahr voller bunter und entschlossener Aktionen an den Gorlebener Atomanlagen. (Bilder).
Das Fest zum Protest ist als Auftakt vieler Aktionen zu sehen, die im Vorfeld und während des nächsten Castortransports stattfinden werden. Denn auch im Herbst, wenn wieder ein Zug mit hochradioaktivem Müll durch ganz Deutschland nach Gorleben rollt, werden Menschen von überall ins Wendland kommen und gegen die verfehlte Energiepolitik der Bundesregierung Widerstand leisten gemäß dem Motto "Gorleben soll leben"!
Unter dieser Parole werden im November wieder Tausende in Dannenberg demonstrieren, denn der 13. Castor- Transport nach Gorleben und das Endlagersuchgesetz werden das Wendland am Ende dieses antiatombewegten Jahres zum Schauplatz machen. Ein breites Bündnis aus Anti-Atom- Initiativen und Umweltverbänden beschloss auf einem Treffen in Lüneburg am 28. Juli unter der Formel "Dannenberg plus X" dass es nicht nur eine Großkundgebung geben wird, sondern auch zusätzliche Demo-und Aktionsangebote, an denen noch gefeilt werde.
Zuvor hatten bereits die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI), die Bäuerliche Notgemeinschaft und weitere lokale Anti-Atom-Gruppen sich unter dem Motto "Jetzt schlägt´s 13" dafür eingesetzt, die ungelöste Atommüllfrage, den großen Unmut über den schwarz-gelben "Atomausstieg light" und ein energisches Eintreten für eine Energiewende und Energieeffizienz in den Fokus der Auseinandersetzung zu rücken. Diese Stoßrichtung werde nun von allen Beteiligten gemeinsam getragen, hiess es.
Castoren 2014 aus England
"Wir warnen vor der gezielten Desinformation, dieser Castor-Transport sei vorerst der letzte", sagte Ehmke. Ab dem Jahr 2014 seien weitere Atommüllfuhren nach Gorleben, nun aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield angekündigt. Vor allem aber das Atommülldilemma werde den Anti-Atom-Herbst bestimmen. Unisono setzten sich alle Bündnis-Gruppen für einen Neustart der Endlagersuche ohne Gorleben ein.
Gorleben als Atommüllendlager sei wegen seiner flagranten geologischen Mängel für alle Beteiligten erledigt, der Druck der Straße sei äußerst wichtig. Ehmke: "Nach dem Atomausstieg light darf es keine Endlagersuche light geben."
Im Juni gab das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bekannt, es habe den Transport von elf Behältern mit HAW-Glaskokillen von der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague zum Transportbehälterlager Gorleben genehmigt. Der Antrag hierfür wurde von der Nuclear Cargo + Service GmbH am 18. Februar 2011 gestellt.
Die Beförderungsgenehmigung wurde erteilt, nachdem die Erfüllung der Sicherheitsanforderungen nach § 4 Atomgesetz geprüft und festgestellt worden ist, teilte das BfS mit.
Durch Auflagen in der erteilten Beförderungsgenehmigung seien Maßnahmen zur Kontaminationsvermeidung, Kontaminationskontrolle, Transport-Dokumentation und Meldepflichten festgelegt worden. Bei dem genehmigten Transport werden Behälter vom Typ CASTOR HAW28M eingesetzt.
Bei der Genehmigung handele es sich um eine sogenannte gebundene Entscheidung, schrieb die Behörde. Der Antragsteller habe einen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung, wenn alle gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden.
Im Mai war der Präsident des BfS, Wolfram König, vorsichtig von Gorleben abgerückt. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa räumte er ein, dass die Wahl Gorlebens als nukleares Endlager 1977 ohne einen überprüfbaren Kriterienkatalog erfolgte. Bemerkenswert findet die BI Königs Eingeständnis, dass der Verzicht auf eine wasserabweisende Tonschicht über dem Wirtsgestein Salz als Eignungskriterium einfach fallen gelassen wurde, weil die Tiefbohrungen diesen Nachweis nicht erbringen konnten. "Genau das ist der Skandal, der im parlamentarischen Untersuchungsausschuss Gorleben von Schwarz-Gelb klein geredet wurde", unterstrich Ehmke. Die Kriterien wurden im Prozess der Erkundung den Befunden angepasst.
Neue Aktenfunde belegen frühes Wissen um Gasfeld
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgte die BI die Sitzungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zu Gorleben, schließlich hatte die Akteneinsicht der BI im August 2008 den Stein ins Rollen gebracht.
Nach Auswertung der Tiefbohrungen im Raum Gorleben hatte die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die vor Gründung des Bundesamtes für Strahlenschutz die Federführung des Gorleben-Projekts inne hatte, empfohlen, auch andere Standorte als Endlager für hochradioaktive Abfälle zu untersuchen. Begründet wurde in den Vorentwürfen des abschließenden sogenannten "Zwischenberichts" 1983 das deutliche Abrücken von Gorleben mit den geologischen Mängeln, vor allem mit der fehlenden abschirmenden Tonschicht und dem Wasserkontakt des Salzstocks.
