Gelöbnis lockt Demonstranten an
Bundeswehr Das militärische Schauspiel am 30. Juli vor dem Neuen Schloss ist umstritten. Von Susanne Janssen und Matthias Schiermeyer
Nach elfjähriger Pause veranstaltet die Bundeswehr am nächsten Freitag wieder ein öffentliches Gelöbnis vor dem Neuen Schloss. 650 Rekruten vornehmlich aus Baden-Württemberg legen im Innenhof ihren Treueeid zum Vaterland ab. Der Schirmherr, Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), übergibt dem Landeskommando Baden-Württemberg ein Fahnenband - dies ist die höchste Auszeichnung, die eine Regierung einem Militärverband verleihen kann.
Für geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Behörden baut die Bundeswehr eine Tribüne mit etwa 500 Sitzplätzen auf. Zudem werden mehr als 1000 Rekruteneltern erwartet. Der Ehrenhof des Schlosses wird zum Sicherheitsbereich erklärt, die Eingänge werden streng kontrolliert. Die Bürger können sich das militärische Spektakel aus einer, wie die Bundeswehr meint, "vertretbaren Distanz" anschauen.
Zugleich sind jedoch massive Proteste zu erwarten. Zu diesem Zweck hat sich ein Bündnis namens "Gelöbnix in Stuttgart" von Initiativen der Friedensbewegung, Gewerkschaften und überwiegend linken Organisationen gebildet. Gestern haben die Gelöbnisgegner ihre Meinung an Infoständen in der Innenstadt kundgetan. Für morgen ist ein Blockadetraining an einem geheimen Ort angesetzt. Vorgesehen ist, sich am 30. Juli morgens ab 8 Uhr an drei Standorten rund um das Neue Schloss zu versammeln: am Mahnmal für die Opfer des Faschismus, an der Ecke Bolz-/Königstraße und am Haus der Abgeordneten. Für 13 Uhr ist eine Kundgebung mit Musik und Aktionen auf dem Schlossplatz geplant.
Während gemäßigte Organisationen von Demonstrationen sprechen, will der sogenannte "Blockbw" das Gelöbnis durch Blockaden verhindern. Die Mehrheit der Deutschen sei gegen eine weitere Teilnahme am Krieg in Afghanistan, so ein Argument der Gegner. Zudem werde eine faschistische Tradition wieder aufgenommen, die auf die Militarisierung der Gesellschaft ziele. Das Bündnis beschwert sich darüber, dass das Amt für öffentliche Ordnung vier Versammlungsleiter abgelehnt habe - dieses Vorgehen sei "antidemokratisch und gesetzwidrig". Die Stadt reagiert gelassen: "Wir haben den Veranstaltern die Gründe dargelegt, sie haben nicht reagiert", sagt Uwe Czier vom Ordnungsamt. Gegen die vier Betroffenen werde wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung ermittelt. Ein Versammlungsleiter sei ungeeignet, wenn er eine schwere Straftat oder eine Straftat im Zusammenhang mit einer Versammlung begangen habe.
Bisher seien 14 Anmeldungen für Gegenveranstaltungen eingegangen, so Czier. Außer den genannten vier werden die anderen Anträge vermutlich alle bewilligt: Es gebe keine Anzeichen für einen unfriedlichen Verlauf - nur dann könne die Stadt den Antrag ablehnen. Wenn die Demonstranten den Zugang zum Neuen Schloss versperren, müsse im Einzelfall entschieden werden, ob eine Nötigung vorliegt und die Versammlung von der Polizei aufgelöst wird. Das hänge auch von weiteren Zugängen ab. Seit den Protesten gegen Atomwaffen in Mutlangen in den 1980er Jahren habe der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen entschieden, dass nicht jede Blockade eine Nötigung sei.
Polizeipräsident Siegfried Stumpf wird den Einsatz leiten. Wie viele Hundertschaften gebraucht werden, gebe die Polizei nicht bekannt, sagt ihr Sprecher Stefan Keilbach. Auch die Polizei studiere aufmerksam das Internet und bereite sich vor. Im Ehrenhof und auf dem Karlsplatz als Sammelpunkt aller Soldaten erhält die Bundeswehr ein Hausrecht. Dort können Feldjäger in Aktion treten, wenn es zu Störungen kommen sollte. "Gegenveranstaltungen müssen wir im Rahmen des Demonstrationsrechts natürlich akzeptieren", sagt Bundeswehrsprecher Heinz-Wolfgang Spranger. Er erwarte jedoch "ein einigermaßen störungsfreies Gelöbnis"