Apartmentblock statt kleiner Häuser
An der Günterstalstraße sind zwei kleine Häuser abgerissen worden, die in der Vergangenheit mehrfach besetzt worden sind.
WIEHRE. In den vergangenen Jahren waren die Häuser in der Günterstalstraße 28 und 30 im Stadtteil Wiehre öfter in den Schlagzeilen, weil sie mehrfach Ziel von Hausbesetzungen waren. Die Besetzer kritisierten eine angeblich geplante "Luxussanierung". Tatsächlich sind die klassizistischen Gebäude nun sang und klanglos ganz verschwunden. An ihrer Stelle klafft nur noch eine große Lücke. Stattdessen soll hier ein Neubau mit Studentenwohnungen entstehen. Das Projekt gehört zu einer Reihe von Veränderungen, die derzeit in der Günterstalstraße vonstatten gehen.
Als die Wiehremerin Yvonne El Saman vor kurzem durch die Günterstalstraße fuhr, traute sie ihren Augen nicht: Statt der klassizistischen Bauten sah sie nur noch eine Baugrube. "Der Charakter des Stadtteils hängt doch an den historischen Gebäuden", meint sie. Mehr als 100 Jahre hätten die Häuser an dieser Stelle gestanden, nun sei die Bausubstanz unwiederbringlich verschwunden: "Die Gebäude sind zwar nur ein kleiner Teil, aber sie zeigen eine Entwicklung, die überall in der Wiehre vonstatten geht.""Wieder zwei historische Häuser weniger", bedauert auch Roland Albrecht, stellvertretender Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild": "Das ging jetzt plötzlich alles ganz schnell über die Bühne." Denn um die beiden Gebäude wird schon länger gerungen.
Bereits vor rund fünf Jahren habe das Baurechtsamt sich mit dem Fall
beschäftigt, teilt die städtische Pressesprecherin Petra Zinthäfner
mit. Und schon damals sei klar gewesen: Die Häuser haben zwar eine
historische Bausubstanz, unter den Denkmalschutz fallen sie jedoch
nicht. Trotzdem gab es zunächst Überlegungen, die Gebäude zu erhalten
und zu sanieren. Doch die Preisvorstellungen des bisherigen Eigentümers
waren dafür wohl zu hoch. Später kaufte ein Investor die Häuser, auch
damals schon mit dem Ziel, einen Neubau zu errichten. Das Projekt
platzte zunächst.
Inzwischen hat die Freiburger Immobilienfirma Dr. Stange die
Entwicklung übernommen. "Eine Sanierung der Gebäude hätte sich einfach
nicht gelohnt", sagt Geschäftsführer Patrick Freywald. Von außen hätten
die Häuser zwar noch hübsch ausgesehen, innen seien sie jedoch eine
Katastrophe gewesen: viel zu kleine Wohnungen mit schlechten
Grundrissen. "Einfach total verbaut", sagt Freywald. Ganz verloren
seien die historischen Bestandteile dennoch nicht. Eine Spezialfirma
habe die Ornamente der Sandsteinfassade samt einem Löwenkopf
abmontiert, auch die Treppe und die alten Parkettböden seien ausgebaut
worden. Sie würden nun bei Sanierungen von anderen Denkmalobjekten
verwendet.
Auf dem Grundstück wird ein Neubau entstehen, in dem 35
Studentenappartements auf fünf Etagen untergebracht werden. Obwohl es
damit mehr Stockwerke gibt als die bisherigen zweieinhalb, werde das
neue Gebäude nicht höher sein als die umgebenden, verspricht Freywald.
Bezugsfertig sind die Wohnungen, die je gut 80 000 Euro kosten, laut
Plan im Sommer 2011. Die allermeisten seien bereits verkauft, so
Freywald.
Die Baugrube befindet sich schräg gegenüber von einem weiteren
geplanten Neubau in der Günterstalstraße, gegen den es bereits 2007
viel Kritik gab. Er soll an das denkmalgeschützte Haus mit der Nummer
23 andocken. Inzwischen wurden die Planungen modifiziert, das Gebäude
soll nun nicht mehr ganz so hoch werden wie ursprünglich gedacht. Wann
das Projekt umgesetzt wird, steht jedoch nach wie vor nicht fest.
Gestorben sei der Plan jedoch nicht, betonen sowohl der Architekt als
auch ein Vertreter der Bauherren auf Anfrage der BZ.
Außerdem ist in der Günterstalstraße in der Nähe der Johanneskirche ein
weiteres Büro- und Wohnhaus geplant. Und auch an den bestehenden
Häusern in der Straße tut sich etwas: Einige Gebäude sind derzeit
eingerüstet und werden renoviert, eine historische Villa
(Günterstalstraße 72) wurde umfassend saniert.