Rechtsextremismus: Experten untersuchen Rechner der mutmaßlichen Aktivistin
Ermittlungen in Nazi-Fall
Die Enttarnung einer mutmaßlichen Neonazi-Aktivistin aus Mannheim beschäftigt weiter Staatsanwaltschaft und Polizei. Experten untersuchen jetzt den Computer der mehrfachen Mutter. Sie wollen überprüfen, ob sich auf dem Rechner Dateien mit nationalsozialistischem Inhalt befinden oder früher befanden - und ob es Hinweise gibt, dass die Frau in rechten Internet-Foren unterwegs war, wie Staatsanwalt Andreas Grossmann erklärte. Gleichzeitig wolle man auch herausfinden, ob der Computer von außen angezapft wurde.
Der Fall hatte Anfang Juni für viel Aufsehen in Mannheim gesorgt. Die Autonome Antifa Freiburg (AAF) hatte behauptet, die Frau spiele eine wichtige Rolle auf Deutschlands größter Nazi-Plattform im Internet. Unter einem Codenamen soll sie dort knapp 3000 Beiträge veröffentlicht haben. Darin hetzte sie laut AAF gegen Juden und leugnete den Massenmord an ihnen. Dazu stellte sie dem AAF-Dossier zufolge eine Schnittvorlage für Hakenkreuz-Fahnen und Bilder von Torten mit Hakenkreuz-Verzierung ins Netz. Die AAF veröffentlichte alle ihre Erkenntnisse in einem siebenseitigen Dossier im Internet, samt den privatesten Daten der Frau: vom vollen Namen über Adresse, Telefonnummer bis hin zu Gewicht und Steuernummer, dazu eine Reihe von Bildern. Die Vorwürfe gegen die Mutter sind nicht unerheblich: Das Verbreiten von Nazi-Propaganda oder die Leugnung des Massenmords an den Juden sind Straftatbestände, für die es mehrere Jahre Gefängnis geben kann.
Aufwendiges Verfahren
Die Frau weist die Vorwürfe zurück, so die Ermittler, weitere Angaben mache sie nicht. Bei einer späteren Hausdurchsuchung, bei der auch der Rechner beschlagnahmt wurde, sei kein Nazi-Material gefunden worden. Der Ehemann hatte gegenüber dem "MM" Anfang Juni die Teilnahme seiner Frau bei Aufmärschen von Rechten nicht abgestritten, wohl aber ihre Aktivität auf der Nazi-Plattform. Jemand müsse sich im Internet die Informationen über seine Frau zusammengesucht und sich dann eine künstliche Identität zusammengebastelt haben, mit der er dann in den Foren unterwegs gewesen sei, so seine Vermutung. Die AAF hatte in ihrem Dossier behauptet, die Frau sitze in zwei Elternbeiräten - der Gesamtelternbeirat hatte kurze Zeit später erklärt, die Frau sei zumindest in den vergangenen fünf Jahren in keiner Mannheimer Schule Elternvertreterin gewesen.
Die AAF hat es sich zum Ziel gemacht, Neonazis zu enttarnen. Wie sie an ihre Informationen kommt, ist unklar. Die Organisation erklärt, sie sei inkognito in den Foren unterwegs. Experten gehen aber auch davon aus, dass sie Computer anzapft, was strafbar wäre. Das wollen die Spezialisten jetzt herausfinden. Das Verfahren ist sehr aufwendig, laut Polizeisprecher Martin Boll kann es bis zu acht Wochen dauern. red