Rostock: NPD-Kandidat als Nazischläger geoutet

Hannes Welchar als Ordner bei einer Neonazidemonstration in Teterow,im März 2011

Mitten im alternativ-geprägten Stadtviertel KTV, nicht weit entfernt von der Stelle, an der nach heftiger antifaschistischer Intervention der Naziladen "Dickkoepp" schließen musste, wohnt Hannes Welchar. Doch Hannes wird die KTV verlassen, denn er muss die Umzugskisten packen, will er sich doch in den Kreistag von Mecklenburg-Streelitz wählen lassen. "Schweren Herzens habe man diese Entscheidung zur Kenntnis genommen", heißt es aus antifaschistischen Kreisen. Da nun ein direkter Gedankenaustausch vor seiner Wohnungstür zukünftig schwieriger zu gestalten ist, ließen es sich Antifaschisten nicht nehmen, ihn wenigstens gebührend zu verabschieden...

 

Vor kurzem gab die NPD ihre Kandidatenliste für die gleichzeitig Anfang September stattfindenden Land- und Kreistagswahlen bekannt. Mit dabei Hannes Welchar, der sich nicht nur für den Kreistag in Mecklenburg-Streelitz aufstellen lässt, sondern auch als - wenig aussichtsreicher - Direktkandidat für den Landtag fungiert. Dass er bei den Kreistagswahlen auf Listenplatz eins steht und seine Direktkandidatur unterstreichen, dass es sich bei Welchar um einen Kader der nazistischen NPD handelt. Aber er spielt gut den Biedermann, den netten jungen Nazi von Nebenan. Dabei ist Hannes Welchar auch jemand der mal gerne zuschlägt. Im März letzten Jahres wurde er vom Amtsgericht Rostock verurteilt. Eine hohe dreistellige Summe musste er an die Staatskasse überweisen, weil er bei einem Konzert einen anderen Gast aufgrund seiner politischen Einstellung - wie gerichtlich explizit festgestellt wurde - angegriffen hatte. Mit diesem Talent kann er tatkräftig den Ornderdienst der NPD unterstützen. Der Bundesordnerdienst wird seitens der NPD bei Veranstaltungen und Demonstrationen als Schutztruppe eingesetzt. Aufgabe ist es in der Regel die eigene Veranstaltung vor unliebsame Journalisten und Gegnern zu "schützen". Dies auch gerne gewalttätig. Auch aus diesem Grund nahm Hannes Welchar auch an paramilitärischen Übungen teil. Erst zu Pfingsten verhinderte die Polizei im sächsischen Niesky ein gemeinsames Treffen der Jugendorganisationen der NPD, Junge Nationaldemokraten (JN), und der seit 2009 verbotenen "Heimattreue deutschen Jugend" (HDJ). Nach Angaben der Polizei mussten sogar Kindern Platzverweise ausgesprochen werden, die im Rahmen des braunen Zeltlagers "geschult" werden sollten. Im Zusammenhang mit seiner Funktion im Bundesordnerdienst wieder mit dabei: Hannes Welchar.

Im gesamten Stadtteil wurde Plakate verklebt die über die Freizeitbeschäftigung des als Großhandelskaufmann in der Herman Stitz AG angestellten Hannes Welchar informiert. Auch mehrere Hundert Flyer wurden direkt in seiner Nachbarschaft verteilt.


In der KTV verhielt er sich unauffällig. Auf der Straße war er selten zu sehen, meist führte ihn sein Weg nur schnell in den nahe gelegenen Netto oder in ein mit laufenden Motor wartendes Auto. Dies ist bereits das zweite Outing innerhalb gut einer Woche. Da traf es mit Danny B. einen Aktivisten der 'Nationalen Sozialisten Rostock' (NSR). Mit Blick auf den Wahlkampf gehen Beobachter davon aus, dass sich derartige "Outingaktionen" in Zukunft wiederholen werden. Vermutlich soll damit der Druck auf die organisierte Naziszene erhöht werden. Nach den Niederlagen bei den Blockaden in Greifswald am 1.Mai, der Mobilisierungspanne in Demmin (als Ordner mit dabei: Hannes Welchar) bei gleichzeitiger massiver Zunahme der Gegenaktivitäten, war die NPD eher in den Wahlkampf gestolpert. Anders als noch im Jahr 2006 fehlt der NPD auch die Proteststimmung und bisher ein aktuelles Aufregerthema. Gut möglich, dass die NPD den Wiedereinzug ins Schweriner Schloss verpasst, trotz des Ausbaus ihrer Strukturen in den vergangenen Jahren. Bei aktuellen Umfragen steht sie bei 3%.
Autonome Antifas aus Rostock