"Ihr seid doch selbst Nazi-Schweine"

Erstveröffentlicht: 
03.02.2011

"Ihr seid doch selbst Nazi-Schweine"

 

Mitglied der antifaschistischen Szene wegen Beleidigung von Polizisten zu einer Geldstrafe verurteilt
Wegen Beleidigung ist gestern ein 66-Jähriger aus der antifaschistischen Szene am Mannheimer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 750 Euro verurteilt worden. Der Richter sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte während einer Auseinandersetzung mit der Polizei den Satz gerufen hat: "Ihr seid doch selbst Nazi-Schweine!" Der Vorfall ereignete sich am 14.

 

August 2010 während des Umzugs zum Christopher Street Day. In Ludwigshafen wollte der bekannte Neonazi Christian Hehl eine rechte Gegendemonstration zu der Homosexuellen-Parade in Mannheim veranstalten. Kurzfristig blies er die schon genehmigte Versammlung dann aber wieder ab. Demonstrationen wiederum gegen den Aufmarsch der Rechten fanden in Ludwigshafen dennoch statt.

Von dieser Gegendemonstration löste sich eine Gruppe von Angehörigen der Antifa-Szene und zog zu der Wohnung des Neonazis in den Mannheimer Quadraten. Zum Schutz des Hauses waren hier sechs Polizisten postiert. Wie ein Polizist aus Karlsruhe gestern berichtete, sei die "recht bedrohlich" wirkende Gruppe mit schwarzen Kapuzen, Sonnenbrillen und Schal vor dem Mund vor dem Haus aufgezogen. Der Beamte habe das Gespräch mit dem Versammlungsleiter gesucht, dabei aber festgestellt, dass es nötig sei, Pfefferspray einzusetzen, um den Schutz des Hauses zu gewährleisten.

Der Angeklagte schilderte den Vorfall so: Er habe sich in den hinteren Reihen des Zuges aufgehalten. Als er zu dem Haus gekommen sei, habe er einen Demonstranten am Boden liegen sehen und einen Polizisten mit Pfefferspray neben ihm. "Das empörte mich sehr", sagte der Angeklagte. Er will dann gerufen haben: "Nazischweine behandelt ihr aber anders" oder etwas Ähnliches. Der Angeklagte betonte, dass er sehr wohl zwischen Nazis und Polizisten unterscheide. In einem viertelstündigen Vortrag über die geschichtliche Entwicklung der neueren Zeit aus antifaschistischer Sicht behauptete er auch, dass "Polizei und Justiz immer noch auf dem rechten Auge blind" seien. Auch Staatsanwältin Isa Böhmer warf er "eine repressive Haltung gegenüber Antifaschisten" vor.

Der Karlsruher Polizist hatte die umstrittene Beleidigung zwar nicht selbst gehört, dafür aber der Leiter des Dezernats Staatsschutz beim Mannheimer Polizeipräsidium. Er sagte aus, er habe ganz in der Nähe des ihm namentlich bekannten Angeklagten gestanden, als er den Satz gerufen habe. Ein weiterer Polizist sagte aus, er habe gehört, wie jemand gerufen habe: "Ihr seid doch selbst alles Nazi-Schweine!" Den Ruf habe er aber keiner Person zuordnen können. Er und der Karlsruher Polizist erstatteten Anzeige, nachdem sie der Dezernatsleiter unterrichtet hatte.

Der Angeklagte bezichtigte den Dezernatsleiter der Lüge: "Das ist ein Konstrukt. Ich glaube Ihnen gar nichts." Amtsrichter Marco Lacedonia dagegen hielt die Aussagen für glaubhaft. Der Mannheimer Rechtsanwalt Christian Wiehe als Verteidiger ließ gestern offen, ob er Berufung gegen das Urteil einlegt. (huf)