Die Europäische Union hat gerade einen schweren Stand. Trotzdem gibt es Menschen, die das Projekt EU aus vollem Herzen unterstützen. Sie haben sich in der Initiative "Pulse of Europe" zusammengefunden und mobilisieren EU-Befürworter in ganz Deutschland. In Sachsen gab es schon Demos in Dresden und Leipzig. Am Sonntag war in Zwickau Premiere.
Das Wetter hatte es gut gemeint mit dem Zwickauer Ableger der Pro-EU-Bewegung "Pulse of Europe". Bei schönstem Sonnenschein kamen knapp über 100 EU-Befürworter zur Demo ins Zentrum der Muldestadt, um zu zeigen, dass es nicht nur EU-Kritiker gibt. Organisiert hat die Aktion in Zwickau Dominik Jahre. "Wir wollten mit dem Aufruf ein positives Zeichen setzen und Begeisterung für Europa erzeugen", erklärt der Psychotherapeut sein Engagement.
Viel Europa - wenig EU
Entsprechend klingt dann auch Jahres Begrüßungsrede am Rande des Zwickauer Hauptmarktes, auf dem sich an diesem Sonntag die Massen beim großen Ostermarkt drängen. Europa sei ein Friedensprojekt und viel zu wertvoll, als dass man es aufs Spiel setzen könne, sagt er. 70 Jahre ohne Krieg seien das Ergebnis von Europa und Europa sei es auch, das Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit gewähre.
In Jahres Rede ist viel von Europa die Rede aber kein einziges Mal von der EU. Geht es bei den "Pulse of Europe"-Demonstrationen nicht um die EU? "Ja natürlich geht es um die EU", sagte er später. Aber mittlerweile würden die Begriffe ja synonym verwendet. "Das Wort Europa weckt natürlich mehr Emotionen als EU. Und wir wollen ja Gefühle und Begeisterung wecken. Die EU steht für uns nicht zur Disposition. Sie ist ein Wert an sich", so der Demo-Organisator.
Jahres Rede findet viel Beifall bei den Anwesenden, dann wird das Mikro freigegeben. Konstanze König ist eine der ersten, die ihre Gedanken schildert. Doch bei ihr klingen auch kritische Töne durch. In der Flüchtlingspolitik habe Europa versagt und die Außen- und Sicherheitspolitik findet die Gemeinschaftskundelehrerin aus Crimmitschau "grottenschlecht". Das seien Felder an denen die EU arbeiten müsse, um das Vertrauen vieler Bürger zurückzugewinnen, ist sie sich sicher.
Brexit-Wirkungen hautnah
Julia Shaw steht mit ihrer Mutter und ihren beiden Kindern in der Menge und hört aufmerksam zu. Für sie ist die EU bis vor kurzem Alltag gewesen – bis zum Brexit. Denn die 40-Jährige lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Oxford in England. "Ich bedaure sehr den Ausstieg von England aus der EU. Ich weiß nicht wie es für uns in England weitergeht. Bisher hatten wir als EU-Bürger keine Probleme. Jetzt wird es, glaube ich, schwierig."
Deshalb ist Shaw konsequent für die EU und findet es gut, dass hier in Zwickau demonstriert wird, ihren Sohn hat sie schon mit einer blauen EU-Fahne ausgestattet. Auch Herbert Siebert ist ein EU-Fan. Der Rentner aus Wildenfels bei Zwickau will vor allem ein Zeichen setzen. "Ich habe den Eindruck, es gehen immer nur Rechte auf die Straße. Das können wir nicht zulassen, deshalb bin ich hier und will ein Zeichen setzen." Die Reisefreiheit, der Euro, der Frieden in Europa oder die positive Entwicklung in den östlichen EU-Ländern seien doch phantastisch. "Was Negatives fällt mir eigentlich gar nicht ein", sagt er und schmunzelt.
Politik muss reagieren
Das sieht auch Axel Ziegler so. Der Endvierziger ist eigentlich wegen des Ostermarktes ins Stadtzentrum gekommen. "Von der EU-Demo wusste ich nichts. Ich finde es aber gut, dass sich jetzt auch die Befürworter zu Wort melden." Er findet es sehr bedenklich, dass in Europa immer mehr Rechtspopulisten Oberwasser bekämen. "Da hat die Politik versagt, denn irgendwie bedienen die Kritiker ja Stimmungen, die es bei den Leuten gibt". Umso wichtiger sei es dafür zu sorgen, dass das Projekt nicht scheitere.
Als Dominik Jahre nach einer dreiviertel Stunde das blau-gelbe "#PulseOfEurope"-Plakat zusammenrollt, ist er zufrieden. "Es war ein phantastischer Auftakt. Wir wollten ein positives Zeichen setzen und ich denke, das ist uns gelungen." Deshalb werde die Zwickauer Truppe auch weitermachen. "Am liebsten jeden Sonntag bis zur Bundestagswahl."