[OHV]Don Quijote zieht weiter durch Oberhavel

Fraktionsvorsitzender der Kreis-FDP Helmuth Reitmayer

Das Oberhaveler Pendant zu Don Quijote hat wieder zugeschlagen und diesmal sich wahrlich an die optische Täuschung seiner literarischen Vorlagen gehalten. Er schlug und schlägt auf einen Drachen ein, den es real nicht gibt, glaubt aber wie die Kunstfigur an dessen Realität und hackt ums andere Mal nach. Gemeint ist der böse „Linksextremismus“ im Landkreis Oberhavel.

 

Helmuth „Don Quijote“ Reitmayer und seine Sancho Pansas aus der FDP Oberhavel erhalten derzeit irritierender Weise eine Möglichkeit nach der anderen um die Bürger_innen Oberhavels zu erklären, wo der Feind steht. Doch gehen wir der Reihenfolge nach vor.

Bereits im Februar versuchten wir uns an einer Zusammenfassung der aktuellen Situation in Oberhavel im Umgang mit der „Extremismusklausel“, welche die Zivilgesellschaft nötigt bei ihren Bündnispartner_innen eine Gesinnungsprüfung durchzuführen, herangetastet. Seit dem drehte ist einiges passiert. Im Februar meldete sich die Kreis-FDP noch einmal in der Märkischen Allgemeinen Zeitung zu Wort. Ziel von Reitmayer ist eine faktische Ausweitung der Extremismusklausel. Er und seine Fraktion fordern im Kreistag, dass dieser „den Landrat verpflichtet[…]zukünftig keine Organisationen mehr Fördermittel [zu geben], wenn diese unter Beobachtung des Verfassungsschutzes Brandenburg stehen und deren Mitglieder sich weigern die so genannte Demokratieklausel zu unterzeichnen.“ Dies ist zumindest der Wortlaut eines Antrages, den die Kreis-FDP dem Kreistag vorgelegt hat. Die Abstimmung dazu folgte allerdings erst im Mai. Dazwischen gab es auch noch andere negative Entwicklungen.

Mitte März konnte mensch im Oranienburger Generalanzeiger(leider nicht Online verfügbar) ein Interview mit dem Mitglied des Vereins Nordbahn mit Courage, Ariane Fäscher, und der Koordinatorin des Kreisjugendrings, Ursula Lohmann-Nentwich, lesen. In diesem empfahlen beide die Extremismusklausel zu unterschreiben. Noch im Januar hieß es im OGA, dass „der Kreisjugendring (KFR) diese Klausel nicht unterschreiben.“ werde. Diese Kehrtwende können wir nicht nachvollziehen, besonders nicht wenn die Frage kommt, ob die Empfehlung nur wegen des Geldes getätigt wird und darauf ein klares Nein von beiden kommt.

Innerhalb dieser schweren Zeiten für Politik außerhalb der konstruierten Mitte organisierten wir eine Demonstration gegen Rassismus und Neonazis in Oberhavel. In einem Zeitungsbericht einen Tag vor der Demonstration wurde diese explizit als „nicht Teil der Antiratage“ dargestellt, auch wenn die Interviewten in persönlichen Gesprächen zurückruderten, bleibt ein fader Beigeschmack. Bereits zuvor wurde die Demonstration in einem Atemzug mit den militanten Ausschreitungen in Bezug auf die Räumung des Berliner Hausprojektes Liebig14 gesetzt. Natürlich war bei unserer Demo alles ruhig, und dass „200 Autonome durch Oranienburg“ zogen, obwohl „die Antifa mit Berliner ‚Verstärkung‘ „ anrückte. Bereits eine Woche vorher versuchten wir erneut über die Extremismustheorie aufzuklären und es ergab interessante Diskussionen und Ergebnisse. So verzichteten OGA und MAZ in ihren Berichterstattungen für kurze Zeit auf den unsäglichen Terminus „Extremismus“ und das sowohl bei der Betrachtung der linken, wie rechten Szene. Nach dem auch die FDP anschließend ruhig war dachten wir, dass der Diskurs erfolgreich vom Tisch gefegt ist und sich nun alle Beteiligten wieder um die starke und solide Neonaziszene in Oberhavel richten können. Doch hey, da galoppiert nun also wieder der Reitmayer in Oranienburg ein und attackiert erneut die „Linksextremen“-Windmühlen.

