Irland: Politische Gefangene in Maghaberry beginnen Protest – ein Rückblick. 1

Erstveröffentlicht: 
06.06.2010

Am Ostersonntag, 4. April 2010, übernahmen die irisch-republikanischen Gefangenen im Hochsicherheitsgefängnis Maghaberry einen Teil ihres Flügels, genannt Roe House. Für zwei Tag barrikadierten sie sich in der Gefängniskantine ein.

 

Sie begannen den Protest aufgrund der sich permanent verschlechternden Situation im Gefängnis und um auf ihre Forderung, als politische Gefangene anerkannt zu werden, aufmerksam zu machen.

 

Am 6. April veröffentlichten sie eine Stellungnahme, in der sie die Gründe für ihre Aktionen darlegten und auf die Situation im Gefängnis hinweisen versuchten. Die Stellungnahme wurde von einer Angehörigen eines Gefangenen auf einer Pressekonferenz im Büro von Republican Sinn Féin am 7. April in Belfast verlesen.

 

Stellungnahme der politischen Gefangenen in Maghaberry

 

„Im Laufe der vergangenen Jahre mussten wir, die republikanischen Gefangenen in Maghaberry, eine permanente Verschlechterung der Bedingungen und zugleich eine Verstärkung der Unterdrückung von uns, unseren Familien, Besucherinnen und Besuchern beobachten.

 

„Wir stoßen auf Unwillen seitens der Gefängnisverwaltung, unsere Forderungen und Bedenken bei Fragen von Menschenrechten und anderen moralischen Aspekten zu behandeln. Wir finden uns nun in einer Situation wider, in der es uns nur noch möglich ist, auf die tägliche Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen, in dem wir Taten setzen. Unsere Probleme haben den Höhepunkt erreicht, als ein Gefangener aus unserem Flügel verlegt wurde, da die RUC/PSNI fälschlicherweise behauptete, er hätte eine Todesdrohung von republikanischer Seite erhalten. Obwohl der Gefängnisleitung Garantien [von republikanischer Seite] gegeben wurden [, dass die Todesdrohung eine Lüge sei], ist der Gefangene verlegt worden.

 

„Dieses sonderbare Verhalten kommt nur wenige Wochen, nachdem Gefängniswärter Informationen über den Wohnort des ehemaligen Gefängnisdirektors in der Zelle eines republikanischen Gefangenen versteckten. [Der Gefangene wurde beschuldigt, einen Anschlag auf den Gefängnisdirektor zu planen, IRC] All das in einer Situation, in der sich Besucherinnen und Besucher Leibesvisitationen durch RUC/PSNI unterziehen müssen.

 

„In letzter Zeit wurden Einschließungen und Verlust von Erholungsaktivitäten [wie Sprachkurse, u.a., IRC] zu Gewohnheit. Unsere Familien werden von der RUC durchsucht. Wir werden über Tage in unseren Zellen eingeschlossen; ohne Nahrung, warmes Wasser, Ausgang, Waschmöglichkeiten oder Kontakt zu unseren Familien.

 

„Wir, die irischen Kriegsgefangenen, müssen beobachten, wie die Gefängniswärter immer aggressiver gegen uns vorgehen. In den letzten 18 Monaten gab es gegen denselben republikanischen Gefangenen alleine 5 tätliche Übergriffe. Alle 5 Mal wurde der Gefangene dafür zur Verantwortung gezogen. In der Tat ist es ein korruptes Gefängnisregime, das versucht die Wahrheit zu verdecken.“

 

„Die Anhäufung dieser Missstände und die Unmöglichkeit irgendwelche anderen Taten setzen zu können, um die Übergriffe und herabwürdigende Behandlung zu beenden, zwangen uns schließlich dazu, diesen Protest zu beginnen.“

 

Vollständige Unterstützung für Gefangene!

 

Auf derselben Pressekonferenz erklärte der Präsident von Republican Sinn Féin, Des Dalton, er und seine republikanische Partei würde den Protest „vollständig unterstützen“.

 

Er betonte: „Der Grund, dass die Gefangenen gezwungen werden, die Kontrolle über einen Teil ihres Flügels zu übernehmen ist, dass ihnen im Gefängnis vom britischen Staat der politische Status, aber auch die fundamentalen Menschenrechte verweigert werden.“

 

Gefangene werden bis zu 23 Stunden täglich in ihrer Zelle eingesperrt, körperlichen Übergriffen ausgesetzt, brutale Leibesvisitationen und Verwehrung der Besuchsrechte sind auf der Tagesordnung. Jedes Jahr zu Ostern werden die Gefangenen bestraft, wenn sie die Osterlilie tragen.

 

Die Osterlilie ist ein Symbol des irischen Freiheitskampfes und wird zum Jahrestag des irischen Osteraufstandes von 1916 im Gedenken an alle gefallenen Republikanerinnen und Republikaner getragen. Zugleich wird loyalistischen Gefangenen das Tragen der Mohnblume, ein Symbol des britischen Imperialismus, nicht nur erlaubt, die britische Mohnblume wird gar in der Kantine des Gefängnisses zum Kauf angeboten.

