Dem Erdboden gleich gemacht

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Erstveröffentlicht: 
03.08.2011

FREIBURG - Brennende Barrikaden befeuern den Streit um Wagenburgen

Kein Durchkommen mehr: Polizeibeamte stehen am Mittwoch in Freiburg vor einem geräumten Baugrundstück. Im Hintergrund stehen Demonstranten. Ein besetztes Baugrundstück in Freiburg hat die Polizei nach zwei Jahren am Mittwochmorgen mit einem Großaufgebot geräumt. Auf dem Gelände hatten sich seit Mai 2009 Mitglieder der links-alternativen Szene mit einer Wagenburg eingerichtet.

 

(lsw) Brennende Barrikaden, Krawalle und eine Wagenburg, die dem Erdboden gleich gemacht wurde. In Freiburg hat es Auseinandersetzungen mit der links-autonomen Szene gegeben. Politisch schwelt der Streit weiter.

Von der illegal errichteten Wagenburg im Freiburger Öko-Stadtteil Vauban ist nichts mehr übrig: Ein Bagger der Polizei hat am Mittwoch im Morgengrauen das alternative Wohndorf „Kommando Rhino“ dem Erdboden gleich gemacht. Vorausgegangen waren nächtliche Krawalle. Die in Freiburg traditionell starke links-alternative Szene beansprucht Raum für sich, die Stadt will aber keine weiteren Zugeständnisse machen. Freiburg gilt als Hochburg der Szene, deren Mitglieder mit ihren Wohnwagen alternativ und auf freiem Gelände leben möchten.
Ob erschüttert

„Eine derartige Gewalt hat es in Freiburg seit langem nicht gegeben. Ich bin von den Ereignissen heute Nacht erschüttert“, sagt Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) am Morgen danach. „Es ist eine Dimension an Gewalttaten erreicht, die es in Freiburg zu vergleichbaren Anlässen seit vielen Jahren nicht mehr gab.“ Erinnerungen an die Straßenkämpfe der 1980er Jahren würden wach.

Seit Mai 2009 hatten Links-Alternative ein Baugrundstück besetzt, sich dort mit ihren Wohnwagen niedergelassen. Die Stadt hatte ihnen zuletzt ein Ultimatum gesetzt. Bis in der Nacht zum Montag hätten sie das Gelände, auf dem ein Neubau mit Wohnungen sowie Geschäften und einem Hotel errichtet werden soll, freiwillig verlassen können. Die Besetzer ließen die Frist verstreichen.

Am frühen Mittwochmorgen nun rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an und räumte die illegale Wagenburg. Ihnen stellten sich zahlreiche Demonstranten entgegen, es kam zu Rangeleien zwischen der Polizei und Protestierern. Es gab drei Festnahmen.

Trotz ihres lautstarken Protests: Die Räumung des Geländes konnten die Wagenburg-Sympathisanten nicht verhindern. Die letzten Reste entfernte die Müllabfuhr – unter Polizeischutz. Die Bauarbeiten für die neuen Gebäude sollen bereits in den kommenden Tagen beginnen.

In den Stunden vor der Räumung war die Lage außer Kontrolle geraten. Unbekannte und Vermummte errichteten Straßensperren aus Müllcontainern, Bauzäunen, Holzpaletten und Einkaufswagen und ließen diese in Flammen aufgehen. Auch zwei Baubagger wurden angezündet, vereinzelt wurden Brandbomben geworfen. Die Polizei fand in einer Seitenstraße ein Auffülllager für derartige Geschosse. Ein Polizeiauto wurde von einem Farbbeutel getroffen. Zudem entdeckten die Beamten über die Straße gespannte Stahlseile sowie Stahlkrallen, die sich in Autoreifen bohren. „Wir sind auf ein erhebliches Gewaltpotenzial gestoßen“, sagt Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid.

Verletzt wurde ein Autofahrer. Er wurde Polizeiangaben zufolge von mehreren Vermummten angegriffen, als er eine Straßenblockade beseitigen und löschen wollte. Feuerwehrleute wurden am Löschen der brennenden Barrikaden gehindert.

