Frankreich geht den Sommerferien entgegend und bei gutem Wetter werden sich so langsam die Strände füllen. Genau dieser Zeitpunkt nutzt der neu gewählte Präsident Macron und seine Regierung, die bei den Parlamentswahlen bestätigt wurde, um möglichst schnell durch Beschluss seine Reform des Arbeitsrechts vor Ende des Sommers durchzusetzen. Ein Beschluss erleichtert dieses Vorgehen, weil sich die Regierung so eine Debatte im Parlament und im Senat erspart und eine Menge Zeit gewinnt. Im Eiltempo hofft die Regierung Widerstand auf der Straße zu verhindern. Um nicht (zu) autoritär zu wirken, werden die « Sozialpartner » in einer Art Maskerade noch schnell befragt, bevor es dann so richtig losgeht. Schließlich will die neue Regierung sich verhandlungsbereit zeigen...
Marcons Reform zerstört weiter grössere Teile des Arbeitsrechts. Dort wo die Loi El Khomri dem Patronat noch nicht weit genug ging wird jetzt entgültig reinen Tisch gemacht.
El Khomrie war erst der Anfang
Die neue Reform ist die logische Konsequenz und Fortsetzung der Deregulierung des Arbeitsrechts. Sie geht nur noch viel weiter als die Loi El Khomri. Die Kernidee (wie bei der loi El Khomri) ist dass die Verhandlung im Betrieb die Norm des Arbeitsrecht bestimmt. Sie soll die Inversion der Hierarchie der Normen vollenden und generalisieren. Das heisst dass die Abkommen im Betrieb gegenüber den Abkommen in der Branche oder dem Gesetz vorrangig sind. Dies war schon Bestandteil der loi El Khomri (Arbeitszeit) nur dass die neue Reform diesen Grundsatz auf etliche Bereiche (Einstellungen, Lohn, Arbeitsbedingungen usw) massiv ausweitet. Weiter wird die Zusammenlegung der repräsentativen Institutionen des Personals die « Macht » von ArbeiterInnen und Gewerkschaften drosseln.
Mensch findet auch eine Massnahme wieder die schon in der Loi El Khomri vorgesehen war aber zuletzt noch zurückgezogen wurde. Im Fall wo die Prud'homme (eine Gerichtskammer die verantwortlich ist für Arbeitskonflikte) eine Entlassung als ungerechtfertigt beurteilt, werden ab jetzt die Entschädigung der ArbeitnehmerInnen begrenzt. Macron kommt so einer Forderung von Pierre Gattaz, dem Verantwortlichen vom Medef (ArbeitgeberInnenverband) nach. In Zukunft weis das Patronat wieviel die Entlassung eines Arbeiter kosten wird.
Was noch bevor steht
Schauen wir mal kurz in die Zukunft und Fragen uns was der nächste Schritt sein wird um die Menschen auf ihrem Arbeitsplatz komplett zu isolieren und zu präkarisieren. Um dies zu erreichen wäre es vorteilhaft die Deregulierung komplett zu verwirklichen und den Gewerkschaftsmonopol der Kollektivverhandlungen zu sprengen indem die Veranstaltung von Referendumen ausgeweitet wird. ArbeitgeberInnen würden dann das Recht haben direkt ein Referendum im Betrieb zu organisieren. Der Referendum gibt die Illusion einer « Demokratie » im Betrieb als wäre die Beziehung zwischen Arbeiter und Arbeitgeber nicht durch Ausbeutung und Unterdrückung geprägt. Konkret würde das zur einer weiteren individualisierung der ArbeiterInnen gegenüber dem ArbeitgeberInnen führen. Solidarität und kollektives Handeln und Verhandeln sollen definitiv zerstört werden !
Die nächsten schon im Visier ?
Macron wird früher oder später die gleiche Reform des Arbeitsrechts im öffentlichen Dienst in Gange setzen. Er wird dann eine altebekannte Taktik gebrauchen die immer (wie z.b. bei der Rentenreform) sehr effizient ist. Er wird die Arbeiternehmer im öffentlichen Dienst mit der gleichen Reform konfrontieren wie die die er jetzt dabei ist im Privatsekor durchzuführen. Lassen sich die Menschen das nicht gefallen, so werden sie als Priviligiert dargestellt. Jede berufsübergreifende Solidarität soll damit verhindert werden.
Der « Front Social » mobilisiert
Der « Front Social » hat sich kurz nachdem Macron die Präsidentschaftswahl gewonnen hat gebildet. Es ist ein Bündniss dessen Zusammensetztung hauptsächlich aus Gewerkschaften (SUD/Solidaires, die CNT-So, Sektionen der CGT), Kollektiven und linksradikalen besteht. Je nach Stadt kann das sich ein wenig ändern. Am 19 Juni hatte der « Front Social » aufgerufen sich zu mobilisieren. In etlichen Städten haben Kundgebungen und Demos stattgefunden. Diese erste nationale Mobilisation blieb sehr überschaulich. Ob nach der Niederlage gegen die Loi El Khomri mehr drin ist wird sich zeigen...