 

Dalton betonte: „Der Versuch des britischen Staates die republikanischen Gefangenen zu kriminalisieren schreckt auch vor Familienangehörigen nicht mehr zurück. In den letzten Wochen wurden Besucherinnen und Besucher gezwungen Menschen verächtliche Durchsuchungen über sich ergehen zu lassen. Zugleich werden Drogenspürhunde dazu nutzt, Besuche zu unterbrechen oder gar zu unterbinden. Das Alles vor dem Hintergrund, dass niemals Drogen bei republikanischen Gefangenen oder ihren Besuchern gefunden wurden.“

 

Seit 1917 starben 22 irische Republikaner im Hungerstreik für den politischen Status republikanischer Gefangener. 1998 wurde dieses hart erkämpfte Recht mit der Unterzeichnung des Karfreitagsabkommens wieder genommen.

 

Daher betonte Dalton: „Die derzeitige Generation von politischen Gefangenen in Irland hat durch ihren Protest neuerlich klar gemacht, dass England den 800-jaehrigen Kampf Irlands nicht als Verbrechen abtun kann!“

 

Kampagne für politischen Status gestartet

 

Seit Ostern wurden nun Proteste und Kundgebungen in ganz Irland organisiert. Es kam im letzten Monat unter anderem zu mehreren Kundgebungen in Dublin, Galway, Waterford, Armagh City, Lurgan, Dungannon, Craigavon, Belfast und vor den Gefängnissen in Portlaoise und Maghaberry. Am 20. April wurde in Lurgan ein Komitee zur Koordinierung des Kampagne für politischen Status gegründet.

 

Auf einer gut besuchten Kundgebung in Lurgan, Co. Armagh, am 9. April rief der Präsident von Republican Sinn Féin, Des Dalton, für „breite Proteste und mehr Militanz auf den Straßen Irlands, um so die republikanischen Gefangenen zu unterstützen“, auf. Die öffentliche Kundgebung fand im Anschluss an einen White-Line-Protest im Stadtzentrum statt, und wurde vom ehemaligen Long Kesh-Gefangenen Brendan Magill moderiert.

 

Vize-Präsident Fergal Moore sprach ebenso auf der Kundgebung. Er erinnerte daran, dass vor 30 Jahren die Menschen in Irland auf die Straßen gegangen sind, um die Frauen und Männer in den Gefängnissen der sechs besetzten Grafschaften in ihrem Kampf für politischen Status zu unterstützen. Er forderte, dass dasselbe Maß an Unterstützung auch den politischen Gefangenen heute gezeigt werden soll.

 

Am selben Tag gab es weitere Kundgebungen für die Gefangenen in Dublin und Belfast. An die 100 Republikanerinnen und Republikaner unterstützten die Gefangenen auf einer Kundgebung in Armagh City. Diese war im Anschluss eines White-Line-Protests entlang dreier Hauptstraßen im nationalistischen Shambles-Wohngebiet von Armagh City.

 

Auf der Kundgebung wurde von Des Dalton betont, „der Kampf der Gefangenen ist Teil des größeren Kampfs gegen britische Unterdrückung in Irland“. Fergal Moore erklärte, es sei unsere Pflicht gegen diese schändliche Behandlung von republikanischen Gefangenen und dem Verlust des politischen Status’ die Stimme zu erheben.

 

Am 24. April wurde eine Protestkundgebung vor der britischen Botschaft in Dublin organisiert, an der Republikanerinnen und Republikaner aus Dublin, Leinster und Armagh teilnahmen.

 

Auf der Kundgebung berichteten Familienangehörige der Gefangenen, dass britische Sicherheitskräfte sie nach Besuchen des Öfteren auf ihrem Heimweg verfolge. Einschüchterungsversuche und Repression gegen Familienangehörige stehen auf der Tagesordnung. Die Kundgebung endete mit dem Verbrennen des britischen Union Jack, dem Symbol britischen Terrorismus in Irland, durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

 

Zur selben Zeit wurden Informationstische und Kundgebungen für die politischen Gefangenen in Waterford City und Galway abgehalten.

 

„Kämpfen solange es notwendig ist!“

 

Ein Tag später versammelten sich über 100 Republikanerinnen und Republikaner vor dem Tor zum Hochsicherheitsgefängnis Maghaberry, um lautstark ihre Unterstützung mit den republikanischen Insassen zum Ausdruck zu nehmen.

 

Fergal Moore sprach auf der Kundgebung vor Angehörigen, Freundinnen, Freunden, Unterstützerinnen und Unterstützern der Gefangenen und versprach, „der Kampf werde solange weitergehen, solange es notwendig ist“ und politischer Status wieder hergestellt werde.

