Binzen: Im Internet die Juden verächtlich gemacht

Erstveröffentlicht: 
07.06.2011

Rentner aus Binzen wegen Volksverhetzung verurteilt

 

Im Internet die Juden verächtlich gemacht

Formulierungen wie "Juden sind Lügner" und "Judendreck bestimmt in der EU" sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das hat in zweiter Instanz nach dem Amtsgericht Lörrach jetzt auch das Landgericht in Freiburg entschieden.

 

Formulierungen wie "Juden sind Lügner" und "Judendreck bestimmt in der EU" sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das hat in zweiter Instanz nach dem Amtsgericht Lörrach jetzt auch das Landgericht in Freiburg entschieden. Danach sind derartige Formulierungen, die ein 65-jähriger Rentner aus Binzen ins Internet gestellt hatte, als Volksverhetzung strafbar.

In der Berufungsinstanz hat das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Lörrach die ursprüngliche Geldstrafe von 120 Tagessätzen in eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten umgewandelt und als Bewährungsauflage die Zahlung von 1200 Euro angeordnet.

Der Angeklagte gibt sich in der Verhandlung siegesgewiss. Freimütig gibt er zu, dass er in dem Internetforum scharf diskutiert habe: "In dieser News Group finden scharfe Auseinandersetzungen statt. Ich habe den Jungs geantwortet auf die Art und Weise, wie die Jungs die Schärfe reingebracht haben." Der Vorsitzende Richter Peuster verliest daraufhin auszugsweise die Diskussionsbeiträge. Sie klingen aufschneiderisch, pubertierend, sind voller Schimpfwörter und Beleidigungen. In einem Beitrag aus dem Jahr 2008 bezeichnet der Angeklagte den damaligen Nato-General Egon Ramms als einen "Kindermörder" und fügt an: "Schlagt das Schwein tot." In den Augen der Strafrichter aus Lörrach und Freiburg ist das keine vom Bundesverfassungsgericht in der politischen Diskussion für zulässig erachtete pointierte Meinungsäußerung, sondern eine öffentliche Aufforderung zu einem Verbrechen. Und damit eindeutig strafbar.

In einem anderen Beitrag, der auf ein Treffen von Nicolas Sarkozy mit Angela Merkel Bezug nimmt, schreibt der Angeklagte von dem Juden und der Judennutte. In erster Instanz noch als Beleidigung abgeurteilt, musste dieser Anklagepunkt vom Landgericht mangels der für eine Beleidigung erforderlichen Strafanträge der Betroffenen eingestellt werden. Strafantrag wegen Beleidigung hatte hingegen der SPD-Politiker Niels Annen gestellt, der von dem Angeklagten unter anderem als "saudumm" bezeichnet worden war.

Der Angeklagte rechtfertigte seine Beiträge allesamt mit der Meinungsfreiheit. Juden in Deutschland seien für ihn keine religiöse, sondern eine politische Gruppe: "Die politische Einflussnahmen von Minderheiten interessieren mich." In seinen letzten Wort vor der Urteilsberatung sagte er: "Ich habe absolut kein Schuldgefühl. Da sind in der Vergangenheit schlimme Verbrechen begangen worden. Aber ich habe damit nichts zu tun. Das Privilegieren der nachfolgenden Generationen der Juden muss aufhören." Zuvor hatte Oberstaatsanwalt Bürgelin in seinem Plädoyer klargestellt, dass die vom Angeklagten verwendeten Formulierungen als Volksverhetzung strafbar seien. Wer unter anderem Juden als notorische Lügner bezeichne, wer behaupte, dass Juden keine Kritik vertrügen, der stachle in der Allgemeinheit seiner Aussagen zum Hass gegen eine religiöse Gruppe auf. Und genau das, so Bürgelin, sei vom Gesetzgeber unter Strafe gestellt worden. Pflichtverteidigerin Rischau plädierte zu Gunsten der Meinungsfreiheit auf Freispruch. Ihr Mandant sei sich keiner Schuld bewusst gewesen.

So habe er alle seine Beiträge unter seinem Namen veröffentlich. Das Landgericht hat die Argumente des Anklägers übernommen und den 65- jährigen Angeklagten wegen Volksverhetzung in elf Fällen, der Beleidigung in drei Fällen und der öffentlichen Aufforderung zu einem Verbrechen angesichts zweier einschlägiger Vorstrafen zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre.