Erste Plädoyers im Ballstädt-Prozess erwartet: Rechtsextremer Hintergrund offenbar ohne Belang

Erstveröffentlicht: 
16.03.2017

Rechtsextremer Hintergrund der Angeklagten spielt für die Strafkammer bei der Entscheidung offenbar keine Rolle

 

Erfurt. Mit den ersten Plädoyers kommenden Mittwoch könnte der Ballstädt-Prozess um einen rechtsextremen Überfall auf eine Kirmesgesellschaft im Kreis Gotha dem Ende zugehen. Der Vorsitzende Richter Holger Pröbstel drängte bereits gestern auf den Abschluss der Beweisaufnahme. Nun will er diese kommende Woche schließen.

 

Danach würden der Vortrag der Staatsanwaltschaft mit möglichen Strafforderungen und die Plädoyers der Verteidiger der 15 Angeklagten folgen. Lässt sich der Zeitplan der 3. Strafkammer am Landgerichts Erfurt einhalten, könnten spätestens im Mai möglich Urteile gesprochen und das Verfahren beendet werden.

 

Das Gericht lehnte gestern mehrere Beweisanträge ab, darunter auch noch ausstehende der Nebenkläger. Einer dieser Anträge forderte, einige Fotos, Videos sowie Kommentare aus dem Internet zu einigen der Angeklagten in Augenschein zu nehmen. Damit sollten ihre rechtsextremen Einstellungen und Sympathien mit dem NSU-Neonaziterror belegen werden. 

 

Abhörprotokolle nicht in den Prozess eingeführt


Aus Sicht der 3. Strafkammer sind solche extremen Ansichten für die Entscheidung ohne Bedeutung. Richter Pröbstel betonte in der Ablehnung des Beweisantrags, dass die schweren Körperverletzungen vom 9. Februar 2014 nichts mit Neonaziterror zu tun hätten und es auch sonst keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der angeklagte Überfall mit politischem Hintergrund geschehen sei.

 

Die Nebenkläger äußerten sich gestern vor Gericht nicht zur Ablehnung ihrer Anträge.

 

Über Monate wurde das Verfahren auch von einer Auseinandersetzung um Abhörprotokolle des Verfassungsschutzes aus der Tatnacht geprägt. Als diese dem Gericht endlich vorlagen, machte die Kammer klar, dass sie die Unterlagen nicht ins Verfahren einführen werde.

 

In der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2014 überfiel laut Anklage eine gewalttätige Gruppe in Ballstädt die Feier der Kirmesgesellschaft. Dabei wurden mehrere der Überfallenen teils schwer verletzt.

 

Das Gros der Angreifer sollen aus der rechtsextremen Szene bekannte Personen gewesen sein. Als Grund für den blutigen Überfall wurde eine eingeworfenen Fensterscheibe am Haus eines der Angeklagten in Ballstädt genannt. Dafür, dass einer der Feiernden aus der Kirmesgesellschaft das Fenster eingeworfen haben könnte, blieben die Angeklagten und ihre Anwälte den Nachweis aber schuldig.

 

Bereits im Vorjahr hatte das Gericht die Angeklagten deutlich darauf hingewiesen, über Aussagen im Verfahren nachzudenken. Unter anderem DNA-Spuren würden für einige von ihnen eine Tatbeteiligung nahe legen. In mehreren Fällen hatten sich Angeklagte auch geäußert.

 

2014 waren die Ermittler vor allem aufgrund der Abhörprotokolle des Verfassungsschutzes den Verdächtigen auf die Spur gekommen.