Berliner Autobrandstifter vermutlich Einzeltäter

Erstveröffentlicht: 
05.06.2011

Seit Jahresbeginn haben in Berlin bereits mehr als 100 Autos gebrannt. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vermutet vor allem Einzeltäter hinter der neuen Anschlagsserie.

 

Die Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin will einfach kein Ende nehmen. Auch in der Nacht zu Sonnabend haben Unbekannte in Treptow und Kreuzberg drei Fahrzeuge angezündet. Im Mai hat die Anzahl der Brandstiftungen bereits den Wert des Vorjahrs überschritten. Die Zwischenbilanz der Polizei zum Monatsende lautet: 54 direkt angezündete Autos und 34 weitere, die sich in der Nähe befanden und durch die Flammen beschädigt wurden. Im gesamten Vorjahr hatte die Polizei 52 Brandanschläge gezählt.

 

Eine Entspannung der Lage scheint nicht in Sicht. Seit Mittwoch ist die Zahl der Brandanschläge in diesem Jahr um zehn auf nunmehr 64 gestiegen, die Zahl der durch die Flammen insgesamt beschädigter Fahrzeuge wuchs auf 103 an.

 

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte auf Anfrage zu der Entwicklung: „Die derzeitige erschreckende Serie von Autobränden zeigt die Gewaltbereitschaft der linksextremen und autonomen Szene. Auch wenn es sich nach Einschätzung der Polizei nur um wenige Täter handelt, ist dies eine Reihe schwerster Straftaten.“

 

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Robbin Juhnke, will das „akute Thema“ baldmöglichst auf die Tagesordnung des Innenausschusses setzen: „Wir wollen wissen, was der Senat zu tun gedenkt, und welche Erkenntnisse zu den Taten vorliegen.“ Juhnke sieht Handlungsbedarf, fordert zur Bekämpfung der Taten, mehr Personal abzustellen. Den Autonomen müsse klar gemacht werden, dass die Politik aktiv dagegen vorgeht.

 

In der Nacht zu Sonnabend hatte ein Passant Polizei und Feuerwehr zunächst nach Treptow gerufen. Dem Mann war gegen 2.50 Uhr an der Puschkinallee ein brennender Porsche aufgefallen. Trotz schneller Löscharbeiten konnte die Feuerwehr nicht verhindern, dass ein daneben geparkter Opel beschädigt wurde. Minuten später war die Dieffenbachstraße in Kreuzberg Schauplatz von zwei weiteren Anschlägen. Dort hatten Passanten einen BMW brennen gesehen. Die alarmierte Besatzung einer Funkstreife entdeckte kurz darauf in der Nähe einen zweiten BMW, der an einem Hinterrad Feuer gefangen hatte. Die Polizisten erstickten den Brand mit einem Feuerlöscher und konnten so den Schaden in Grenzen halten. Da die Polizei auch in den jüngsten drei Fällen einen politischen Hintergrund nicht ausschließt, hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

 

Das gilt auch für den Brandanschlag, der in der Nacht zu Freitag in Prenzlauer Berg verübt wurde. Auf der Richard-Ermisch-Straße musste die Feuerwehr einen brennenden Mercedes löschen, den ein Anwohner um 4.15 Uhr bemerkt hatte. Nur an Christi Himmelfahrt hatten vorige Woche die Brandstifter pausiert.

Dafür hatten Unbekannte auf der Liebigstraße in Friedrichshain sämtliche Scheiben eines BMW eingeschlagen und den Wagen zudem mit einem Schriftzug beschmiert. Und in Lichtenberg waren die Fenster eines VW-Transporters des Energieversorgers Vattenfall zerstört und die Luft aus den Reifen abgelassen worden. Gleich drei brennende Autos hatte die Polizei am Mittwoch in Moabit registriert. Binnen 15 Minuten hatten unbekannte Täter am Schleswiger Ufer einen Mercedes, in der Claudiusstraße einen Porsche sowie in der Wullenweberstraße einen Mercedes in Brand gesetzt. Zudem beschädigten die Flammen einen VW Touran.

 

„Es ist das gleiche Phänomen, wie wir es schon 2009 erlebt haben. Dabei sind die Anschläge seither selbst in der linksextremen Szene überaus umstritten“, sagt Isabelle Kalbitzer, Sprecherin des Innensenators. Seither setzte sich innerhalb der Autonomen-Szene die Ansicht durch, dass solche Taten „beliebig“ seien und die angestrebten Ziele diskreditieren würden. Vor zwei Jahren hatte die Welle der Brandanschläge auf Autos in Berlin ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Damals waren rund 300 Fahrzeuge bei 154 vorsätzlichen Anschlägen zerstört worden. Vor zwei Jahren hatte die Welle der Brandanschläge auf Autos in Berlin ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Damals waren rund 300 Fahrzeuge bei 154 vorsätzlichen Anschlägen zerstört worden. Ein Vergleich zur aktuellen Entwicklung: Bis zum 5. Juni 2009 waren bei mehr als 70 Anschlägen 138 Autos beschädigt worden.

 

Berlins Polizei und Verfassungsschutz gehen davon aus, dass hinter der neuen Serie Einzeltäter oder Kleingruppen stehen, die selbst in der Szene isoliert sein könnten. „Wir kriegen die Täter bald, auch mit Hilfe der von der Polizei eingesetzten Brandstreifen“, hofft Innensenator Körting. Für dieses Wochenende rechnet die Polizei mit dem 100. Brandanschlag. Dass linksextremistische Täter in Hamburg in diesem Jahr bereits mehr als 200 Autos angezündet haben, dürfte die Berliner Autobesitzer kaum trösten.