Besetzte Teppichfabrik Deeskalation bis zur Räumung - Gärtner rücken schon an

Erstveröffentlicht: 
01.08.2017

Das Tor zur alten Teppichfabrik auf der Halbinsel Stralau steht an diesem Dienstag weit offen. Zwei Wachschützer stehen davor. Ein alter Einkaufswagen steht auf dem Gelände. Das Geräusch einer Motorsäge ist zu hören. Drei Männer sind auf dem Grundstück dabei, das Gestrüpp zu entfernen. „Die Gärtner sind aktiv“, sagt einer der Sicherheitsleute. Das zugewucherte Grundstück mit der Fabrikruine soll übersichtlicher werden. Deshalb wohl werden derzeit auch die blickdichten Schilfrohrverkleidungen von dem Zaun, der das Areal umgibt, gerissen. Meter für Meter.


Die denkmalgeschützte Industriebrache in Friedrichshain ist Gold wert. Es ist eines der wenigen noch nicht neu bebauten Areale mitten an der innerstädtischen Spree. Der S-Bahnhof Ostkreuz ist gut zu erreichen. Nebenan werden Stadtvillen gebaut. Auf dem Gelände der einstigen Teppichfabrik könnte der neue Eigentümer, der das Areal Mitte Juni erworben hat, ebenfalls Wohnungen für Besserverdienende bauen. Doch da gibt es ein Problem. Offenbar haben Hausbesetzer das Areal schon vor Wochen in Beschlag genommen. Und sie weigern sich nun vehement, das Gelände an der Straße Alt Stralau zu verlassen.
Kein Polizist zu sehen

Zumindest versucht der Eigentümer, den ungebetenen Bewohnern den Zutritt nicht gar zu einfach zu machen. Eine Menge Wachschützer sind an diesem Tag auf den Wegen rund um das Grundstück unterwegs, um das Gelände zu bewachen. Am vergangenen Freitag war die Situation fast eskaliert, als sie versuchten, drei Personen den Zugang zu verwehren. Die Polizei rückte an, und sie rückte wieder ab.

Am Dienstag ist kein einziger Polizeibeamter an der alten Teppichfabrik zu sehen. Sie würden wohl erst wieder kommen, wenn der Eigentümer einen Räumungstitel habe, sagt einer der Security-Mitarbeiter. Es heißt, dass sich der neue Eigentümer der alten Teppichfabrik beim Landgericht um einen Räumungstitel noch in dieser Woche bemühen werde, möglich sei der 3. August. Schnell soll es gehen.

Aber zumindest bis Dienstag hat sich der Eigentümer der Industriebrache noch nicht beim Landgericht gemeldet. „Hier liegt bisher weder ein Eilantrag noch eine Klage auf Räumung vor“, sagt Gerichtssprecherin Annette Gabriel der Berliner Zeitung.
Wachschützer und Polizei greifen nicht ein

Das alte Backsteingebäude sieht verlassen aus, nicht so, als würden dort Menschen wohnen. Einige Fenster sind zerschlagen, die Fassade ist mit Graffitis besprüht. Auf dem Dach weht die Anarcho-Fahne. Auf dem verwilderten Hof des Geländes, der zur Spree hin liegt, stehen zwei junge Frauen. Sie sind dunkel gekleidet. Eine von ihnen trägt ein schwarzes bedrucktes T-Shirt: „Friedel 54 kämpft. Kiezladen bleibt“, ist darauf zu lesen.

Sie verlässt wenig später das Gelände, ohne von einem Wachmann auf- oder angehalten zu werden. Offenbar hat sich die Polizei mit den Wachschützern abgesprochen. Sie wollen deeskalieren. Zumindest solange, bis ein Räumungstitel vorliegt und die Polizeibeamten eingreifen dürfen.

Sie verlässt wenig später das Gelände, ohne von einem Wachmann auf- oder angehalten zu werden. Offenbar hat sich die Polizei mit den Wachschützern abgesprochen. Sie wollen deeskalieren. Zumindest solange, bis ein Räumungstitel vorliegt und die Polizeibeamten eingreifen dürfen.