Die Bewohner der Wagenburg distanzierten sich von der Gewalt, an ihren Forderungen halten sie jedoch fest. Sie wollen, dass die Stadt ihnen kostenlos ein geeignetes Gelände für ihre Wagenburgen zur Verfügung stellt. Doch Rathaus und Gemeinderat winken ab.
Politischer Streit schwelt weiter

Der politische Streit schwelt auch nach den nächtlichen Protestfeuern weiter. „Für Wagenburgen gibt es in Freiburg drei Plätze für rund 100 Bewohner“, sagt Rathaussprecher Walter Preker. Diese seien ausreichend. Neue Flächen lehnt der Gemeinderat seit 1996 kategorisch ab. Hintergrund ist die Befürchtung, dass Freiburg weiter zum Magnet für Wagenburgler werden könnte.

Der Konflikt beschäftigt die badische Universitätsstadt seit Jahren, immer wieder kommt es Besetzungen von leerstehenden Grundstücken und Gebäuden sowie zu Protest- und Gewaltaktionen.

Im Vauban, dem nun geräumten Gelände, war die Stadt mehr als zwei Jahre untätig geblieben, bis sie sich zur nächtlichen Polizeiaktion entschied. Die Bewohner der dort stationierten Wagenburg suchen nun einen neuen Platz für sich und ihre Wohnwagen. In Freiburg, sagt einer ihrer Sprecher, wollen sie auf jeden Fall bleiben.FREIBURG
Dem Erdboden gleich gemacht
Brennende Barrikaden befeuern den Streit um Wagenburgen

    Kein Durchkommen mehr: Polizeibeamte stehen am Mittwoch in Freiburg vor einem geräumten Baugrundstück. Im Hintergrund stehen Demonstranten. Ein besetztes Baugrundstück in Freiburg hat die Polizei nach zwei Jahren am Mittwochmorgen mit einem Großaufgebot geräumt. Auf dem Gelände hatten sich seit Mai 2009 Mitglieder der links-alternativen Szene mit einer Wagenburg eingerichtet.
    Foto: Rolf haid
    Das große Aufräumen: Mitarbeiter der Freiburger Abfallwirtschaft räumen das besetztes Gelände.
    Foto: Patrick Seeger

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(lsw) Brennende Barrikaden, Krawalle und eine Wagenburg, die dem Erdboden gleich gemacht wurde. In Freiburg hat es Auseinandersetzungen mit der links-autonomen Szene gegeben. Politisch schwelt der Streit weiter.

Von der illegal errichteten Wagenburg im Freiburger Öko-Stadtteil Vauban ist nichts mehr übrig: Ein Bagger der Polizei hat am Mittwoch im Morgengrauen das alternative Wohndorf „Kommando Rhino“ dem Erdboden gleich gemacht. Vorausgegangen waren nächtliche Krawalle. Die in Freiburg traditionell starke links-alternative Szene beansprucht Raum für sich, die Stadt will aber keine weiteren Zugeständnisse machen. Freiburg gilt als Hochburg der Szene, deren Mitglieder mit ihren Wohnwagen alternativ und auf freiem Gelände leben möchten.
Ob erschüttert

„Eine derartige Gewalt hat es in Freiburg seit langem nicht gegeben. Ich bin von den Ereignissen heute Nacht erschüttert“, sagt Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) am Morgen danach. „Es ist eine Dimension an Gewalttaten erreicht, die es in Freiburg zu vergleichbaren Anlässen seit vielen Jahren nicht mehr gab.“ Erinnerungen an die Straßenkämpfe der 1980er Jahren würden wach.

Seit Mai 2009 hatten Links-Alternative ein Baugrundstück besetzt, sich dort mit ihren Wohnwagen niedergelassen. Die Stadt hatte ihnen zuletzt ein Ultimatum gesetzt. Bis in der Nacht zum Montag hätten sie das Gelände, auf dem ein Neubau mit Wohnungen sowie Geschäften und einem Hotel errichtet werden soll, freiwillig verlassen können. Die Besetzer ließen die Frist verstreichen.

