Favorit Schäuble - Bundestag beschließt neue Regeln für Alterspräsidenten

Erstveröffentlicht: 
02.06.2017

Dienstjahre statt Lebensjahre: Für das Amt des Alterspräsidenten gelten neue Kriterien. Damit wird auch ein AfD-Politiker auf diesem Posten verhindert. Was das Parlament noch beschloss - der Überblick.

 

Er eröffnet die konstituierende Sitzung des Bundestages und darf die erste Rede halten: Bislang waren die Lebensjahre dafür entscheidend, welcher Abgeordneter Alterspräsident des Parlaments wird und damit diese Aufgaben übernimmt. Mit einer Mehrheit der Großen Koalition hat der Bundestag diese Kriterien nun verändert. Künftig sind die Dienstjahre entscheidend. Laut offizieller Begründung will man so sicherstellen, dass die konstituierende Sitzung von einem Abgeordneten mit ausreichend Erfahrung geleitet wird. Gleichzeitig würde aber wohl auch ein AfD-Abgeordneter in dieser Rolle verhindert.

 

Der Alterspräsident leitet die erste Parlamentssitzung nach der Wahl, bis ein neuer Bundestagspräsident gewählt ist. Nach der bisherigen Regelung wäre vermutlich der 77-jährige AfD-Politiker Wilhelm von Gottberg aussichtsreichster Kandidat auf den Posten des Alterspräsidenten gewesen. Nun gilt Wolfgang Schäuble (CDU) als Favorit. Der Bundesfinanzminister wird kurz vor der Wahl zwar erst 75 Jahre alt, gehört dem Bundestag aber schon seit 1972 an.

 

Die Linke enthielt sich bei der Abstimmung. Die Grünen wandten sich ausdrücklich gegen die Reform. Deren Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann erklärte, sie stehe nicht für Legendenbildungen und Märtyrerrollen zur Verfügung - auch wenn sie die Eröffnungsrede eines Rechtspopulisten als Zumutung empfinden würde.

 

Neben dieser Entscheidung beschloss das Parlament in der bisher längsten Sitzung der Legislaturperiode eine ganze Reihe weiterer Gesetze, denen der Bundesrat teilweise noch zustimmen muss. Der Überblick:

  • Verbot von Kinderehen: Ehen von Personen unter 16 Jahren sollen künftig grundsätzlich als nichtig gelten. Zudem sollen diese gerichtlich annulliert werden, wenn ein Gatte zum Zeitpunkt der Eheschließung zwischen 16 und 18 Jahren alt war. Nur in besonderen Härtefällen kann davon abgesehen werden. Diese Regelungen gelten auch für Ehen, die im Ausland geschlossen wurden. Für Trauungen in Deutschland gilt künftig grundsätzlich ein Mindestalter von 18 Jahren.
  • Majestätsbeleidigungs-Paragraf abgeschafft: Der Bundestag beschloss einstimmig die Streichung des Paragrafen 103 aus dem Strafgesetzbuch. Er stellte die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter besondere Strafe, es drohten bis zu drei Jahre Gefängnis. Der Passus war in die Schlagzeilen geraten, nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf Basis dieses Paragrafen gegen den ZDF-Moderator Jan Böhmermann vorgegangen war. Das Strafverfahren um dessen "Schmähgedicht" wurde allerdings eingestellt.
  • Strafen für Impfmuffel: Kitas müssen künftig Eltern beim Gesundheitsamt melden, wenn diese keine Impfberatung beim Haus- oder Kinderarzt nachweisen können. Der Nachweis einer Impfberatung ist schon seit zwei Jahren Pflicht, doch bislang ist es den Kitas freigestellt, ob sie säumige Eltern bei den Behörden melden. Wer sich einer Impfberatung hartnäckig verweigert, muss bereits heute mit einer Geldbuße von 2500 Euro rechnen.
  • Mehr Rechte für Pauschalurlauber: Sie genießen künftig einen verbesserten Verbraucherschutz. Urlauber bekommen so mehr Rechte, wenn es bei einer Reise Pannen gibt oder der Anbieter pleitegeht. Veranstalter und Reisebüros lehnen die Reform ab, weil sie hohe Kosten und überflüssige Bürokratie befürchten. Verbraucherschützer halten die Regelungen hingegen für nicht weitgehend genug.
  • Mehr Sicherheit, weniger Gebühren: Online-Geschäfte und das Bezahlen mit der Kreditkarte sollen preiswerter und gleichzeitig sicherer werden. Dieses Ziel verfolgt die neue Zahlungsdienst-Richtlinie der EU, deren Umsetzung der Bundestag beschlossen hat. Ab dem kommenden Jahr dürfen Händler in vielen Fällen keine gesonderten Entgelte für Kartenzahlungen, Überweisungen und Lastschriften mehr verlangen.
  • Gesetz gegen Ausbeutung in der Fleischindustrie: Der Bundestag beschloss eine Stärkung der Rechte von Arbeitnehmern in der Fleischindustrie. Die Abgeordneten nahmen einen von Union und SPD eingebrachten Gesetzentwurf an, der einen Missbrauch von Werkverträgen in Schlacht- und Fleischzerlegungsbetrieben verhindern soll. Demnach sollen künftig die Betriebe bei Regelverstößen haften und nicht die von ihnen beauftragten Subunternehmen, über die viele Arbeiter beschäftigt sind (mehr lesen sie hier.)