Mainz/StuttgartBundesweite Razzia gegen Neonazi-Gruppe

Die Ermittler stellen Beweismaterial sicher
Erstveröffentlicht: 
07.09.2010

Mainz/StuttgartBundesweite Razzia gegen Neonazi-Gruppe

Das Bundesinnenministerium hat am Morgen eine bundesweite Razzia gegen Neonazis gestartet. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg wurden Räume der "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG) durchsucht.

 

In Mainz wurden vier Wohnungen durchsucht. Dabei wurde nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Durchsucht wurde unter anderem ein Grundstück im Mainzer Stadtteil Gonsenheim. Dort wohnt die Vorsitzende der HNG, Ursula Müller.

Räume der bundesweit agierenden Organisation wurden auch in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) und in einem Ort im Regierungsbezirk Tübingen durchsucht. Bundesweit werden weitere Wohnungen und Büros führender Mitglieder unter die Lupe genommen, darunter in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

Verbot der HNG wird geprüft

Hintergrund der Aktion ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums in Berlin die eingeleitete Prüfung eines Verbots der Organisation. Laut Innenministerium besteht der Verdacht, dass der Verein gegen die Verfassung verstößt. "Die heutigen Durchsuchungen werden zeigen, ob sich unser Verdacht bestätigt und sich die HNG in aggressiv-kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet", sagte Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche in Berlin. "Die uns vorliegenden Erkenntnisse nähren den Verdacht, dass es der HNG in erster Linie darum geht, die häufig fragmentierte neonazistische Szene jenseits bestehender ideologischer Grabenkämpfe zu vernetzen und zu stärken."

Größte Neonazi-Organisation bundesweit

Der Verein wurde 1979 unter anderem von der Mainzerin Ursula Müller gegründet. Er ist mit 600 Mitgliedern die größte Neonazi-Organisation in Deutschland. Ziel des Vereins ist es, Inhaftierte weiter an die rechtsextreme Szene zu binden. Er soll verhindern, dass sie staatliche Angebote zum Ausstieg annehmen.
Geld und rechtes Gedankengut für Häftlinge

Im Verfassungsschutzbericht von Baden-Württemberg heißt es, inhaftierte Gesinnungsgenossen würden auch mit rechtsgerichteter Literatur versorgt und finanziell unterstützt. Der Verein verstehe sich als organisationsübergreifendes Bindeglied für Neonazis im In- und Ausland. Da viele seiner Mitglieder zugleich auch anderen rechtsextremistischen Organisationen angehören, komme ihm als Integrations- und Vernetzungsfaktor innerhalb der Neonaziszene eine erhebliche Bedeutung zu.

Im rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzbericht heißt es dagegen: "Die Bedeutung der HNG innerhalb der Szene ist inzwischen gering."