Auf der Kreistagssitzung am 04.05.2011 ging es endlich um den Antrag der FDP. Dabei ging es ihr um den „Schutz unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung [vor] Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden und extremistische Mitglieder in ihren Reihen dulden“ bzw. dass diese „zukünftig keine Fördermittel des Landkreises erhalten.“ Der Antrag der FDP hat zum Ziel, die Extremismusklausel von Dr. Kristina Schröder auszuweiten und den Landkreis zu verpflichten allen „Extremisten“ vom Geldsegen der Förderung abzuschneiden. Im Artikel der Märkischen Allgemeinen vom 7./8.Mai. 2011 bekam Herr Reitmayer erneut ein Podium und wetterte hierbei gegen „Linksextreme“. Endlich nannte er auch mal neben „der Antifa“ und „manchen[Linksparteiabgeordneten] aus dem Kreistag“ andere Protagonisten des „Linksextremen Sumpf[es] in Oberhavel“. Nun erwischte es ausgerechnet den Kreisjugendring, welcher sogar selbst empfiehlt die Extremismusklausel zu unterschreiben, bzw. laut Vorsitzende Brigitte Kirschke sogar schon unterschrieben habe. Reitmayer will entdeckt haben, dass beim Kreisjugendring „Mitglieder organisiert sind, die vom brandenburgischen Verfassungsschutz beobachtet werden“.

Nachdem die FDP trotz Unterstützung aus anderen Fraktionen die Abstimmung verloren hatte, polterte Reitmayer noch gleich gegen die lokale CDU, denen er „mangelndes politisches Rückgrat“ bescheinigte. Doch ähnlich wie der CDU-Kreistagsabgeordnete Frank Bommert sehen wir die Sache, auch wenn er meint, dass der Antrag schlicht überflüssig ist. Auch wenn wir ihn aus anderen Motiven so betrachten.

In einem Interview mit dem Oberhavel TV legte Reitmayer erneut nach und endlich nannte er greifbare Namen, quasi die „üblen Extremisten“. So behauptet er, „dass die Antifa in Hennigsdorf vom Verfassungsschutz beobachtet wird und in einigen Bündnissen gegen Rechts beteiligt ist.“ An seinen Recherchen ist leider nix Wahres dran. Es gibt seit knapp 2 Jahren keine Antifa Hennigsdorf mehr. Dementsprechend kann sie auch weder in Bündnissen aktiv sein, noch vom Verfassungsschutz beobachtet werden und erst Recht hat sie dadurch keine Möglichkeit die Extremismusklausel zu unterzeichnen, auch wenn sie dies vermutlich auch nicht machen würde. Nun, Anti-Rechtsprojekten im Kreis den Geldhahn zudrehen zu wollen wegen vermutlichen ehemaligen Mitgliedern ist grotesk. Auch hätte Herr Reitmayer den aktuellen Verfassungsschutzbericht Brandenburg studieren sollen. Beim Thema „Linksextremismus“ gibt es nur eine Eintragung in Bezug auf Oberhavel. Eine Aufzählung „autonomer Gruppen“, bei dem auch die Stadt Oranienburg genannt wird. Ansonsten wird grundsätzlich das Thema Neonazismus mit Oberhavel verbunden. Vermutlich meint er den Bericht von 2009, welcher konstatierte, dass hinter der Organisation der Antirademo 2009 die Antifa Gruppe Oranienburg und fälschlicherweise dargestellt die Antifa Hennigsdorf standen. Der Verfassungsschutz kam damals zum Ergebnis, dass es uns gelungen sei, „die demokratische Mehrheit für ihre Zwecke einzuspannen, ohne inhaltliche Zugeständnisse an ein Bündnis machen zu müssen.“

Welche Zwecke sollen wir den gehabt haben? Der Kampf gegen Neonazis und Rassismus? Dazu muss mensch also die demokratische Mehrheit erst einspannen? Das wäre sehr traurig für eben diese. Und Herr Reitmayer. Wir können Sie beruhigen. Wir benötigen keine Gelder vom Landkreis oder vom Bund, denn diese Gelder sollten eher in Jugend, Bildung und Soziales fließen. Im Gegensatz übrigens zur FDP, die für das Jahr 2010 mal eben 13,4 Millionen Euro staatliche Zuwendung erhalten hat.

Das abschließende Zitat kommt dieses Mal von Brigitte Kirschke: „Es hat aber nicht unbedingt viel zu bedeuten, wer in diesem Buch [gemeint ist der Verfassungsschutzbericht Brandenburgs] steht.“ Recht so!