"Selbst nach Änderung der fachlichen Begründung durch die PTB – nicht mehr die geologischen Mängel, sondern Akzeptanz wurde ins Feld geführt – wurde die Empfehlung der Fachbehörde, nicht nur Gorleben, sondern auch andere Standorte zu untersuchen, durch die Intervention des Kanzleramts, des Innenministeriums und des Wissenschaftsministeriums unter Helmut Kohl (CDU) kassiert", erinnert die BI. "Einmal Gorleben, immer Gorleben", so Ehmke, lautete die Devise, "die fachliche Auseinandersetzung hat nie eine Rolle gespielt, man brauchte einen Standort als Entsorgungsnachweis”.
Die PUA-Sitzungen mit ihren klaren Fronten – hier die schwarz-gelbe Mehrheit, dort die wachsenden Einsicht der Oppositionsvertreter/innen, denen, je länger sie die Gorleben-Akten studieren, klar werde, dass eine weitere Endlagersuche mit Gorleben im Pool sich sachlich verbiete – seien nicht so interessant, spannender seien die "Zwischentöne", wie sich Grüne, SPD und Linke zum Neustart der Atommülldebatte mit oder ohne Gorleben im Pool verhielten und weitere Aktenfunde.
Wie die BI erfuhr, hat sogar das niedersächsische Kabinett am 21.12.1976, also zwei Monate vor der Gorleben Standortbenennung, von den Gasfeldern gewusst und beschlossen, dass im Falle Gorleben der Atommülllagerung der Vorrang gegenüber der Förderung von Erdgas eingeräumt werden solle. "Die Gasproblematik, also ein Gasfeld unter dem Salzstock und Gaseinschlüsse im Salz, sind ein K.O.- Kriterium", sagte Ehmke.
Für die BI bestätigt dies ihre schlimmsten Befürchtungen, dass Gorleben nur aus politischen Gründen schön geredet wurde und auch heute noch nachträglich die Anforderungen an den Gorlebener Salzstock an die Realität angepasst werden. "Diese Lügengeschichte von Gorleben muss ein Ende haben", so Ehmke: "Wenn für eine Endlagersuche eine glaubwürdige Grundlage geschaffen werden soll, dann muss Gorleben raus. Und zwar sofort." (Dokumentation)
Im Juni meldete die BI, die Gorleben-Gegner/innen verspürten Rückenwind: mehr als 800 Menschen folgten am Pfingstsonntag dem Aufruf der BI zu einer Demonstration. Kurz zuvor hatten laut ZDF-Politbarometer 71% der Befragten für einen Neustart in der Endlagersuche votiert.
"Die Debatte um den Atomausstieg wurde nach dem Super-GAU in Fukushima heftig geführt, ausgeblendet wurde jedoch das Atommülldilemma", kritisiert die BI. Unter der Parole "Gorleben versalzen" will eine regionales Bündnis in Norddeutschland unterstreichen, dass eine vergleichende Untersuchung verschiedener möglicher Wirtsgesteine mit dem Joker "Gorleben" nicht länger akzeptiert wird.
"Bisher raschelte es nur im Blätterwald, als nach dem Grünen Ministerpräsidenten Baden- Württembergs, Winfried Kretschmann, auch der CSU-Chef Horst Seehofer seine Blockadehaltung zu einer Endlagersuche in Bayern aufgab. Aber passiert ist nichts, außer dass in Gorleben im Drei-Schicht-Betrieb weiter gebaut wird", kritisierte Ehmke."Gorleben ist kein regionales Problem. Neben Morsleben und der Asse II steht Gorleben für das Scheitern der Entsorgungspolitik", unterstrich die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek.
Ab Pfingsten richteten sich Atomkraftgegner/innen nicht nur vor dem AKW Brokdorf, sondern auch in Gedelitz in einem einwöchigen Widerstandcamp ein. Der von Schwarz-Gelb beschlossene Atomausstieg geht ihnen gegen den Strich.
"Der Ausstieg wird bis zum Jahr 2022 gestreckt, wird von den Konzernen beklagt und zur Endlagersuche gibt es nur vage Ausführungen", kritisierte die BI.
"Merkels dreimonatiges Moratorium hatte das Ziel, die erfahrungsgemäß kurze Phase der unmittelbaren Wut und Betroffenheit nach dem Super-GAU auszusitzen, " schreibt die Initiative x1000malquer, die zur Blockade nach Brokdorf einlud. Bis dahin hätte der Massenprotest den Charakter gehabt, mit konstruktiven Ratschlägen und Forderungen auf die Regierungsbeschlüsse einzuwirken. Nachdem dies nicht zum Sofortausstieg geführt habe, sei die Zeit gekommen, die Stilllegung wieder selbst in die Hand zu nehmen und mit konkreten Maßnahmen den Weiterbetrieb der Atomwirtschaft zu erschweren.
