Neonazi aus Weil: Bomben-Verdacht zu vage für Gericht

Erstveröffentlicht: 
05.04.2011

Der Verdacht wiegt schwer: Wollte ein Rechtsextremer aus Weil am Rhein einen Sprengstoffanschlag verüben? Nach Ansicht des Freiburger Landgerichts sind die Vorwürfe nicht präzise genug. Es lehnt die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab.

 

Weil er mit dem Bombenbau nicht begonnen hatte und es keine gesicherten Erkenntnisse über Ziel und Zeitpunkt eines möglichen Anschlags gibt , sieht das Landgericht Freiburg keinen hinreichenden Tatverdacht – und lehnt die Eröffnung eines Hauptverfahrens wegen des Besitzes von Sprengstoff ab. Übrig bleiben aus seiner Sicht nur Verstöße gegen Waffengesetze, die vor einem Schöffengericht des Amtsgerichts Lörrach verhandelt werden können. Die Staatsanwaltschaft wird die Entscheidung wahrscheinlich anfechten.

Ein Sprecher des Landgerichts erklärte auf Anfrage der Badischen Zeitung, der Beschuldigte habe zwar verschiedene Utensilien besessen, aber keine Bombe. Auch habe "die notwendige Konkretisierung eines vorbereiteten Delikts gefehlt". Das Landgericht sieht nicht, dass der Rechtsextreme bereits ein konkretes Anschlagsziel ausgesucht habe und ein Zeitpunkt feststand. Daher bleibt als Anklagepunkt der Besitz eines Sturmgewehrs samt Munition.

 

Linksautonome Szene im Visier?

Der damals 22-Jährige Weiler, der als Stützpunktleiter der Jungen Nationaldemokraten in Lörrach bekannt war, war im August 2009 nach einem anonymen Hinweis festgenommen worden. Man fand bei ihm 22 Kilogramm Rohmaterial, das er im Internet bestellt hatte und das sich zum Bombenbau eignet – Chemikalien wie Kalkammonsalpeter, Wasserstoffperoxid, Schwefelsäure, Nitromethan und Calciumkarbid. Eine größere Menge derartigen Materials sei bei Neonazis in Deutschland noch nie gefunden worden, teilte die Polizei damals mit. Auch ein Handbuch zur Herstellung von Schwarzpulver wurde sichergestellt. Es gab Hinweise darauf, dass er die linksautonome Szene in Freiburg, namentlich deren Treff KTS, als Anschlagsziel im Blick hatte. Diese Hinweise kamen von der Antifa selbst, die teils genauere Erkenntnisse besaß als die Polizei.

Die Staatsanwaltschaft Lörrach hatte im vergangenen Jahr Anklage wegen "Vorbereitung eines Explosionsverbrechens" erhoben, was vom Gesetz mit Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren geahndet wird. Der Angeschuldigte habe "die Materialien gehortet, um sie für eine jederzeit drohende gewaltsame Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner einzusetzen", begründete Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer die Anklage.

Anklage wegen Sturmgewehr und anderen Waffen

Das Landgericht Freiburg sagt nun, das sei noch nicht ausreichend, man brauche für eine Verurteilung vielmehr eine nähere Konkretisierung hinsichtlich Ziel und Zeitpunkt des geplanten Anschlags. "Dieses Problem haben wir auch gesehen, aber tatsächlich handelt es sich hier um rechtlich sehr schwierige Fragen", sagt Inhofer. Der Lörracher Rechtsanwalt Frank Berlanda, der den Beschuldigten verteidigt, hatte indessen schon früh die Ansicht vertreten, die Fakten reichten für eine Anklageerhebung nicht aus.

 

Zugelassen hat das Landgericht die Anklage in den weiteren Punkten und sie ans Schöffengericht verwiesen. Hier geht es um Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz. Bei der Durchsuchung fand man bei dem Beschuldigten ein Schweizer Sturmgewehr, das als Kriegswaffe gilt, sowie Munition und Messer, die unter das Waffengesetz fallen.

Die Staatsanwaltschaft Lörrach ist derweil dabei, die Entscheidung des Landgerichts, die ausführlich begründet wurde, zu prüfen und will sie voraussichtlich anfechten. "Wir möchten in der Sache eine Entscheidung des Oberlandesgerichts herbeiführen", kündigt Inhofer an.