Arbeiten hinter Knastmauern

Erstveröffentlicht: 
21.04.2017

Zwölf Häftlinge sind in den drei Betrieben der JVA tätig. Eine Herausforderung ist das nicht, aber trotzdem wichtig.


Von Tina Soltysiak

Waldheim. Wenn die „harten Jungs“ in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Waldheim medizinische Wattepads wiegen und verpacken, mag dies ein ungewöhnlicher Anblick sein. Allerdings ist es gleichzeitig eine sinnvolle Beschäftigung für die Insassen.

 

Die Tätigkeit ausgeführt haben sie im Auftrag der Lemoine Germany GmbH mit Sitz in Oederan. „Wir arbeiten vorrangig mit den Behindertenwerkstätten in der Region zusammen. Die Kapazitäten waren aber ausgeschöpft, deshalb haben wir uns zunächst an die JVA Chemnitz gewandt. Dadurch sind die Justizvollzugsanstalten Waldheim und Zeithain auf uns aufmerksam geworden, sodass wir dorthin ebenfalls Aufträge vergeben haben“, sagt Nancy Weiße, die im Unternehmen für die Produktionsabrechnung zuständig ist. Das sei eine klassische Win-win-Situation. „Für die Häftlinge ist es eine leichte Tätigkeit und für uns ist die Produktion kostengünstig“, sagt sie. Jeweils einen Monat hätte die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr mit den Anstalten in Waldheim und Zeithain gedauert. „Mit dem Ergebnis der Arbeit waren wir zufrieden“, so Nancy Weiße.

 

Viele Firmen halten sich bedeckt

 

So offen wie das Oederaner Unternehmen gehen nicht alle Firmen damit um, dass sie Teile ihre Waren von den Gefangenen fertigen lassen. Auf der sonst etwa für Bekennerschreiben bekannten Plattform Indymedia wurde kürzlich anonym eine Liste von Betrieben veröffentlicht, die offenbar in Sachsens JVA arbeiten lassen. Für Waldheim werden insgesamt drei aufgeführt. Eine war für den DA nicht erreichbar, die andere lässt schon länger Teile fertigen, möchte sich aber nicht äußern. Das müssen die Unternehmen auch nicht, heißt es auf Anfrage aus dem sächsischen Justizministerium: „Eine Veröffentlichung der Firmen, die in den sächsischen Justizvollzugsanstalten als Unternehmerbetriebe tätig sind, kann nur mit deren Zustimmung erfolgen. Diese Zustimmung wurde durch folgende drei Unternehmen erteilt: V. D. Ledermann & Co. GmbH (JVA Bautzen), Ralf Schneider Produktion & Montage (JVA Bautzen) und Briloner Leuchten GmbH (JVA Dresden)“, so Ministeriumssprecher Jörg Herold.

In der JVA Waldheim ist man indes froh, dass es Unternehmen gibt, die den Gefangenen eine sinnvolle Arbeit ermöglichen. „Aktuell arbeiten zwölf Strafgefangene in den drei Unternehmerbetrieben“, so JVA-Sprecherin Michaela Tiepner. Dabei handele es sich um körperlich leichte Tätigkeiten, „die gleichsam keine besondere geistige Beanspruchung darstellen: beispielsweise Sortieren von Kleinteilen, Zusammenfügen von Bauteilen, Konfektionieren und Verpacken von Materialien“.

Für die Gefangenen bedeutet die sinnvolle Beschäftigung eine geordnete Tagesstruktur, eine Bezahlung nach der sächsischen Justizvollzugsvergütungsordnung sowie auch eine Wertschätzung ihrer Arbeit. „Von der Vergütung verbleiben dem Gefangenen sechs Zehntel als Hausgeld, über das der Gefangene grundsätzlich frei verfügen kann. Von den restlichen vier Zehnteln ist gegebenenfalls der Haftkostenbeitrag zu entrichten, beziehungsweise kann auf Antrag des Gefangenen Überbrückungsgeld gebildet werden. Dieses wird für die ersten notwendigen finanziellen Schritte nach der Entlassung verwendet, wie zum Beispiel Mietkaution, Einrichtungsgegenstände und dergleichen“, erklärt Michaela Tiepner.

 

Hohe Nachfrage nach Jobs

 

Im Sinne des Resozialisierungsprozesses sei es wichtig, den Gefangenen einen gut strukturierten Tagesablauf zu gewährleisten, der sich an den Gegebenheiten des Lebens außerhalb der Gefängnismauern orientiert. Dabei spielt Arbeit eine wesentliche Rolle. „Durch diese Beschäftigung in einer JVA werden berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten erhalten, gefestigt und mitunter erweitert“, so Michaela Tiepner.

Die Häftlinge können arbeiten, müssen aber nicht. Die entsprechende Pflicht wurde 2013 abgeschafft. „Gefangene haben die Möglichkeit, sich in der Anstalt für einen bestimmten Arbeitsbereich zu bewerben. Tun Sie das nicht, haben sie keine Sanktionen zu befürchten“, erklärt die JVA-Sprecherin. Die Nachfrage nach einer Beschäftigung sei grundsätzlich sehr hoch. „Leider ist es nicht möglich, den Wunsch aller Gefangenen zu erfüllen. Daher ist es ein Grundanliegen der Arbeitsverwaltung einer Justizvollzugsanstalt, das Beschäftigungsangebot für Gefangene, auch durch Gewinnung von Unternehmerbetrieben, ständig zu erweitern.“

 

(mit SZ/csf)