Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Neonaziszene einen neuen
Treffpunkt in Berlin-Lichtenberg eröffnet. Das frühere Gardinengeschäft
in der Lückstraße dient offensichtlich als Veranstaltungsort und Lager
für rechtsextreme Propaganda. Die Scheiben des unscheinbaren Ladens sind
mit dunkler Folie von Innen beklebt. Der nicht aus Berlin stammende
Vermieter zeigte sich am Montag, als die Polizei ihn anrief, völlig
überrascht von dem rechten Treffpunkt in seinem Mietshaus. Bei ihm
hätten sich die Neonazis als der Verein „Sozial engagiert in Berlin“
vorgestellt und einen Mietvertrag über fünf Jahre ausgehandelt, sagte er
am Montag.
Der Verfassungsschutz hatte bereits im Sommer 2010 gewarnt, dass es „konkrete Bemühungen, kleinere bis mittlere Immobilien für entsprechende Zwecke zu mieten, zu pachten oder sogar zu kaufen“ gibt. Explizit hieß es, dass die Rechtsextremisten sich dabei als angeblich sozial engagierter Verein tarnen würden. Ziel sei es, „dezentral Anlaufpunkte für rechtsextremistische Jugendliche und Jungerwachsene zu etablieren“.
Der Zeichnungsberechtigte des Vereins, der auch den Mietvertrag unterschrieben hat, ist der Neonazi Sebastian Thom. Er tritt auf Platz acht der NPD-Liste für die Abgeordnetenhauswahl an. Thom war im Wahlkampf 2006 an einem Angriff auf einen PDS-Stand in Rudow beteiligt und wurde dafür zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. In der Satzung steht, dass der Vereinszweck „Veranstaltungen aller Art“ und die „Förderung ehrenamtlichen Engagements junger Menschen“ sei. Bei den übrigen Vereinsmitgliedern handelt es sich, laut Auszug aus dem Vereinsregister, ebenfalls um bekannte Kader der militanten Neonaziszene. Der zweite Vorsitzende des Vereins ist der bekannte Anti-Antifa-Fotograf David Gudra.
Einen ersten Versuch, einen rechten Treffpunkt einzurichten, gab es nach Informationen des Verfassungsschutzes bereits in Pankow. Dort wurde von Januar bis Juni 2010 heimlich ein Ladenlokal als Treffpunkt der örtlichen Nazi-Szene betrieben. Auf einschlägigen Internetseiten finden sich Berichte von dortigen Schulungen und Vorträgen beispielsweise über SA-Sturmführer Horst Wessel. Weshalb die Rechtsextremisten das Objekt schließlich aufgaben, ist nicht bekannt. Die Adresse bleibt aus „Datenschutzgründen“ geheim, heißt es beim Verfassungsschutz.