Kaum offizielle Treffpunkte für die Delitzscher Jugend – woran liegt’s?

Erstveröffentlicht: 
05.05.2017

Braucht Delitzsch eine andere Form der Jugendarbeit? Diese Frage drängt sich im Hinblick auf die Jugendlichen, die am Wallgraben so manchem Anwohner auf den Nerv gingen wohl auf. Doch wo sollen Jugendliche hin in Delitzsch und den Ortsteilen? Welche Treffs gibt es überhaupt?

 

Delitzsch. Teenager sagen, dass sie nur „chillen“ wollen, am liebsten an der frischen Luft. Erwachsene stören sich meist an den Jugendlichen, die am Wallgraben ihre Freizeit verbringen. Inzwischen sind die immer häufiger im Stadtpark. Zuhause ist nach wie vor für die meisten von ihnen keine Option und auf das Jugendhaus Yoz steht wohl nicht jeder von ihnen. Da steht die Frage: Wo sollen sie denn dann hin? 

 

Resonanz reicht nicht


„Ja, wo wollten sie denn hin?“, könnte man genauso gut fragen. In die Jugendclubs nicht. Die Stadt hat sie geschlossen, weil die Nutzer fehlten beziehungsweise nicht in einer ausreichenden Zahl kamen, um den Kosten verursachenden Betrieb der Einrichtungen zu rechtfertigen. Einen Jugendclub gab es 2007 zum Beispiel mit dem Schülerfreizeitzentrum, das 2008 in das Angebot des Soziokulturellen Zentrums überging.

 

Vor zehn Jahren gab es zudem noch in den Ortsteilen Benndorf, Laue und Spröda jeweils einen Jugendclub – im Sinne der entsprechenden Richtlinie übrig blieb nur Spröda. Man muss bei diesem Komplex bedenken: Kinder- und Jugendarbeit wendet sich grundsätzlich an alle unter 27 Jahre, Jugendclubs sind also nicht als Treffpunkte „Alter“ gedacht. Die Auslastung mit entsprechend jugendlichem Publikum war in den städtischen Objekten nicht mehr gegeben. Es war wohl kein Interesse da. Es gibt schließlich, so die Verwaltung, viele Angebote im Ganztagsbereich der Schulen und von Vereinen. Die Kinder- und Jugendarbeit in Sportvereinen wird von der Stadt mit 30 Euro pro Kopf im Jahr gefördert.

 

Die Treffs in Benndorf und Laue sind so mangels Resonanz im vergangenen Jahr geschlossen worden, werden aber durch die Jugendfeuerwehr in Benndorf und durch einen Freizeitverein in Laue als Treffpunkte genutzt – dafür wurden Eigenleistungen erbracht. Der Club in Benndorf wurde laut Stadtverwaltung selbst nach Umbaumaßnahmen von Jugendlichen nicht angenommen und daher geschlossen. Immer wieder hatte der Ortschaftsrat versucht, den Jugendtreff zu beleben.

 

Auch die Ursachenforschung, warum die 200 Quadratmeter große Einrichtung nicht angenommen wird, war wenig erfolgreich, endete zumeist in pauschalen Feststellungen wie „die heutige Jugend sitzt lieber am Computer“. Für Ortsvorsteher Torsten Köppen (Freie Wähler) ist es „eine unbefriedigende Situation“. Die Auffassung des Ortschaftsrates, der Treff sei ein städtischer und deshalb müsse sich die Stadt für die Nutzung stark machen, trifft auf wenig Reaktion in der Verwaltung. 

 

Keine Chance für eine aufsuchende Sozialarbeit


Ein weiteres Problem der Treffpunkte: Im Gegensatz zu Treffs wie dem Yoz gab und gibt es dort keine eigenständigen Personalstellen. Die Betreuung wurde über Arbeitsmarktmaßnahmen wie ABM umgesetzt. Jugendliche können sich vertrauensvoll an Schulsozialarbeiter oder auch Angebote wie Jugendcafé und die Jugendberatung im Schalom-Begegnungszentrum in der Mauergasse wenden.

 

Eine sogenannte aufsuchende Jugendarbeit gibt es aber nicht. Der Ruf danach sei vor dem Hintergrund des Phänomens am Wallgraben verständlich, heißt es aus dem Rathaus. Eine aufsuchende Jugendarbeit müsste als Bedarf in den Jugendhilfeplan des Landkreises aufgenommen werden. Der aktuelle Plan ist gerade erst beschlossen und das Thema damit vorerst durch.

 

Schulsozialarbeit kann nicht zu aufsuchender Jugendarbeit umgemünzt werden. Ein Einsatz außerhalb der Bildungseinrichtungen ist nicht möglich, für diese Stellen der Schulsozialarbeit gibt es klar festgeschriebene und bewilligte projekt- und einrichtungsbezogene Konzepte. Durch Mitarbeiter des Bürgerbüros und des städtischen Sachgebietes Jugend und Soziales gab es laut Verwaltung bereits Gespräche und Kontakte am Treffpunkt Wallgraben.

 

Von Christine Jacob und Ditmar Wohlgemuth