Am frühen Mittwochmorgen nun rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an und räumte die illegale Wagenburg. Ihnen stellten sich zahlreiche Demonstranten entgegen, es kam zu Rangeleien zwischen der Polizei und Protestierern. Es gab drei Festnahmen.

Trotz ihres lautstarken Protests: Die Räumung des Geländes konnten die Wagenburg-Sympathisanten nicht verhindern. Die letzten Reste entfernte die Müllabfuhr – unter Polizeischutz. Die Bauarbeiten für die neuen Gebäude sollen bereits in den kommenden Tagen beginnen.

In den Stunden vor der Räumung war die Lage außer Kontrolle geraten. Unbekannte und Vermummte errichteten Straßensperren aus Müllcontainern, Bauzäunen, Holzpaletten und Einkaufswagen und ließen diese in Flammen aufgehen. Auch zwei Baubagger wurden angezündet, vereinzelt wurden Brandbomben geworfen. Die Polizei fand in einer Seitenstraße ein Auffülllager für derartige Geschosse. Ein Polizeiauto wurde von einem Farbbeutel getroffen. Zudem entdeckten die Beamten über die Straße gespannte Stahlseile sowie Stahlkrallen, die sich in Autoreifen bohren. „Wir sind auf ein erhebliches Gewaltpotenzial gestoßen“, sagt Polizeisprecher Karl-Heinz Schmid.

Verletzt wurde ein Autofahrer. Er wurde Polizeiangaben zufolge von mehreren Vermummten angegriffen, als er eine Straßenblockade beseitigen und löschen wollte. Feuerwehrleute wurden am Löschen der brennenden Barrikaden gehindert.

Die Bewohner der Wagenburg distanzierten sich von der Gewalt, an ihren Forderungen halten sie jedoch fest. Sie wollen, dass die Stadt ihnen kostenlos ein geeignetes Gelände für ihre Wagenburgen zur Verfügung stellt. Doch Rathaus und Gemeinderat winken ab.
Politischer Streit schwelt weiter

Der politische Streit schwelt auch nach den nächtlichen Protestfeuern weiter. „Für Wagenburgen gibt es in Freiburg drei Plätze für rund 100 Bewohner“, sagt Rathaussprecher Walter Preker. Diese seien ausreichend. Neue Flächen lehnt der Gemeinderat seit 1996 kategorisch ab. Hintergrund ist die Befürchtung, dass Freiburg weiter zum Magnet für Wagenburgler werden könnte.

Der Konflikt beschäftigt die badische Universitätsstadt seit Jahren, immer wieder kommt es Besetzungen von leerstehenden Grundstücken und Gebäuden sowie zu Protest- und Gewaltaktionen.

Im Vauban, dem nun geräumten Gelände, war die Stadt mehr als zwei Jahre untätig geblieben, bis sie sich zur nächtlichen Polizeiaktion entschied. Die Bewohner der dort stationierten Wagenburg suchen nun einen neuen Platz für sich und ihre Wohnwagen. In Freiburg, sagt einer ihrer Sprecher, wollen sie auf jeden Fall bleiben.

 

 


 

 

Bild 1: Kein Durchkommen mehr: Polizeibeamte stehen am Mittwoch in Freiburg vor einem geräumten Baugrundstück. Im Hintergrund stehen Demonstranten. Ein besetztes Baugrundstück in Freiburg hat die Polizei nach zwei Jahren am Mittwochmorgen mit einem Großaufgebot geräumt. Auf dem Gelände hatten sich seit Mai 2009 Mitglieder der links-alternativen Szene mit einer Wagenburg eingerichtet.

 

Bild 2: Das große Aufräumen: Mitarbeiter der Freiburger Abfallwirtschaft räumen das besetztes Gelände.