Sieben Jahre saß er wegen der Planung eines Anschlags auf einen Synagogenbau in Haft. Jetzt will Martin Wiese Neonazis in München anführen - trotz Kontaktverbots.
VON BERNHARD HÜBNER
MÜNCHEN taz |
Sie versuchten alles, um das Treffen geheim zu halten. Auf den
Flugblättern stand kein Ort. Die Aktivisten wurden mit Autos von der
S-Bahn-Station bei Erding abgeholt und auf ein Feld am Rand von
Moosinning gebracht. Dort standen für die 35 rechtsextremen Kameraden
schon Bierbänke und Pavillons bereit - angeliefert von Martin Wiese, der
neuen Führungsfigur der Münchner Rechten.
Im August war Wiese aus dem Gefängnis
entlassen worden, nach sieben Jahren Haft wegen des Anführens einer
terroristischen Vereinigung. Wiese soll zusammen mit anderen Neonazis
einen Bombenanschlag auf die Grundsteinlegung der Synagoge am Münchner
Jakobplatz geplant haben. Schon im Gefängnis kündigte er jedoch an,
"neue Wege im nationalpolitischen Kampf zu gehen".
Nun setzt Wiese seine Drohung offenbar in die Tat um. Das
konspirative Treffen vom Samstag wird von den Behörden als eine
vergleichsweise harmlose Party unter Neonazis eingestuft. Es habe keine
Außenwirkung vorgelegen, deshalb sei eine Auflösung des Treffens
unmöglich gewesen, heißt es beim Polizeipräsidium Oberbayern Nord.
Doch vor einer Woche schritt die Polizei ein.
Wiese hatte eine Neonazi-Versammlung in einer Sportgaststätte bei
Erding organisiert, angekündigt als "1. Großveranstaltung aller rechten
Gruppierungen der rechten Szene Münchens". Der Saal war im Namen einer
Sportbekleidungsfirma angemietet worden. Als die Wirte die Neonazi-Gäste
sahen, riefen sie die Polizei. Das Treffen wurde abgesagt.
"Nationale Sozialistische Bewegung"
Wiese versucht, die rechtsextreme Szene in der
bayerischen Landeshauptstadt zu vereinen. Der bisherige Wortführer der
Freien Kameradschaften in München, Philipp Hasselbach, ist derzeit in
Haft. An der Spitze der Münchner Rechtsextremen klafft eine Lücke, die
Wiese nun zu füllen versucht.
Eigentlich hat Wiese nach einem Beschluss des
Münchner Oberlandesgerichts ein fünf Jahre langes Kontaktverbot zu
seinen alten Mitstreitern, von denen Einzelne weiter in der Szene aktiv
sind. Gut möglich, dass der konspirative Ablauf der Treffen nun dazu
diente, der behördlichen Überwachung der Auflagen zu entgehen.
Wiese steht
nach Meinung von Experten und Behörden auch hinter einer Website mit
dem Titel "NSB Deutschland" - kurz für "Nationale Sozialistische
Bewegung". Sie ist auf den Namen von Wieses Lebensgefährtin registriert.
Das Ziel der Seite nach eigenen Angaben: eine "deutschlandweite
Verknüpfung der nationalen Kameradschaften". Verkauft wird auch Kleidung
mit dem NSB-Logo. Der erzielte Gewinn werde "unter die Kontrolle eines
Nationalrates gestellt" und auf ein "Nationalkonto" überwiesen.