Fast 3000 Asylheimplätze in Leipzig ungenutzt

Erstveröffentlicht: 
25.06.2017

Alle Reserveobjekte mitgezählt, sind in den Gemeinschaftsunterkünften der Stadt Leipzig für Asylbewerber und Flüchtlinge derzeit 2911 Plätze nicht belegt. Das entspricht 62 Prozent der Gesamtkapazität. Da die Zuweisungszahlen weiter sinken, passt die Kommune ihr Unterbringungskonzept bereits vorsichtig an, so Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst.

 

Leipzig. 2015 und 2016 musste die Stadt Leipzig schnellstmöglich riesige Kapazitäten zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen aufbauen. Doch fast genauso schnell, wie der Zustrom einsetzte, ebbte er auch wieder ab. Von den drei Leipziger Erstaufnahme-Einrichtungen des Freistaates Sachsen ist derzeit nur noch die Max-Liebermann-Straße 36 in Betrieb. Sie hat eine Kapazität von 700 Plätzen, aktuell leben dort 173 Menschen.

 

Folglich dürften der Stadt Leipzig in naher Zukunft nur noch wenige Asylbewerber zugewiesen werden. Die Kommune betreut jetzt 2651 Personen in rund 40 Gemeinschaftsunterkünften und Pensionen (Stand 19. Juni). Die Kapazitäten, die dort zur Verfügung stehen, liegen aber viel höher: bei 4587 Plätzen. Demnach sind aktuell 1936 Plätze (42 Prozent) frei.

 

Rechnet man noch die drei Objekte hinzu, welche die Stadt nun bereits als reine Reserve leer stehen lässt (Halle 13 der Alten Messe mit 500 Plätzen, Container und Haus 2 in der Torgauer Straße 290 mit zusammen 475 Plätzen), so steigt die Zahl der ungenutzten Plätze weiter an: auf 2911 beziehungsweise 63,5 Prozent. 

 

Fläche "für den Notfall" reserviert


Wo das wirtschaftlich sinnvoll und angesichts gültiger Verträge möglich ist, steuert die Kommune vorsichtig um, so Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst. Zum Beispiel würden die Pläne, im früheren Friesenkrankenhaus in Lindenau 210 Plätze einzurichten, derzeit nicht weiter verfolgt. Auch der Bau einer Unterkunft für 500 Personen in der Diezmannstraße 12 sei zurückgestellt worden, dort sollten 8,3 Millionen Euro investiert werden. Nun bleibe diese Fläche „nur für den Notfall“ reserviert. Bereits berichtet hatte die LVZ über das Aus für Vorhaben in der Franz-Flemming-Straße 43/45 (450 Plätze) und in der Händelstraße (168 Plätze). Nächsten Monat wird die Karl-Heine-Straße 22b (306 Plätze) leergezogen, damit der Umbau zu einer Schule beginnen kann.

 

Zum Jahresende vom Netz gehe die Hainbuchenstraße 13 (185 Plätze), wo später wieder eine Schule einzieht. Auch die Zweenfurther Straße 21 (102 Plätze) stelle zum 1. Januar 2018 den Betrieb ein, verbleibe aber als Reservekapazität.

 

In der Weißdornstraße 102 (336 Plätze) sowie Waldstraße 74/80 (270 Plätze) werden Teilbereiche nicht mehr genutzt, sie bleiben aber für den Bedarfsfall kurzfristig verfügbar. Gleiches gilt für das ganze Haus 2 in der Torgauer Straße 290 – nach der inzwischen abgeschlossenen Sanierung – sowie für die seit Mitte Juni leergezogenen Container auf diesem Areal. Die Planung für die Zukunft werde ständig angepasst, erläutert die Amtsleiterin. „Belastbare Zuweisungsprognosen des Bundes oder des Freistaates Sachsen liegen uns als Stadt nicht vor.“ Kleine Häuser (bis 60 Plätze) wolle die Kommune nicht schließen, weil sie gut zum Konzept der dezentralen Unterbringung passten. Auch für die aktuell 17 großen Objekte lehrten die Erfahrungen der Vergangenheit, dass es kostengünstiger ist, Reservekapazitäten vorzuhalten, als im Bedarfsfall möglichst schnell neue Notunterkünfte zu schaffen. 

 

Autohaus wird im Herbst bezugsfertig


So nimmt die Halle 13 auf der Alten Messe, wo jüngst für fast fünf Millionen Euro 500 Plätze entstanden, erst gar nicht den Betrieb auf – sondern bleibt Reserve. Auf dem Prager Dreieck (Philipp-Rosenthal-Straße 59) begann gerade ein Massivbau für 240 Plätze. Diese 60 Wohneinheiten plus Gemeinschaftsräume (Kostenpunkt: 4,9 Millionen Euro) könnten aber auch anders genutzt werden: etwa durch Studenten. Gleiches gilt für die schon im Rohbau stehenden Häuser in der Arno-Nitzsche-Straße 37, welche im März 2018 mit 368 Plätzen ans Netz gehen sollen.

 

Diesen Herbst wird noch das frühere Autohaus in der Lindenthaler Straße 63 mit 220 Plätzen bezugsfertig, erläutert Kador-Probst weiter. Ansonsten seien nach heutigem Stand für die nächsten Jahre nur noch Schließungen vorgesehen: darunter die Riesaer Straße 100 (200 Plätze), 120 Plätze in Pensionen und die Zschortauer Straße 44 (200 Plätze).

 

Für das Debakel um das halb fertige Containerdorf an der Kregelstraße 3 (Barnet-Licht-Platz) habe sich inzwischen eine Lösung gefunden. Das auf 6,1 Millionen Euro veranschlagte Objekt wolle die Branddirektion zur Hälfte als Ausweich beim Umbau der Leipziger Hauptfeuerwache beziehen. Zudem würden ein Teil der Container für ein direkt an der Hauptfeuerwache benötigtes Interim sowie für ein „Schulinterim“ umgesetzt.

 

Von Jens Rometsch