Nachdem es in den letzten Monaten und Wochen zu einer Vielzahl von Naziaktivitäten in Burg (Sachsen-Anhalt) und der Umgebung kam, wurde darauf entsprechend reagiert. Nazis und ihre Strukturen wurden öffentlicht thematisiert, die eine oder andere direkte Aktion folgte. Nun sind Antifaschist_innen staatlicher Repression ausgesetzt, die letztlich den Faschisten als Schützenhilfe dient, um weiterhin ihre menschenverachtene Politik zu propagieren.
Immer das gleiche.
Parolen mit neonarzistischen Inhalten an Häuserwänden. Aufkleber die auf einen sogenannten „Volkstod“ aufmerksam machen. Bedrohungen und Angriffe auf Menschen, die nicht deutscher Herkunft sind oder sich einfach als antifaschistisch bezeichnen. Dies und noch viel mehr sind keine Seltenheit in der Stadt Burg. Dabei ist dies keine Ausnahme im Vergleich zu anderen (ost) deutschen Kleinstädten. Diese Situationen sind meist Entwicklungen die daraus hergehen, das seit Jahren eine politische Unfähigkeit der Stadt und regionaler Politik herrscht. Charaterisiert wird dies dabei in jahrelangen Wegsehen, Ignorieren und Todschweigen. Somit sind antifaschistische, antirassistische und alternative Initiativen und Strömungen allein gestellt und werden zum Teil Kriminalisiert, sollten diese auf Situationen und Aktivitäten von Neonazis aufmerksam machen, die das ansehen der Stadt gefährden könnten. Da ist es auch nicht verwunderlich, das meist in ländlichen Regionen Neonazis ihre Strukturen auf und ausbauen.
Neonazistrukturen und Aktivitäten.
Mit der Gründung des „Freien Netz (FN)“ Ende 2006, was sich als Organisation von unabhängigen und revolutionären Gruppen des „nationalen Angriffs“ in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sah, wurde der Grundstein für eine überregionale Vernetzung gelegt. Neonazis aus Burg stellten Ordner auf regionalen und überregionalen Demonstrationen, nahmen an Vorbereitungstreffen, wie das für den Nazigroßaufmarsch in Dresden teil und waren verantwortlich für Übergriffe, sowie einer Vielzahl von Klebe- und Sprühaktionen. Nachdem allerdings einzelne Neonazigruppen aus Sachsen, die ebenfalls im „Freien Netz“ organisiert waren, anfingen, aus zum Teil finanziellen Gründen mit der NPD zusammen zu arbeiten, verließen sämtliche Gruppen aus Sachsen-Anhalt, die im „FN“ organisiert waren dieses und gründeten das „Freie Netz Sachsen-Anhalt“ (FNSA).
Die erste Aktion vom „FNSA“ war dabei am 07. November 2009 das „Winterfest der nationalen Bewegung“ in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt). An einer Demonstration am 30. Dezember 2009 in Gardelegen (Sachsen-Anhalt), die ebenfalls vom „FNSA“ organisiert wurde, nahmen etwa 150 Neonazis teil. Dort und auch beim „Winterfest“ stellten Burger Neonazis Ordner und übernahmen organisatorische Dinge. Nachdem es allerdings interne Probleme nach nicht mal einem Jahr Bestehen gab, wurde die Internetseite abgestellt und das für 2010 geplante „Winterfest“ abgesagt. Seit Dezember 2010 wurde dann eine neue Internetseite mit dem Titel „Infoportal Burg“ online gestellt und in der Stadt tauchten Sprühereien mit dem Namen „Aktionsgruppe Burg“ auf. Während dem Naziaufmarsch am 15. Januar 2011 in Magdeburg sah man dann auch genau dieses Spektrum, was seit Jahren in der Region aktiv ist, hinter einem Transparent mit der Aufschrift „Aktionsgruppe Burg“ laufen.
Neben der Organisierung ist dabei auch eine Zunahme von Gewalt zu beobachten. Allein seit Anfang Januar 2011 kam es zu mindestens vier Körperlichen angeriffen auf Antifaschist_innen oder Menschen, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen. So wurde ein Antifaschist, als dieser sich von einer Silvesterfeier auf den Weg nach Hause war von zwei Neonazis mit einem Schlagring ins Gesicht geschlagen sodass dieser einen Kieferbruch erlitt. Einige Tage später wurde eine weitere Person in der Innenstadt von mindestens drei Nazis mit Pfefferspray besprüht und als „Scheiß Zecke“ betitelt. Auch kam es zu Angriffen von mehreren Nazis mit Baseballschlägern und Holzstangen auf Antifaschist_innen. Zuletzt wurde am 11.02.2011 ein 16 jähriger von sechs Neonazis in einem Park angegriffen und mit dem Tod gedroht. Auch kam es in den letzten Monaten und Wochen zu einer Vielzahl von Sachbeschädigungen. So wurde in eine Linke Location von Neonazis Buttersäure gegossen um eine Linke Veranstaltung zu verhindern. Wohnhäuser von Antifaschist_innen sowie Dönerläden und Büros von Zivilgesellschaftlichen Organisationen wurden mit Hakenkreuzen und Parolen besprüht.
Linke Politik in der Provinz.
