Widerstand und Solidarität im Alltag - Berlin, Reuterkiez, Nord-Neukölln. Das ist die Gegend, in der berlinweit die Mieten in den letzten 5 Jahren am stärksten gestiegen sind (über 80%), in der der Verdrängungsdruck auf viele Bewohner*innen und auch Gewerbetreibende -trotz (Pseudo-)Milieuschutz- sehr groß ist. Doch auch hier gibt es Widerstand: Mehrere mietenpolitische Gruppen, kämpferische Hausgemeinschaften und eine lokale Kiezversammlung, die es seit fast zwei Jahren gibt, zeugen davon.
Und hervorzuheben: Hier gibt es seit über 13 Jahren (noch) den Kiezladen Friedel54, welcher derzeit um seine weitere Existenz kämpft, da eine Zwangsräumung in absehbarer Zeit wahrscheinlich ist. Dieser hat sich in den vergangenen Jahren als Zentrum des Widerstands im Norden des Bezirks gegen die kapitalistische Stadtumstrukturierung und Verdrängung etabliert und hat auch der sich im Haus zusammengefundenen Hausgemeinschaft dazu verholfen, sich erfolgreich gegen die Modernisierungspläne der ehemaligen Eigentümer zur Wehr zu setzen. Fassadendämmung, Müllhäuschen und Co. blieben aus, die Mieten explodierten nicht. Seitdem ist der Kiezladen -neben der von ihm gegründeten Kiezversammlung- Anlaufpunkt für viele bedrohte oder besorgte Mieter*innen im Kiez.
Es gibt eine seit vielen Jahren fortwährend geführte Kommunikation mit den Nachbarn und Anwohner*innen: regelmäßiges Flyer verteilen, Plakatieren, Informieren, Gespräche führen, Tage "der-offenen-Friedel", gemeinsames Essen und Trinken gegen Spende (jeden Dienstag und Mittwoch +x) sowie einmal in der Woche die kostenlose Mietrechtsberatung. Und viel mehr! Diese nachhaltige Arbeit läuft konsequent unter dem eigentumskritischen Credo: "Die Häuser denen, die drin wohnen und sie nutzen!" und hat Spuren bei den Menschen im Kiez hinterlassen; Die Arbeit des Kiezladens hat dazu geführt, dass Menschen sich neue, grundlegende Fragen stellen, sich "empowern", aktivieren, radikalisieren, dass Menschen erkennen, was für Schweineren derzeit in Berlin stattfinden -im Immobilienbereich, aber auch darüber hinaus. Kurzum: Der Kiezladen Friedel54 ist fest im Kiez verankert und soll und muss genau dort bleiben, wo er gewachsen und verwurzelt ist: In der Friedelstraße 54!
Kein Wunder also, dass viele Leute und Läden im Kiez das genauso sehen und ihrer Solidarität mithilfe von Wimpeln und Transparenten Ausdruck verleihen. Wer derzeit wachen Auges durch den Reuterkiez läuft, wird viele solcher vom Herzen kommender Zeichen sehen können und auch die vormals eher unpolitische Bewohnerschaft des Hauses macht daraus schon lange keinen Hehl mehr. Aufkleber, Graffities, Plakate, Transparente und zunehmend bedruckte Wimpel zur Unterstützung prägen das Straßenbild. Flyer und Unterschriftenlisten liegen in mehreren Geschäften aus. Seit Anfang März gibt es jeden Sonntag ab 14 Uhr eine Kundgebung vor der Friedelstraße mit jeweils 100-250 Teilnehmern. Dort sind nicht nur die üblichen Friedelianer, solidarische Autonome und Anarchist*innen anzutreffen, sondern auch viele Kinder, viele ältere Leute, „Normalos“, Nachbarn!
Der Kiezladen Friedel54 hat es erfolgreich geschafft, zumindest teilweise aus der eher subkulturell geprägten linken Szene Berlins rauszukommen und vor allem mit den Themen Mietenexplosion, (Widerstand gegen) Verdrängung und Eigentumskritik auch „normale“ Menschen anzusprechen. Sorgen wir dafür, dass dieser Prozess weitergehen kann!
In diesem Sinne:
Für einen rebellischen, solidarischen Reuterkiez!
Nehmen wir uns die Stadt zurück und verteidigen wir den Kiezladen Friedel54, wenn er geräumt werden soll!
Solidarität statt Kapitalismus!
PS.: Jeden Sonntag 14-16 Uhr Kundgebung vor´m Haus: "Kiezladen bleibt, wir bleiben alle!"-WIR KOMMEN ALLE!