Bei erneuten Ausschreitungen in der Rigaer Straße flogen in der Nacht zum Sonnabend Steine und Flaschen auf Polizeikräfte. Die Polizeigewerkschaft reagierte entsetzt.
Steinwürfe, Bengalos, brennende Autos: In der Nacht zum Sonnabend gab es in der Rigaer Straße erneut Ausschreitungen. Wie die Polizei mitteilte, alarmierten Anwohner die Polizei kurz nach Mitternacht, weil 40 bis 60 größtenteils Vermummte auf Höhe der Liebigstraße Barrikaden bauten und Musik laut aufdrehten. Kurz danach sollen die Unbekannten Gegenstände angezündet haben - Mülltonnen, ein Toilettenhäuschen, Autoreifen, Holzgestelle und Baustellenabsperrungen. Auch Autos seien in Brand gesteckt worden.
Als die Polizei eintraf und versuchte, einen Weg für die Feuerwehr frei zu räumen, sollen die Vermummten nach Zeugenberichten Pflastersteine, Flaschen und Pyrotechnik geworfen haben. Zu diesem Zeitpunkt sollen sogar etwa 100 Personen - darunter auch Schaulustige und Gäste benachbarter Bars - rund um die Einsatzstelle unterwegs gewesen seien, immer wieder seien polizeifeindliche Sprüche skandiert worden. Weil die Straßenlaternen größtenteils nicht mehr funktionierten, wurde ein Polizeihubschrauber eingesetzt. Rund 100 Polizisten waren vor Ort.
Vier Männer wurden festgenommen
Ein 22-Jähriger soll die Piloten mehrfach geblendet haben. Er wurde kurz darauf festgenommen, bei ihm wurden ein Laserpointer, eine Zwille mit Stahlkugeln, Pyrotechnik, ein Taschenmesser, Handschuhe und eine Sturmhaube gefunden. Der Mann wurde kurze Zeit später wieder entlassen. Drei weitere Männer im Alter von 22, 23 und 29 Jahren wurden ebenfalls festgenommen. Gegen 1.15 Uhr sei die Lage unter Kontrolle gewesen, hieß es.
Bei den Zusammenstößen wurden vier Polizisten verletzt, die ihren Dienst aber fortsetzen konnten. Ob weitere Personen zu Schaden kamen, war am Samstagnachmittag nicht klar. Es wurden laut Polizei Verfahren wegen besonders schweren Landfriedensbruchs, schweren Landfriedensbruchs, Landfriedensbruchs, Brandstiftung, Widerstands, versuchter gefährlicher Körperverletzung, Verstößen gegen das Waffen- sowie das Sprengstoffgesetz und Sachbeschädigung eingeleitet.
Gibt es einen Zusammenhang mit der Friedel 54?
Was hinter den Krawallen steht, ist nicht offiziell bekannt. Denkbar ist ein Zusammenhang mit der geplanten Räumung des linken Kiezladens Friedel54 am 29. Juni. Auf dem Online-Szeneportal Indymedia wurde am Freitag ein Text veröffentlicht, der Solidarität mit dem Neuköllner Projekt fordert. "Wozu wir aufrufen, ist völlig klar." Um Verdrängung zu verhindern, müssten "konsequent alle Mittel" angewandt werden.
Der Kiez an der Rigaer Straße ist immer Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen Linksextremisten und der Polizei. Es gab wiederholt Anschläge auf Polizeifahrzeuge. Dabei wurden auch Beamte mit Steinen beworfen.
"Sie wollen Polizisten sterben sehen"
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagierte am Sonnabend "mit Schrecken" auf die Ereignisse in der vergangenen Nacht. "Es war seit Langem das Schlimmste, was dort passiert ist", sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro, der nach den Krawallen mit Einsatzkräften gesprochen hatte. "Die Zustände waren wohl vergleichbar mit den Maikrawallen vergangener Jahre."
"Der Staat muss langsam mal anfangen, die praktische Immunität dieser Täter aufzuheben. Das sind keine Kiezromantiker, sie wollen Polizisten sterben sehen", sagte Jendro Eine mögliche Entspannung der Situation sieht er aktuell nicht, gerade vor dem G20-Gipfeltreffen am 7. und 8. Juli in Hamburg drohten demnach neue Ausschreitungen - auch in Berlin. Reagiere die Politik nicht bald, warnte der GdP-Sprecher, so würden "die Gewaltexzesse immer schlimmer und irgendwann tödlich enden."
Scharfe Kritik an Rot-Rot-Grün
Seit langer Zeit sucht Berlins Politik nach Lösungen für die Rigaer Straße, die auch auf der kürzlich veröffentlichten Polizeiliste "kriminalitätsbelasteter Orte" steht. Innensenator Andreas Geisel (SPD) zeigte sich "fassungslos über das Ausmaß der Gewalt" und lobte die Arbeit der Polizei. "Sie waren in kürzester Zeit vor Ort, konnten die Randale zügig unterbinden und Randalierer festnehmen." In Hinblick auf den Polizeihubschrauber erinnerte er daran, dass dieser abstürzen könnte, wenn der Pilot geblendet wird und dabei Menschenleben in Gefahr seien. Linksextremisten, die glauben, sie könnten sich in Berlin für den G20-Gipfel "warmmachen", drohte er mit "der ganzen Härte des Rechtsstaates."
Nach den letzten brutalen Attacken gegen Polizisten vor drei Wochen gab es von Seiten der Opposition scharfe Kritik an Innensenator Andreas Geisel (SPD) und der rot-rot-grünen Landesregierung.
Die CDU forderte einen Aktionsplan gegen die linke Gewalt rund um den "Dorfplatz". Damit wolle sich die Partei auch auf ihrem heutigen Landesparteitag beschäftigen, teilte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Burkhard Dregger, mit. Er verurteilte die Ereignisse der Nacht als "nicht zu rechtfertigende, miese Gewaltattacke". Mit den wiederholten Vorfällen dürfe man sich nicht abfinden. Die "Lethargie und Ideenlosigkeit" des Innensenators müsse jetzt ein Ende haben.