Erklärung: Unbedingte Solidarität mit von Repression betroffenen AktivistInnen

Gemeintsindwiralle

Nachdem am 17. November 2010 im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Amtsgerichts Stade eine Hausdurchsuchung bei Bonn durchgeführt wurde - gegen mindestens drei weitere AktivistInnen, die verdächtigt werden, das Abbrennen einer noch nicht in Betrieb genommenen Hühnermastanlage in Sprötze verursacht zu haben, wird ermittelt -, weitet sich im neuen Jahr die von den staatlichen Organen ausgehende Repression gegen die deutsche Tierbefreiungsbewegung weiter aus: Gestern fanden gegen 6.30 Uhr drei Durchsuchungen von Privatwohnungen in München statt.

 

Als Begründung gilt eine Sachbeschädigung im Oktober letzten Jahres vor dem ESCADA-Firmenhauptsitz in Aschheim (Presseerklärung, Video der Aktion). Escada war Ziel einer Kampagne gegen Echtpelzverkauf, welche im Oktober letzten Jahres erfolgreich beendet wurde (s. Artikel ESCADA beendet Pelzhandel). - Neben Computern, Laptops und externen Datenträgern wurden einzelne Aktionsmaterialien beschlagnahmt. Es wird davon ausgegangen, dass der eigentliche Grund vermutete Daten auf den Rechnern sind und dass der Vorwurf der Sachbeschädigung an die Betroffenen lediglich als Legitimation für die Durchsuchungen benutzt wurde.

In anderen Ländern ist die Tierbefreiungsbewegung bereits seit geraumer Zeit ein Hauptbetätigungsfeld des politischen Repressionsapparates. Die Kriminalisierung der Bewegung hat Ausmaße angenommen, die jeglichen Protest gegen die wirtschaftliche Vernutzung von Tieren mehr und mehr als terroristischen Akt bestimmt. Was in den 1920er Jahren als „Red Scare“ gegen KommunistInnen und AnarchistInnen begann, erfährt mit „Green Scare“ historische und politische Kontinuität: In ihrem Bericht von 2008 hat EUROPOL die Ökologiebewegungen in mehreren europäischen Ländern als „terroristische Gefahr“ eingestuft.

In Großbritannien wurde bereits ab Mitte der 1990er neben Scotland Yard auch der Inlandsgeheimdienst MI5 gegen die Tierbefreiungsbewegung eingesetzt. 1995 hatte MI5 bekannt gegeben, dass "the biggest single terrorist threat now comes from animal rights fanatics." Entsprechend dem zunehmend internationalen Austausch der Verfolgungsbehörden folgte auch in anderen Ländern die Kriminalisierung der Bewegung dem britischen Modell. Seit 1992 befindet sich die US-amerikanische ALF auf der Liste der zehn gefährlichsten inländischen terroristischen Gruppen des FBI. Erstmals war sie bereits 1987 auf die diese Liste gesetzt worden. 2006 wurde der Animal Enterprise Terrorism Act verfasst, der Gewalt und Gewaltandrohungen gegenüber Tiernutzbetrieben als terroristischen Akt begreift. Unter dem Mantel der Operation Backfire wurden bereits etliche Verfahren gegen AktivistInnen angestrengt, die bis zu 19jährige Gefängnisstrafen mit sich brachten. Ein Aktivist, Willliam Rodgers, beging im Angesicht der ihm drohenden Strafe Selbstmord.

Dass das britische Beispiel Schule macht, beweisen zudem die Repressionen gegen TierrechtlerInnen in Österreich. Im Mai 2008 wurden dort Wohnungen von BeamtInnen des Sonderkommandos WEGA (Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung) gestürmt und durchsucht, 10 Personen wurden festgenommen. Anfang März 2010 begann in Wien der Strafprozess gegen die AktivistInnen, denen die Bildung einer kriminellen Organisation gemäß dem Paragraphen 278a öStG (dem Pendant des bundesrepublikanischen Paragraphen 129 StGB) vorgeworfen wird. Ihnen drohen nun Gefängnisstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Wovor bereits seit langem gewarnt wird, hat sich bestätigt: Genau wie der §129 in der BRD wird §278 in Österreich dazu verwendet, politisch aktive Menschen zu überwachen und zu kriminalisieren. Sollte hier die Anwendung des §278 als Präzedenzfall vor Gericht durchgehen, sind wir nicht nur einem repressiven Überwachungsstaat einen gewaltigen Schritt näher, sondern es wird auch nur noch eine Frage der Zeit sein, welche Bewegungen es als nächstes treffen wird.

Nach der Einschätzung von Valerie Smith, welche sie in ihrem Text Die Kriminalisierung der Tierrechtsbewegung als Testfeld für Repression vornimmt, werden an der relativ jungen Bewegung neue Gesetze vor allem im Bereich der so genannten Terrorismusbekämpfung erprobt. Sie gilt damit als Testfeld für die Anwendung neuer verschärfter Maßnahmen, deren "Ergebnisse" wahrscheinlich auch bald gegenüber anderen linken Strukturen Anwendung finden werden. Dass sich staatliche Repression gegenüber dieser Bewegung so vehement äußert, ist sicherlich nicht ohne Grund so. Obwohl nämlich die Tierbefreiungsbewegung über eigene Solidaritätsstrukturen verfügt, wird sie von der Restlinken häufig marginalisiert. Alleine wird es dieser recht überschaubaren Bewegung jedoch wohl langfristig kaum möglich sein, die Repressionsmaßnahmen zu überleben. Nun mögen nicht alle Teile der Linken dazu bereit sein, Tiere zu den zu berücksichtigenden Gruppen zu zählen. Wenn man sich jedoch die politische Entwicklung in Ländern wie Großbritannien anschaut, wo der Staat mit aller Macht versucht, diese Bewegung zu bekämpfen, lohnt zumindest ein Blick auf das Prozedere, um zu sehen, was demnächst auch auf andere linke Strukturen zukommen wird, sollte den Repressionsorganen nicht Einhalt geboten werden. Aus einem politischen Verständnis heraus, das die politische Repression als an und für sich bekämpfenswert hält, gilt es, sich mit den Kriminalisierten zu solidarisieren.

 

Unbedingte Solidarität mit den Opfern staatlicher Repression! Für die Befreiung von Mensch und Tier!

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