Linke beklagt „Missachtung“ des NSU-Ausschusses

Ordner des NSU-Untersuchungsausschusses
Erstveröffentlicht: 
30.06.2017

Interner Verfassungsschutz-Bericht wurde von Hessen nicht nach Berlin geliefert. Minister Beuth verteidigt das Vorgehen.

 

Es geht um 250 Seiten, die es in sich haben: Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen hatte im Jahr 2014 in einem Bericht Missstände seiner früheren Arbeit eingeräumt. Die Abgeordneten des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag bekamen das Dokument aber nicht zu sehen. Das bestätigte das Innenministerium in Wiesbaden am Freitag auf Anfrage der Frankfurter Rundschau.

 

Die Linken-Obfrau in Berlin, Petra Pau, kritisierte, Hessen habe dem Gremium die Existenz des Berichts „unterschlagen“. Sie sprach von einer „bewussten Missachtung“ der Beweisbeschlüsse. „Das fügt sich nahtlos ins Bild, das wir die ganze Zeit vom hessischen Innenministerium hatten: Vertuschen, verheimlichen und die eigene Verantwortung im NSU-Komplex leugnen“, sagte Pau der FR.

 

In dem Bericht ist etwa von einem Hinweis aus dem Jahr 1999 auf „National Sozialistische Untergrundkämpfer Deutschlands“ die Rede, der wohl untergegangen sei, aber an einen anderen Landes-Verfassungsschutz weitergeleitet worden sei. Teile des Dokuments hält Hessen offenbar für so brisant, dass sie bis ins Jahr 2134 als geheim eingestuft sind.

 

Der Sprecher von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) verteidigte das Vorgehen: Das Dokument sei „nicht vom Untersuchungsgegenstand des Bundestags-Untersuchungsausschusses umfasst“, sagte Michael Schaich. Die vom Bundestag getroffenen Beweisbeschlüsse seien „auf Personen- und Sachakten sowie konkrete Sachverhalte gerichtet“ gewesen. Daneben gelte, dass der Bundestagsausschuss nur das Handeln von Bundesbehörden sowie den Austausch zwischen Bund und Ländern zum Gegenstand habe.

 

„Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Bundestags-Untersuchungsausschusses, das Verwaltungshandeln einer einzelnen Landesbehörde zu betrachten“, erläuterte Beuths Sprecher. „Dafür sind ausschließlich die jeweiligen Landtage zuständig.“ Der Bericht einer Landesbehörde, der sich „selbstkritisch mit Verwaltungsvorgängen zurückliegender Dekaden“ befasse, gehöre „ausschließlich in den Untersuchungsausschuss eines Landtages“.

 

Mit dem Beweisbeschluss „HE-10“ hatte der Bundestagsausschuss von Hessen Akten über den NSU und seine Mitglieder erbeten, aber auch „über weitere Personen oder über Organisationen aus ihrem Unterstützerumfeld sowie über gegebenenfalls bestehende Verbindungen zu rechtsextremen Vereinen oder Organisationen“.

 

Innenminister Beuth muss voraussichtlich im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags aussagen. Das beantragt die Linke, wie sie am Freitag in Wiesbaden bekannt gab. Linken-Obmann Hermann Schaus will Beuth zu dem internen Bericht befragen, den die hessischen Abgeordneten zwar einsehen können, aber über den sie in öffentlicher Sitzung nur in Auszügen sprechen dürfen.