Kurzer und schneller Prozess

Erstveröffentlicht: 
18.05.2011

Nur 17 Tage nach den Mai-Krawallen wurden am Dienstag zwei Randalierer verurteilt. Beide waren geständig. Aber diese kurze Verfahren bleiben wohl eher die Ausnahme.

 

Das ist fast rekordverdächtig, sagt selbst der Sprecher der Berliner Strafgerichte, Tobias Kaehne. Nur 17 Tage nach den Mai-Krawallen wurden am Dienstag zwei Randalierer verurteilt: Der 25-jährige Rico L. aus der Nähe von Darmstadt erhielt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung ein Jahr Haft auf Bewährung. Der 23-jährige Ullah R. aus Neukölln wurde unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

 

Nur 2009 war die Justiz noch schneller und verurteilte am 15. Mai einen geständigen 57-Jährigen, der in der Walpurgisnacht zwei Flaschen auf einen Polizisten geworfen hatte. Auch die beiden gestern Verurteilten warfen Flaschen und auch sie waren geständig. „Das ist eine wichtige Voraussetzung für die schnelle Verurteilung“, sagt Gerichtssprecher Tobias Kaehne. „So etwas geht nur, wenn der Angeklagte sich einlässt, die Sachlage übersichtlich ist, keine besonderen Gutachten notwendig sind und alle Beteiligten einer Verkürzung der Fristen zustimmen“.

 

Rico L. war als Tourist nach eigenen Angaben in der Walpurgisnacht zufällig in Ausschreitungen geraten. Er warf eine 1,5-Liter-Wasserflasche in Richtung Polizei. Nur vier Tage danach lag die Anklage gegen den vorbestraften und in U-Haft sitzenden L. vor, die Verhandlung konnte auch deshalb so rasch stattfinden, weil er geständig und der Tathergang klar war.

 

Das war zwar auch im Fall des U-Bahn- Schlägers Torben P. aufgrund seines Geständnisses und des Videos der Fall, aber hier hat die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten beantragt, das erstellt und allen Beteiligten in einem gewissen Zeitraum vor Beginn der Hauptverhandlung zur Kenntnis gelangt sein muss. Deshalb wird Torben P. wohl erst in zwei, drei Monaten vor dem Richter stehen.

 

Kein psychiatrisches, aber ein technisches Gutachten war die Ursache dafür, dass bis zum Prozess gegen einen Auto-Brandstifter fast sieben Monate vergingen. Der 16-jährige Gymnasiast aus Pankow hatte Ende Oktober 2010 in Prenzlauer Berg einen Audi angezündet. Er war geständig und wurde ebenfalls am gestrigen Dienstag zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

 

„Der Rechtsstaat verlangt, dass dem Angeklagten nach Erhebung der Anklage eine Frist eingeräumt wird, in der er sich äußern kann“, sagt Tobias Kaehne. Die Frist legt der Richter fest, sie kann drei Tage oder auch vier Wochen betragen. Erst danach kann der Beschluss über die Eröffnung des Verfahrens erfolgen und der Termin für die Verhandlung festgelegt werden. Zwischen der Zustellung der Ladung und der Hauptverhandlung muss mindestens eine Woche liegen.

 

Es sei denn, alle Beteiligten sind einverstanden, dass wie im Fall von Rico L. ein Termin festgelegt, der Eröffnungsbeschluss dort verkündet und sofort verhandelt wird. Für den Angeklagten hat das den Vorteil, dass er aus der U-Haft entlassen wird. Das war auch bei dem 23-jährigen Ullah R. der Fall, der in der Walpurgisnacht Glasflaschen auf Polizisten warf und gestern nur einen Haftprüfungstermin hatte. Weil er da gestand und zufällig zwei Schöffen und ein Staatsanwalt anwesend waren, konnte der Richter gleich in die Hauptverhandlung eintreten.

 

Das seien zwar Ausnahmen, sagt Justizsprecher Michael Kanert, aber die Berliner Justiz kämpfe seit Jahren um eine Verkürzung der Verfahren und habe erste Erfolge. Das betrifft vor allem die Jugendstrafverfahren, die im Durchschnitt von fast vier Monaten im Jahr 2007 auf zwei Monate im Jahr 2010 verkürzt wurden.