[Leipzig] Wie kamen die verflixten Reporter an die Namen der 215 Tatverdächtigen von Connewitz?

Erstveröffentlicht: 
13.03.2017

Beim Stichwort Connewitz wird auch der Leipziger Landtagsabgeordnete Ronald Pohle (CDU) hellhörig. Und stutzig wurde er gar, als die L-IZ am 8. August 2016 über eine Liste mit 215 Namen von Tatverdächtigen berichtete, die am 11. Januar 2016 am Überfall auf den Ortsteil Connewitz beteiligt waren. Ein kleines Who-is-who der rechtsradikalen Hooligan-Szene in Sachsen.

 

Dass aber nun die Namen der Presse vorliegen und augenscheinlich auch in diversen linken Netzwerken herumgeistern, beunruhigt den Landtagsabgeordneten sichtlich. So sehr, dass er die Staatsregierung anfragte, ob hier nun wegen „widerrechtlicher Weitergabe persönlicher Daten“ ermittelt werde.

„Wurden Ermittlungen dazu angestellt wie die Namen der Beschuldigten im Sommer letzten Jahres zunächst in die Hände von Pressevertretern und in der Folge in die Hände vermeintlich Linksautonomer gelangen konnten?“, fragt er zum Beispiel.

Eine interessante Frage, wenn man bedenkt, welche Namen alle auf der Liste stehen und was andere Landtagsabgeordnete aufgrund dieser Hinweise mittlerweile alles abgefragt haben – und das gibt kein wirklich gutes Bild vom Zustand des Freistaats. Denn etliche der Randalierer vom 11. Januar 2016 haben eine ganze Latte kleiner und großer Straftaten auf dem Kerbholz, sind teilweise sogar Mitglied von radikalen Gruppen, die mit fremdenfeindlichen Anschlägen auffielen. Etliche hätten längst hinter Gittern sitzen müssen, so lang ist ihre Straftatenliste – doch augenscheinlich kommen Sachsens Gerichte nicht dazu, endlich den Prozess beginnen zu lassen.

Dass die Polizei trotzdem nicht ruht, wenn solche Namenslisten nach außen dringen, ist verständlich.

„Nach der Veröffentlichung der 215 Namen im Rahmen der Plakatierung im Stadtgebiet Leipzig am 30. Dezember 2016 wurden durch das Operative Abwehrzentrum der Polizeidirektion Leipzig umgehend entsprechende Ermittlungen eingeleitet“, teilt Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) mit. „Aufgrund fehlender belastbarer Erkenntnisse hinsichtlich der Veröffentlichung am 11. August 2016 wurde in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.“

Was übrigens ein übliches Prozedere ist, wenn bekannt wird, dass Daten aus Ermittlungen an die Öffentlichkeit gelangen. Es war auch nicht der einzige Fall.

„Im Jahr 2015 wurden zwölf und im Jahr 2016 21 Ermittlungsverfahren gemäß § 353b StGB‚ Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht‘ durch die sächsische Polizei registriert“, teilt Gemkow mit.


Wobei die Zahlen schon darauf hindeuten, dass augenscheinlich auch in der sächsischen Polizei so ein wenig der Frust darüber wächst, dass man zwar richtig hart arbeitet, um Täter zu ermitteln und insbesondere die Serienkriminellen aus dem rechtsradikalen Milieu endlich vor ihren Richter zu bringen. Und dann werden diese Prozesse einfach nicht eröffnet, verschimmeln die Akten jahrelang auf irgendwelchen Schreibtischen, ohne dass so recht klar wird, woran das liegt: Fehlt es an Richtern? Fehlt es an Staatsanwälten? Oder werden gerade diese Akten gern liegen gelassen, weil man keine Lust hat, sich ständig mit den rechtsradikalen Rabauken herumzuschlagen?

Für die Polizisten ist das mehr als frustrierend, erst recht, wenn sie immer wieder dieselben Kraftmeier und Gewalttäter ertappen, Beweise sichern und dafür sorgen, dass die Unbelehrbaren reif sind für einen Prozess – und nichts passiert.

Aber was passiert in einem Land, in dem die Regierenden nicht mal diesen nur allzu verständlichen Frust wahrnehmen und die rechten Hooligans für ihre Taten auch zeitnah bestrafen? Die Presse kann nur den Finger in die Wunde legen und mahnen. Für eine funktionierende Justiz muss die Politik sorgen.