Zum diesjährigen Weltfrauenkampftag möchten wir zunächst auf unsere kleine Broschüre zum Thema hinweisen. Weiterhin organisieren wir eine Veranstaltung mit Brigitte Kiechle, einer ausgewiesenen Expertin auf diesem Themengebiet, am Donnerstag, den 31. März in Bühl.
Am 8. März dieses Jahres findet der 100. Internationale Frauentag statt. Das ist für uns einmal mehr Anlass, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen und darauf hinzuweisen, dass dieser Tag trotz seiner hundertjährigen Geschichte nicht an Aktualität verloren hat. Uns ist durchaus bewusst, dass dieses Thema nicht auf wenigen Seiten in seiner Gänze beschrieben werden kann, aber trotzdem möchten wir in diesem kurzen Text darlegen, weshalb die Thematik nicht der Vergangenheit angehört, sondern vielmehr der Zukunft.
Geschichte und Aufteilung der Bewegung
Nachdem sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine große Frauenkampfbewegung formierte, wurde im Jahre 1910 auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz nach einem Vorschlag von Clara Zetkin beschlossen, dass der Internationale Frauenkampftag eingeführt werden soll. Seitdem wird dieser Tag jährlich mit Aktionen auf der ganzen Welt begangen.
Ebenfalls am Ende des 19. Jahrhunderts kristallisierten sich zwei übergeordnete Lager innerhalb der Frauenbewegung heraus: Das eine Lager bildet die bürgerliche Frauenbewegung, die sich maßgeblich mit der formalen und rechtlichen Ebene der Gleichberechtigung beschäftigt und deren Rahmen der bürgerlich-kapitalistische Staat ist. Das zweite Lager ist die proletarische Frauenbewegung, die mit ihren Forderungen weit über die des bürgerlichen Lagers hinausgeht und für eine wirtschaftliche, politische und soziale Gleichstellung eintritt. Auf diese Seite der Geschichte stellen wir uns. Es geht also um die echte und wahrhafte Frauenemanzipation, also um eine vollständige Befreiung der Frau, nicht um eine formale, oberflächliche Gleichberechtigung. In der Geschichte lassen sich einige bedeutende Schriften von MarxistInnen finden, insbesondere von Friedrich Engels, August Bebel, Clara Zetkin und Rosa Luxemburg, in denen das theoretische und praktische Fundament dieser Bewegung ausgearbeitet wird.
Was bedeutet Frauenkampf?
Die proletarische Frauenbewegung ist sich – im Gegensatz zur bürgerlichen – sicher, dass für eine echte Emanzipation der Frau die Überwindung des Kapitalismus notwendig ist, da im Kapitalismus die Handlungs- und Entfaltungsmöglichkeiten der Frau nur beschränkt sind. Schließlich geht die Unterdrückung der Frau auf die Entwicklung des kapitalistischen Rechts auf Privateigentum an Produktionsmitteln zurück, wie Friedrich Engels in seinem „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ darlegt. Weiterhin hat die Unterdrückung auch ausbeuterische Züge, die auf das kapitalistischen Interesse an Maximalprofit der UnternehmerInnen zurückgeht. Beispielsweise verdienen Frauen in Deutschland heutzutage durchschnittlich 23 % weniger als Männer in gleichen Berufen; außerdem beträgt der Anteil der Frauen im Niedriglohnsektor mehr als 70 %; die unentgeltliche Hausarbeit wird ungeachtet größtenteils immer noch von Frauen verrichtet. Die Liste an Punkten zur Unterdrückung ließe sich sehr lange weiterführen...
In diesem Zusammenhang sollte der Begriff Patriarchat angeführt und kurz erklärt werden. Dieser Begriff bedeutet grob die Vorherrschaft des Mannes in den wichtigsten gesellschaftlichen Lebensbereichen seit mehreren Tausend Jahren Menschheitsgeschichte. Beispiele dafür gibt es bereits in der Antike, seit der Einführung der „Familie“ (von lateinisch „famulus“: Haussklave des Herren/Gutsbesitzers) und der strukturellen Benachteiligung und Ausgrenzung der Frau von wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich bedeutenden Ämtern und Positionen. Heutzutage sind die deutlichsten und schärfsten Maßnahmen zur Unterdrückung der Frau zwar beseitigt, doch sie besteht weiter: Ihre Methoden und Mechanismen haben sich der Zeit angepasst; sie ist unterschwelliger, tief und subtil ausgeprägt. Es wird hierbei von einer besonderen oder doppelten Unterdrückung der Frau gesprochen; zum einen durch den Kapitalismus und zum anderen durch das Patriarchat.