 

Brendan Magill, langjähriger Republikaner und ehemaliger politischer Gefangener, berichtete, dass die Gefangenen in guter Stimmung seien, als er sie im Gefängnis besuchte. Er warnte jedoch, dass es eine lange und harte Strecke werde und strich vor allem den Fall des in britischer Geiselhaft sich befindlichen Martin Corey heraus.

 

Josephine Hayden, ebenso ehemalige politische Gefangene und Mitglied des Republican Sinn Féin Gefangenen-Departement, rief dazu auf, den Gefangenen Briefe zu schreiben. „Es ist wichtig, den Männern zu zeigen, dass sie unterstützt werden“, so Hayden.

 

Während der Kundgebung besuchte der Präsident von Sinn Féin, Des Dalton, die Gefangenen in Maghaberry. Im Anschluss daran erklärte er, die Gefangenen würden in den Fußstapfen früherer Generationen irischer Republikanerinnen und Republikaner im Kampf für Verteidigung des politischen Status, wandern.

 

„Die republikanischen Gefangenen in Maghaberry sind in der Tradition von Republikanerinnen und Republikanern, die sich der gesamten Geschichte hindurch sich dem Versuch ihren Kampf für Freiheit zu kriminalisieren, widersetzt haben. Die Gefangenen haben durch ihren Protest, der zu Ostern begonnen wurde, eine klare Botschaft gesetzt und jene Lügen gestrafft, die behaupten, es gebe keine politischen Gefangenen in Irland.

 

„Aufgrund ihrer Haltung werden ihnen nun die grundlegenden Menschenrechte genommen, sie sind 23 Stunden pro Tag eingesperrt und adäquate medizinische Versorgung und mit Nahrungsmitteln wird ihnen verwehrt. Der Versuch die Gefangenen zu kriminalisieren hat sich auch auf ihre Familien und ihre Besucherinnen und Besucher ausgeweitet. Drogenspürhunde werden eingesetzt, um Besuche zu verhindern, obwohl niemals Drogen bei republikanischen Gefangenen oder ihren Besucherinnen und Besuchern gefunden wurden.

 

„Die vor kurzem stattgefundene Internierung des langjährigen Republikaners Martin Corey zeigt, dass sich die Natur der britischen Herrschaft nicht gewandelt hat. Martin Corey wird als politischer Geisel gehalten, da er sich weigerte den Wunsch des irischen Volks auf nationale Freiheit zu widerrufen.

 

„Republican Sinn Féin ist in ganz Irland aktiv, um sicherzustellen, dass die Forderungen der Gefangenen gehört werden“, so Des Dalton.

 

Stellungnahme der politischen Gefangenen in Portlaoise

 

Am Samstag, 1. Mai, wurde eine sehr erfolgreiche Kundgebung in Unterstützung der Gefangenen in Portlaoise organisiert. Die republikanischen Gefangenen in Portlaoise waren zu dieser Zeit in Solidarität mit ihren Genossen in Maghaberry in einem 48-stündigen Hungerstreik.

 

In einer Stellungnahme erklärten die politischen Gefangenen in Portlaoise: „Von Freitag, 30. April, 8 Uhr morgens, bis Sonntag, 2. Mai, werden wir keine Nahrungsmittel außer Wasser zu uns nehmen. Durch dieses 48-stündige Fasten wollen wir unsere Solidarität mit den republikanischen Gefangenen in Maghaberry zum Ausdruck bringen.

 

„Wir erfuhren von den schlechten Zuständen, in denen unsere Genossen aufgrund ihrer politischen Überzeugung und ihrer Weigerung die britische Herrschaft in Irland zu akzeptieren, leben müssen.

 

„Wir tun alles, was in unserer Macht steht, sie in ihrem Kampf für politischen Status für sich, aber auch für uns, zu unterstützen. Alleine, weil wir nicht die Vorschläge des irischen Freistaats, der Provisionals und der Briten unterstützen, werden wir als Kriminelle gebrandmarkt. Sollen sie sagen was sie wollen und sollen sie tun, was sie wollen.

 

„Aber wir sagen zu ihnen: ‚Ihr werdet nie unsere Überzeugung und unsere wahren republikanischen Prinzipien brechen können.’ Wir rufen alle auf, treu die Republik  aus allen 32 Grafschaften zu unterstützen. Bleiben wir auf dem Weh des fortgesetzten Kampfes und der Ideal von Republican Sinn Féin. Go raibh maith agaibh. Tiocfaidh ár lá!“

 

Am selben Tag wurden Proteste ebenso an der Falls Road in Belfast organisiert. Zudem kam es im vergangenen Monat zu Kundgebungen in Dungannon, Waterford, Armagh, Strabane, Newry, Crossmaglen, Cork, Dublin oder Galway.

 

Für Anfang August 2010 ist in Belfast eine Demonstration in Solidarität mit den republikanischen Gefangenen geplant,

 

Republican Sinn Féin wird die Kampagne in Verteidigung des politischen Status in den kommenden Wochen weiter fortsetzen. Wir werden berichten…