Premiere: Mann wegen nicht angemeldeter Demo verurteilt

Erstveröffentlicht: 
25.06.2010

Amtsgericht Freiburg


Premiere: Mann wegen nicht angemeldeter Demo verurteilt

Das Amtsgericht Freiburg hat erstmals einen Angeklagten wegen einer unangemeldete Demonstration verurteilt. Das Gericht sah in ihm den Verantwortlichen für die Proteste einer Gruppe von Wagenburglern im Dezember 2009 rund um den Weihnachtsmarkt.

 

Der 27-Jährige muss 30 Tagessätze zu zehn Euro zahlen. Er hat laut Gericht gegen das Versammlungsgesetz verstoßen, weil er der Verantwortliche für eine Demo auf dem Weihnachtsmarkt gewesen sei. Zwar sei es in der linksalternativen Szene Praxis, Demonstrationen nicht anzumelden, erklärte Richterin Birgitta Stückrath. Dieser Verstoß gegen das Versammlungsgesetz sei aber dennoch nicht akzeptabel.

50 Menschen ziehen über den Weihnachtsmarkt

In den Abendstunden des 17. Dezembers versammelten sich Wagenburg-Unterstützer mit Transparenten und Lautsprechern in der Innenstadt, um gegen eine Entscheidung des Gemeinderates zu protestieren: Der hatte beschlossen, das M1 genannte Eingangsgrundstück in den Stadtteil Vauban zu verkaufen. Auf der Fläche stehen die Wagen des "Kommando Rhino"; die Bewohner befürchteten eine bevorstehende Räumung.

50 Menschen seien von 19 Uhr an eine gute Stunde lang über den Weihnachtsmarkt, durch die Innenstadt und schließlich ins Quartier Im Grün gezogen, schilderten drei als Zeugen geladene Polizeibeamte die Demonstration. Der ihnen persönlich bekannte Angeklagte sei dabei als eine Art Organisator aufgetreten, er habe in Lautsprecherdurchsagen mehr Wagenburgplätze gefordert und den Verlauf der von ihm als "Spontandemo" bezeichneten Veranstaltung vorgegeben. Ein Polizist sagte aus, seine Versuche, mit dem Angeklagten Kontakt aufzunehmen, seien durch andere Demonstranten verhindert worden, die ihn mit Transparenten abgeschirmt hätten. Die gesamte Veranstaltung sei aber trotzdem "absolut friedlich" verlaufen.

Angeklagter verweigert Aussage

Der Angeklagte schwieg während der gesamten Verhandlung zu den Vorwürfen. Seine Verteidigerin Angela Furmaniak verwies darauf, dass es in Freiburg jahrelang keine Ermittlungsverfahren bei friedlichen Versammlungen gegeben habe und regte eine Einstellung des Verfahrens gegen ihren nicht vorbestraften Mandanten an. Dem stellte sich auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft nicht grundsätzlich entgegen, forderte als Bedingung vom Angeklagten aber "ein Geständnis und Einsicht". Dem schloss sich auch die Richterin an.

Der Angeklagte machte aber weiter von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch und gab keine Erklärungen ab. Richterin Stückrath folgte daraufhin dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte ihn zu 30 Tagessätzen. Er habe eindeutig als Leiter der unangemeldeten Versammlung fungiert. Da diese offensichtlich geplant gewesen sei, handele es sich auch nicht um eine sogenannte Spontandemonstration, die nicht angemeldet zu werden brauche.

Die Teilnahme an einer Versammlung ist geschützt; sei sie angemeldet oder nicht. Strafbar machen sich aber Organisatoren und Leiter einer Demo, wenn sie diese nicht anmelden. Vertreter der linken Szene in Freiburg tun dies häufig, weil sie die Zusammenarbeit mit Polizei und Behörden ablehnen.