In Gorleben werde unter Hochdruck weiter gearbeitet. In 3 Schichten. 24 Stunden am Tag Die Öffentlichkeit werde durch Anwendung des Bergrechts von dem Verfahren komplett ausgeschlossen, monieren die Gorleben-Gegner. "Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat nicht einmal den Sofortvollzug für den Ausbau Gorlebens aufgehoben und lässt keinen Zweifel daran, dass er die Arbeiten an einer "vorläufigen Sicherheitsanalyse" zu Gorleben weiter finanziert", moniert Ehmke.
Vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben "herausgeworfenes Geld"
Die Kosten für die vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben belaufen sich auf bis zu 8,97 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/6817) auf eine entsprechende Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/6639) hervor. "Für die BI dokumentiert dieser Betrag, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung fest entschlossen ist, Gorleben zum Endlager für hochradioaktive Abfälle zu machen". Statt das Atommülldilemma anzupacken und die Konsequenzen aus dem Scheitern der Asse II mit Blick auf die Geologie in Gorleben zu ziehen, beharrt Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf der Einbahnstraße Gorleben. Während dort im Dreischichtbetrieb gebaut wird, kreieren die Regierungsparteien "neue Suchräume" für ein Atommüllendlager. Ehmke ist sich sicher: "Am Ende sind die 8,97 Mio. Euro herausgeworfenes Geld."
Bitter sei, dass diese Millionenbeiträge auch noch Gorleben- wohlfahrigen Instituten wie der Firma “international nuclear safety GmbH” zugeschanzt würden. Alleiniger Gesellschafter der "international nuclear safety GmbH“ ist Prof. Bruno Thomauske. Der Wissenschaftler ist für die Gorleben-Gegner ein "rotes Tuch", da er aus seiner befürwortenden Haltung zu Gorleben keinerlei Hehl macht und im Rahmen der vorläufigen Sicherheitsanalyse Aufträge im Umfang von 800 000 Euro für eine Sicherheitsbewertung Gorlebens als Atommüll-Endlager einheimst.
Demo "das Salz gehört in die Erde"
Am Pfingstsonntag wurde der "Schwarzbau" Gorleben demonstrativ mit Schubkarren und Salz umrundet: "Wir plädieren für das Verfüllen der Stollen." Eine angemeldete Mahnwache auf dem Salinas-Gelände schloß sich nach Abschluss der Veranstaltungen zur Kulturellen Landpartie an. Die bunte Demo-Karawane zog demonstrativ mit Schubkarren an der polizeilich gut gesicherten Baustelle des sogenannten "Erkundungsbergwerks" vorbei und umrundete die aufgefahrene Salzhalde. Dort hatten Aktivisten den Zaun überwunden und mit Lettern auf dem Salzberg die Forderung markiert, "das Salz gehört in die Erde". Den Zaun hatten einige Aktivisten aufgedröselt, die Polizei nahm 27 Atomkraftgegner, die mit Anti-Atom-Fahnen und zum Teil auch mit Schubkarren auf den Salzberg gelangten, fest, eine Frau verletzte sich bei der Aktion am scharfen Gestein (Bilder).
Es gleicht einem Doppelschlag: Kaum flackerte ein Hoffnungsschimmer auf, dass es Alternativen zu Gorleben geben könnte, verkündete McAllister (CDU) umgehend, Gorleben werde zu Ende erkundet. Gleich danach gab das BfS grünes Licht für den nächsten Castor-Transport nach Gorleben, befristet bis zum 31.01.12.
Zu einem Neustart der Endlagersuche schreibt die BI, dass die Kehrtwende Horst Seehofers (CSU) noch lange nicht bedeute, dass Gorleben aus dem Pool möglicher Standorte gestrichen wird."Wir arbeiten von uns aus jetzt weiter an dem Nachweis, dass aus geo-wissenschaftlicher Sicht sich Gorleben als Standort verbietet”, kündigte die BI an. Eine Rückholbarkeit der Abfälle, wie es sich aus dem Supergau in der Asse II als notwendig erweist, und eine Lagerung der hochtoxischen, hochradioaktiven und heißen Abfälle in Salzgestein sei ein Widerspruch in sich: Salz verhalte sich plastisch, kriecht und schließt Abfälle ein, aber den Wasserkontakt nicht aus.
"Wenn das die Ausfahrtsluke aus dem verkorksten Gorleben-Projekt sein soll, dann wünschten wir uns mehr Ehrlichkeit und Offenheit, Gorleben ist schon lange politisch und fachlich verbrannt. Der gordische Knoten muss endlich durchtrennt werden, wir fordern ein schnelles Ende des Projekts."
Wolfgang Ehmke 01701 510 56 06 (bis 13 Uhr)
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