[HH] koZe Verfahren Update und Einladung

KoZe HH
Alles zum G20-Gipfel 2017 auf Indymedia linksunten
Kurzankündigung: Gerichtsverhandlung zur koZe-Hofinvasion - Am 27.07.2015 sind Cops ins Kollektive Zentrum (koZe) in Hamburg eingebrochen und haben 4 Leute festgenommen (1). Seither sind 5 Personen von Ermittlungen und Strafverfahren betroffen, u.a. wegen schwerem Hausfriedensbruch, Nötigung, Widerstand und in einem Fall Köperverletzung gegen Polizeibeamte (2). Die erste Person steht jetzt vor Gericht. Wir berichten zunächst vom Prozesstag am 27. Februar, wo ein BFEler befragt wurde. Daraufhin geben wir euch Infos zum kommenden Termin am 31.3. ab 9:15 Uhr Amtsgericht St. Georg Raum 104, wo der damalige Einsatzleiter aus St. Georg (PK11) und inzwischen ins Polizeipräsidium versetzte (3) Bulle Nieberding geladen wird. Außerdem war Hartmut Dudde (Gesamteinsatzleiter beim G20 und durch diverse Rechtsverstöße bekannt) an dem tag mit von der partie und ist auch geladen. Unterstützung der Betroffenen aller Art ist willkommen, Transpis und Infomaterial mitbringen.

 

Prozessbericht 27.2.2017

Verhört wurde an diesem Tag ausschließlich der Beamte Rein aus der IV. Hundertschaft Beweißsicherung- und Festnahmeeinheit (BFE) in Hamburg.
 
1. Tagesablaufsbeschreibung:

Nach seinem Dienstbeginn um 4.00 Uhr stand er mit seiner Truppe östlich hinter der Eisenbahnbrücke auf der Norderstraße versteckt und wartete auf seinen Einsatzbefehl, den er später auch bekommen sollte. Auftrag lautete Räumung des Hofes, Freimachung des Tores und anschließend auch Personalienfeststellung der beteiligten Personen vor Ort. Er brach also mit seinem Zug später durch die angeblich offen stehende Aula des östlichsten Schulgebäudes von hinten auf den Hof ein (taktische Annäherung nennt man das wohl) und fand sich wenig später auf der auf einem Tisch fixierten Angeklagten wieder. Die wäre zwar nur eine Frau und könne sich daher ja nicht befreien, hätte aber hysterisch geschrien und versucht, sich aus dem Kreuzfesselgriff zu winden. Ob er ihr vorher gesagt hätte oder auch nicht, dass er ihre Personalien feststellen will, wisse er leider nicht mehr. So weit, so Standard

2. Die "Besondere Aufbauorganisation"

Spannend wird es, wenn man sich die Befehlskette der "Besonderen Aufbauorganisation (BAO) kollektives Zentrum" anschaut. Die weiß so ein kleiner BFEler namentlich zwar nicht bis ganz zum Ende, ist er doch schließlich das letzte Hierarchieglied hinter seinem Zugführer, dem Einsatzleiter der Hundertschaft, der sachlichen Bearbeitung durch das LKA7 und dem ominösen Einsatzleiter in der Polizeiführung. (Der Einsatzleiter in der Polizeiführung war scheinbar Hartmut Dudde. s.u.) Ob es in dieser Kette mal jemanden gegeben hat, der sich eine offizielle Räumungsklage von einem Gericht hat bestätigen lassen oder den förmlichen Weg für eine Amtshilfe gegangen ist, wie es von Nöten gewesen wäre, ist unklaraber nie passiert

3. Schlägerbulle auf Video

Spannend war die Reaktion der StA, als die Verteidigung ankündigte ein Video anzuschauen (https://www.youtube.com/watch?v=8g5IVdoqFZs), welches die Festnahme der Angeklagten zeige. Anders als in der Aussage des Zeugen werde dort nämlich sichtbar, wie er die Angeklagte nicht nur fixiert, sondern auch gezielt nach ihr schlägt. Man konnte sehen, wie wenig das der StA gefiel, sodass sie sogar dem Verteidiger vorwarf, er würde Prozessverschleppung begehen, weil er das Video erst jetzt einreiche. Dann wäre natürlich auch die Falschaussage des Zeugen nicht so deutlich geworden. Dies konnte die Verteidigung jedoch leicht kontern, da das Video schon seit über einem Jahr auf Youtube öffentlich einsehbar ist und bei einer gründlichen Anklage auch hätte gefunden werden können.

4. Bullen-Einsatzleiter Nieberding und Dudde werden als Zeugen geladen

In einem ausführlichen Antrag beantragte der Verteidiger zum Schluss, weitere Polizeizeugen zu laden. Um herauszufinden, wie der Einsatz zu stande gekommen ist, müssten die Verantwortlichen geladen werden. Dies seien nicht nur Hr. Nieberding, sondern auch Hr. Dudde, wie in der bisherigen Befragung deutlich geworden sei. Es sei notwendig herauszufinden, ob der Einsatz überhaupt rechtmäßig gewesen sei. Denn der Anklagepunkt "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" ist nach §113 Abs. 3 StGB nicht strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig war (6). Dies könnte sowohl den ganzen Einsatz betreffen, für den ein Räumungstitel notwendig gewesen wäre, sondern auch für die Personalienfeststellung. Diese hätte angekündigt werden müssen, woran der Zeuge Rein allerdings Zweifel offen lies.  Beide werden am jetzigen Freitag durch die Richterin in den Zeugenstand geladen.

Hartmut Dudde (4) ist Leiter des Führungstabes der Polizei Hamburg zum G20. "Mit der Ernennung Hartmut Duddes zum Gesamteinsatzleiter für den G20 wurde dem Widerstand eine klare Ansage gemacht. Dudde ist Schill-Protegé und als harter Hund bekannt. Immer wieder wurden seine Einsätze im Nachhinein für illegal erklärt. Er war als Gesamteinsatzleiter u.a. Mitverantwortlich für die Eskalation der Flora-Demo vom 21. Dezember 2013. Anscheinend hat sich Dudde mehr als verdient gemacht. Ihm wird die Erfindung der sogenannten Hamburger Linie zugerechnet, die auf hartes repressives Vorgehen gegen Demonstrationen beruht" heißt es auf https://linksunten.indymedia.org/en/node/204438. Dort wird auch auf eine Anfrage der Linken im Hamburger Senat zur Unrechtmäßigkeit der Einsätze Duddes verwiesen (5).

Also kommt und unterstützt die Betroffenen auch an diesem Prozesstag: 
Freitag 31.3. ab 9:15, ganztägig angesetzt, im Amtsgericht St. Georg,  Lübeckertordamm 4 in Raum 104.

Still loving koZe.
einige Prozessbeobachter_innen

Fußnoten:

(1) [HH-koZe] Erklärung des kollektiven Zentrums (koZe) zur Hof-Invasion am Montag, den 27.07.2015: https://linksunten.indymedia.org/de/node/149668 
(2) Update zu den koZe-Hoftorverfahren: Prozesstermin 14.12. https://linksunten.indymedia.org/de/node/198922 
(5) Eine Anfrage zu "Eskalationen und Rechtsverstöße unter Einsatzleitung von Hartmut Dudde": http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/48192/eskalationen-und-rechtsverst%c3%b6%c3%9fe-unter-einsatzleitung-von-hartmut-dudde.pdf
(6) §113 StGB (3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig. (4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.