Generalbundesanwalt verweigert Sonderausschuss Einsicht in Ermittlungsakten. Die Mitglieder sind sauer.
Die unmissverständliche Absage des Generalbundesanwaltes war dem Innenministerium bereits am Dienstagnachmittag ins Haus geflattert – am Donnerstagmittag musste dann Staatssekretär Thomas Lenz den Abgeordneten des NSU-Unterausschusses im Landtag die schlechte Nachricht überbringen: Die Generalbundesanwaltschaft verweigert dem Gremium die Einsicht in die Ermittlungsakten zur NSU-Mordserie.
Ein schwerer Schlag für den Sonderausschuss, der eigentlich mögliche Versäumnisse und Fehler bei der Aufklärung der NSU-Verbrechen in Mecklenburg-Vorpommern aufdecken soll, dem auch der Rostocker Döner-Verkäufer Mehmet Turgut zum Opfer gefallen war. Doch nun bleiben den Ausschussmitgliedern die wichtigsten Akten verwehrt. Der im März vom Landtag in Schwerin eingesetzte Unterausschuss zur Aufklärung der NSU-Aktivitäten in MV kommt damit weiterhin nicht von der Stelle. „Wir drehen uns im Kreis und sind dabei noch nicht mal losgelaufen“, reagierte der Innenexperte der Linksfraktion, Peter Ritter, nach der Ausschusssitzung am Donnerstag zerknirscht.
Es gäbe drängenden Aufklärungsbedarf in MV und „wir haben noch nicht mal angefangen“, beklagte Ritter. Man wolle herausfinden, ob es Mitwisser und Unterstützer der rechtsextremistischen Terrorgruppe in MV gab und was Sicherheitsbehörden darüber wussten oder hätten wissen müssen. Nach Ansicht Ritters muss geklärt werden, warum auch beim Mord an Turgut anfänglich nur in Richtung organisierte Kriminalität ermittelt worden sei und nicht auch in Richtung rechtsextremistischer Täter. Neben dem Mord werden dem NSU, dem bundesweit zehn zumeist ausländerfeindlich motivierten Morden zugeschrieben werden, im Nordosten zwei Banküberfälle in Stralsund in den Jahren 2006 und 2007 zugeschrieben.
Doch um die Fragen zu den NSU-Machenschaften in MV beantworten zu können, benötigen die Mitglieder des Unterausschusses vor allem eins: Umfangreiche Einsicht in die Aktenbestände der Polizei und des Verfassungsschutzes. Ohne diese Akten ist der Ausschuss nach Einschätzung des AfD-Abgeordneten Bert Obereiner faktisch auf absehbare Zeit nicht arbeitsfähig. „Und es ist fraglich, ob er es jemals sein wird“, sagt Obereiner. Der Generalbundesanwalt und das Oberlandesgericht München, an dem derzeit der Prozess gegen das einzig überlebende NSU-Mitglied, Beate Zschäpe, läuft, hatte dem Unterausschuss grundsätzlich die notwendigen Befugnisse abgesprochen und daher die Herausgabe von nötigen Unterlagen verweigert.
„Absolut unbefriedigend. Wir wurden bei voller Fahrt ausgebremst“, war die Ausschussvorsitzende Susann Wippermann (SPD) sichtlich enttäuscht. Um doch noch an die Ermittlungsakten zu kommen, solle dem Generalbundesanwalt nun über die Landtagspräsidentin deutlich gemacht werden, dass der Ausschuss wie ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss arbeite. „Dadurch sollte es rasch möglich werden, wie in den Untersuchungsausschüssen anderer Bundesländer auch, Einsicht in die Akten zu bekommen“, zeigte sich SPD-Obmann Ralf Mucha zuversichtlich. Es sei bedauerlich, dass dies zusätzlich Zeit koste.