Die Deutsche Bank macht Geschäfte mit Herstellern von Streubomben. Ein Opfer dieser Waffen fordert Bank-Chef Josef Ackermann auf, diese geschäftlichen Beziehungen einzustellen.
Die amerikanische Streumunition, durch die Branislav Kapetanovic zum Krüppel wurde, lag auf dem Flughafen Dubinje bei Sjenica. Die Waffe des Typs BLU- 97 wird wegen ihrer Lackierung „gelber Killer“ genannt, sie ähnelt in Form und Größe einer Coladose. Als der serbische Minenräumer den Busch bewegte, in dem die Streumunition verborgen lag, explodierte sie sofort. „In der Sekunde der Explosion ist es ganz leise. Es hört sich an, als würde jemand eine Flasche auf Beton schlagen“, erinnert sich Kapetanovic. „Ich hatte das Gefühl, ganz weit durch die Luft zu fliegen.“ Als er auf dem Boden aufkam, war er bei vollem Bewusstsein.
Das Militär brachte ihn ins Krankenhaus, die Ärzte nahmen ihm sofort alle Gliedmaßen ab. Einen Monat lang schwebte Branislav Kapetanovic in Lebensgefahr, sein ganzer Körper war eine einzige Brandwunde. Das war am 9. November 2000. Seitdem ist er 25 Mal operiert worden, seine Gliedmaßen enden in Stümpfen.
Heute bei Ackermann
Die Munition, die sein Leben veränderte, wird vom US-amerikanischen Unternehmen Alliant Techsystems hergestellt – seit Jahren ein guter Kunde der Deutschen Bank, die Aktien und Anleihen von Alliant hält. In Deutschland ist die Herstellung von Landminen zwar offiziell geächtet, die lukrativen Geschäftsbeziehungen vieler deutscher Finanzinstitute zu Streumunitionsherstellern tangiert das nicht. Deswegen wird Branislav Kapetanovic heute mit seinem Rollstuhl zur Hauptversammlung der Deutschen Bank in Frankfurt fahren und Josef Ackermann, den mächtigen Vorstandsvorsitzenden, auffordern, die Investitionen in die Herstellung von Streumunition einzustellen. Begleitet wird er dabei von Thomas Küchenmeister, der mit seiner Organisation „Facing Finance – Finanzmärkte im Visier“ herauszufinden versucht, welche Banken und Kreditinstitute gegen internationale Vereinbarungen verstoßen.
Küchenmeister sagt, ihm lägen Informationen vor, die belegen, dass die Deutsche Bank das spanische Rüstungsunternehmen Instalaza unterstützte, welches dem libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi jüngst Streubomben lieferte. Und das sei nicht alles: „Im Geschäft mit Streumunitionsherstellern ist die Deutsche Bank Group Spitzenreiter in Deutschland“, sagt Barbara Happe von der entwicklungspolitischen Organisation Urgewald. Und das, obwohl die Deutsche Bank nicht müde wird zu betonen, ihr Geld sozial und auf ökologisch sinnvolle Weise zu verdienen. Einer gemeinsamen Studie von Urgewald und Facing Finance zufolge unterstützt die Deutsche Bank Streumunitionshersteller mit Finanzdienstleistungen im Wert von insgesamt 750 Millionen US-Dollar. Außerdem habe das Institut im März der amerikanischen Firma Textron einen Kredit in Höhe von 142 Millionen Dollar gewährt.
Auch Pioneer, die Tochterfirma der Hypovereinsbank, hat dem Papier zufolge in die Herstellung von Streumunition investiert. Auf der Liste stehen aber nicht nur private Geldinstitute, sondern auch die Landesbank Baden-Württemberg, die Norddeutsche Landesbank und die Bayerische Landesbank. Das ist die eine Seite. Es gibt aber auch eine andere.
Die internationale Konvention zur Ächtung von Streumunition haben 108 Länder unterschrieben, Deutschland auch. Seit August 2010 ist sie in Kraft. Weil es verboten ist, Streubomben herzustellen und einzusetzen, aber nicht, in sie zu investieren, haben die Grünen dieses Jahr einen Antrag gestellt, der auch die indirekte Finanzierung von Unternehmen untersagt, die mit Streubomben handeln. In Norwegen, Irland, Belgien, Luxemburg und Neuseeland ist das schon gesetzlich verboten.
Ein lebensgefährlicher Job
Damit es keine Opfer mehr gibt, setzt sich Kapetanovic mit der Cluster Munition Coalition, einem Bündnis von 350 Organisationen aus 90 Ländern, für ein umfassendes Verbot von Streumunition ein. Damals in Serbien waren sie 15 Minenräumer im ganzen Land. 250 Euro haben sie monatlich dafür bekommen, die Munition zu entschärfen. Ein lebensgefährlicher Job.
In den ersten Monaten im Krankenhaus konnte Branislav Kapetanovic nichts sehen, nur hören. Als sein Patenkind kam, hat es ihn gefragt, ob ihm etwas wehtut. Kapetanovic aber wollte nur wissen, wie sein Lieblingsverein Roter Stern Belgrad gespielt hat. Erst kam keine Antwort, der Fußball-Verein hatte 2:5 verloren. Als sich der Junge doch traute, von der Niederlage zu erzählen, weil Kapetanovic nichts anderes interessierte, mussten beide lachen. Dich kann nicht mal eine Bombe verändern, habe er gesagt.