Die allermeisten Mädchen und Frauen sind täglich der patriarchalen Benachteiligung ausgeliefert und Gegenwehr wird oft verniedlicht, nicht beachtet oder im schlimmsten Falle mit Gewalt beantwortet. Während hier die Formen der patriarchalen Unterdrückung sich zum Beispiel durch sexuelle Gewalt, ekelhafte Sprüche, Entwürdigungen, Schlankheitswahn, Reduzierungen auf ein Sexobjekt oder auf eine billige „kreative“ Arbeitskraft ausdrücken, kommen woanders noch Probleme wie Ehrenmorde, Genitalverstümmelungen und Zwangsheiraten hinzu. Wir verurteilen alle diese frauen- und menschenverachtenden Praktiken auf das schärfste!
Trotz der Möglichkeiten für Frauen in wesentlich mehr gesellschaftlichen Lebensbereichen teilzunehmen und mitzuwirken als noch vor einigen Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten, möchten wir all jene, die glauben, dass die Gleichstellung der Frau (fast) abgeschlossen ist, entschieden zurückweisen. In breiten Gesellschaftsschichten mag dieser Glaube an die „Scheinemanzipation“ zwar vorherrschen, aber er entspricht in keiner Weise unserer gesellschaftlichen Realität. Denn solange wir im Kapitalismus leben, kann es keine wahrhafte Emanzipation der Frau geben.
Wir sind der Meinung, dass die Emanzipation der Frauen nur das Werk der Frauen selbst sein kann. Dies steht allerdings nicht im Widerspruch mit der aktiven Teilnahme von Männern an Frauenkämpfen. Im Gegenteil, nur mit allen Geschlechtern können wir uns gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung, unter der Frauen sowie Männer leiden, organisieren, ankämpfen und stark werden. Ein Wirtschaftssystem, das weltweit millionenfacher Hunger und Armut erzeugt, das der Jugend nahezu alle Perspektiven nimmt, Frauen unterdrückt/diskriminiert und die Umwelt unwiederbringlich zerstört, hat für uns seine Berechtigung verloren und muss überwunden werden!
Wir sind alle täglich inmitten des Emanzipationsprozesses, wenn wir es nur wollen und wenn wir ein Bewusstsein für diesen Teilbereich inmitten unseres ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Kampfes entwickeln. Die diskriminierende, harte Wirklichkeit zeigt uns auch jeden Tag, dass die Frauenkampfbewegung größer werden muss. Wir haben den Eindruck, dass die Inhalte und Ziele der (historischen) proletarischen Frauenbewegung zum Teil vergessen wurden oder in den Hintergrund gerückt sind und daher betonen wir die Wichtigkeit dieses Teilbereiches für unsere momentane und zukünftige linke Theorie und Praxis.
Wir solidarisieren uns international mit allen fortschrittlichen Frauenkämpfen!
Wir wollen ein Ende der sexistischen, patriarchalischen Sprüche in Internet, Radio, Fernsehen und Zeitung!
Wir wollen ein antisexistisches Bildungswesen!
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
Gleiche Arbeitsmöglichkeiten für Frauen und Männer!
Der Kampf um die Emanzipation der Frau ist der Kampf gegen den Kapitalismus!
Schluss mit Patriarchat und Kapitalismus!
Antifaschistische Linke Bühl-Achern [ALBA], Februar 2011
Einladung zur Veranstaltung am 31. März anlässlich des 100. Internationalen Frauenkampftages am 8. März
Am 31. März möchten wir nachwirkend auf den 8. März dieses Jahres eine Veranstaltung durchführen, die helfen soll, über das Thema Frauenkampf Kenntnisse zu bekommen. Wir möchten zeigen, dass die Unterdrückung der Frau nach wie vor besteht und die Thematik hochaktuell ist. Auch 100 Jahre nach der Einführung des Internationalen Frauentages.
Dazu haben wir eine Person, die sich seit vielen Jahren hautnah mit der Sache beschäftigt, Brigitte Kiechle, eingeladen. Es geht zunächst um die Geschichte des Kampfes um die Gleichstellung der Frau, aber selbstverständlich werfen wir auch einen Blick auf die aktuelle Situation und die Möglichkeiten, die es für uns alle gibt, den Frauenkampf aktiv mitzugestalten. Die gängigsten Illusionen und Lügen in der Öffentlichkeit, die etwa behaupten, dass der Frauenkampf nicht mehr zeitgemäß oder gar überflüssig sei, sollen klar widerlegt werden. Nach dem Vortrag besteht natürlich die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu diskutieren.
31. März 2011, 19 Uhr
Soziales Zentrum Caracol, Eisenbahnstraße 4, 77815 Bühl
Eintritt frei, Getränke sind vorhanden