In den ländlichen Regionen ist es meist schwer sich zu organisieren oder erfolgreiche antifaschistische Arbeit zu leisten. So müssen viele, anderenorts selbstverständliche Vorraussetzungen erst müheselig vorbereitet, aufgebaut und kompensiert werden. So gibt es auch in Burg nur sehr wenige Rückzugsmöglichkeiten um selbstbestimmtes und antifaschistisches Handeln auch zu leben. Dies führt dazu, das Räume für Infoveranstaltungen fehlen. Man nicht die möglichkeit hat Solikonzerte oder ähnliches durchzuführen um z.B. Geld für Repressionskosten zu sammeln oder einfach nur einen Rückzugsraum aufzusuchen ohne sexistische und rassistischen Sprüchen. Dazu kommt, das durch den Wegzug in andere Regionen, was zum Teil an die Berufstätigkeit liegt die politische Kontinuität unterbrochen wird um nach mehreren Jahren sich meist politische Zusammenhänge neu organisieren müssen. Neonazis hingegen weichen meist auf ländliche Regionen aus und können Dank einer meist schwachen antifaschistischen Struktur uneingeschränkt und hemmungslos ihre Brutalität gegen alles das, was nicht in ihr Weltbild passt ausüben.
Die meist sehr kleinen bestehenden antifaschistischen Zusammenhänge sind dagegen, genau durch ihre leichten Überschaubarkeit politischen Gegner_innen und den Repressionsorganenen ausgesetzt. Somit lässt sich schnell ein Druck auf einzellne aufbauen und politische Engagement kann leicht zurückverfolgt werden. Dennnoch ist es, trotz den genannten Punkten die gegen eine Organisierung antifaschistischer und linksradikaler Strukturen sprechen wichtig dort Perspektiven aufzuzeigen wo es notwendig ist und nicht da, wo es am bequemsten ist.
Antifaschismus ist nicht kriminell.
Wie in den letzten Wochen zu beobachten ist, hat die Polizei in Burg ihre Präsenz massiv verstärkt. So kommt es neben willkürlichen Personalienkontrollen von schwarz gekleideten Personen, auch zu Autodurchsuchungen. Ebenfalls ist ein massives polizeiliches Auftreten in der Innenstadt zu beobachten. Dabei werden die regionalen Einsatzkräfte durch weitere aus Magdeburg unterstützt. In Zeitungen, Pressemitteilungen und im Regionalfernsehen vergeht derzeit fast keine Woche, indem die Polizei nicht nach Zeugen für irgendwelche vermeintlichen Straftaten sucht. Auch bekamen einige Personen in der letzten Zeit Strafbefehle per Post nach Hause.
Schon im Oktober 2009 kam es zu einer erhöhten Polizeipräsenz und einzelnen Ermittlungsverfahren gegen vermeintliche Antifaschist_Innen. Dabei gab es den Vorwurf, dass ausgehend von einer Gruppe von 15 Personen, eine Gruppe Neonazis in der Innenstadt von Burg angegriffen wurde. Die späteren Ermittlungen gegen drei Personen, die an dem Angriff beteiligt gewesen sein sollen, endeten im August 2010 mit Freisprüchen. Die Polizei rechtfertigt ihr Auftreten laut Presseinformationen damit, das es zu einer Vielzahl von Sprühereien von „Linken“ und „Rechten“ in der letzten Zeit kam. Doch schaut man sich die derzeitige Lage genauer an, ist zu beobachten, dass die Polizei unter einem großen Erfolgsdruck steht und Erfolge vorweisen muss. Nachdem es immer wieder zu zum Teil militant verlaufende Spontandemonstrationen, Farbangriffe auf das Polizeirevier oder der Ausländerbehörde sowie Direkte Aktionen gegen Neonazis in der Region stattfanden, muss die Polizei nach dem Angriff auf ein Wohnhaus eines Neonazis einen Erfolg vorweisen können. Schon allein die Tatsache, dass am 11.02.2011 ein NPD-Plakatiertrupp in Burg beim Aufhängen von Wahlkampfplakaten gestört wurde sorgte in den Lokalmedien für Aufregung.
Um Ermittlungserfolge vorzuweisen, werden Ermittlungsverfahren eingeleitet, die sich zum Teil nur auf die Aussagen von einzelnen Neonazis aus der Region berufen. So bekamen in den letzten Wochen mehrere Personen, die dem linksradikalen Spektrum angehören sollen, Post von der Polizei. In diesen wurde den Betroffenen vorgeworfen, an Angriffen auf Neonazis, Bedrohung und Landfriedensbruch beteiligt gewesen zu sein. Das genau diese Methoden schon im Oktober 2009 von der Polizei angewand wurden und diese alle zu Freisprüchen führten, scheint diese dabei nicht zu interessieren. So gehen diese der Logik nach – „Treffen wir einen, treffen wir alle!“.
Unsere Antwort: Die antifaschistische Selbsthilfe.
Es ist Zeit, auf die derzeitigen Zustände zu reagieren. Die Demonstration kann dabei nur ein Teil eines vielfältigen Widerstands sein. Priorität linker Politik muss auf die Praxis einer Gegenbewegung gelegt werden. Das heißt dem reaktionären Klima sowohl politisch als auch auf kultureller Ebene entgegenzusetzten. Dabei muss eine starke antifaschistische Bewegung dort in Erscheinung treten, wo Neonazis sich ungestört bewegen zu glauben und den Repressionsorganen mit einer starken Solidarität entgegengetreten werden.
Tragen wir unsere Wut über die derzeitigen Zustände am 26.03.2011 auf die Straße und zeigen wir uns solidarisch mit den Opfern rechter Gewalt und staatlicher Repression in Burg und anderswo.
Schluss mit Naziterror und Repression.
Organisiert die antifaschistische Selbsthilfe – offensiv und erfolgreich.
http://antifa-demo.tk/