Angriff auf die Demokratie In Sachsen fürchten sich immer mehr Politiker

Erstveröffentlicht: 
12.03.2017

In Sachsen keimte Pegida auf, in Sachsen gibt es besonders viele Übergriffe auf Flüchtlinge, und in Sachsen werden jetzt  besonders häufig Amts-und Mandatsträger attackiert. Vor allem  Politiker der Linkspartei und der AfD sind Ziele von Morddrohungen und Überfällen. Was steckt hinter dieser feigen Wut?

 

Leipzig-Grünau. Bis zum Mauerfall befand sich dort das zweitgrößte Plattenbauviertel der DDR. Manche Wohnsilos sind abgerissen, andere mit Farbe aufgehübscht worden. 44 000 Menschen leben heute noch in Grünau. Das Viertel ist beliebt, weil die Mieten günstig sind, und die Infrastruktur gut ist. Direkt am Eingang einer neuen Einkaufspassage befindet sich das Bürgerbüro der AfD. Obwohl es draußen kalt ist, steht die Tür weit offen. 

 

Anschlag mit Buttersäure auf das Bürgerbüro der AfD


Die Reporterin bemerkt sofort, dass es in den Räumen stinkt. Buttersäure, erklärt Uwe Wurlitzer, Abgeordneter der AfD im sächsischen Landtag und auch Generalsekretär seiner Partei. Nachts wurde eine Fensterscheibe eingeschlagen und die stinkende Buttersäure ins Bürgerbüro geschleudert.

 

Obwohl neu gestrichen wurde, bleibt der Gestank. Ein Täter konnte nicht gefunden werden. Kein Einzelfall. Immer wieder kommt es zu Sachbeschädigungen. Wurlitzer sagt, dass die AfD in Sachsen bereits 200 Anzeigen gestellt habe, aber nie sei bei den Ermittlungen etwas herausgekommen.

 

"Mittlerweile ist es sogar so, dass wir im Landtag einen Fonds aufgelegt haben für die Abgeordnetenbüros, nämlich da, wo sie  keine Versicherung mehr bekommen, müssen sie ja selbst bezahlen."

Uwe Wurlitzer, AfD-Abgeordneter im sächsischen Landtag

 

Morddrohung gegen Oberbürgermeister


Derzeit ist Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert, FDP, immer von einer Riege schwer bewaffneter Polizisten umgeben. Sein Leben ist in Gefahr. Via Facebook hat das Stadtoberhaupt eine Morddrohung bekommen. Bei der Einweihung einer Skulptur dreier aufrecht gestellter Busse des Deutsch-Syrers Manaf Halbouni auf dem Dresdner Neumarkt hatte der Oberbürgermeister über die verheerende Lage in Aleppo  gesprochen. Dann aber hatte er die Verbindung zur Zerstörung Dresdens 1945 gezogen und dabei unmissverständlich klar gemacht, dass Dresden keine "unschuldige" Stadt gewesen war, sondern Teil des Nazi-Regimes. Das hat offensichtlich die Wut gegen Hilbert ausgelöst. Fragt die Reporterin auf der Straße, wie die Bürger es finden, dass ihr Oberbürgermeister bedroht wird, dann antworten einige, dass auch Frau Petry und Frau Storch von der AfD Morddrohen bekommen. Und ein Dresdner gibt zu:  "Ja, beide Seiten haben sich verhärtet."

Tote Tiere und Fäkalien im Büro

Chemnitz, die drittgrößte Stadt in Sachsen. Im Stadtteil "Sonneberg" befindet sich das ehemalige Bürgerbüro von Susanne Schaper. Die gelernte Krankenschwester ist seit fast zwanzig Jahren Fraktionschefin der Partei Die Linke im Stadtrat. Seit 2014 sitzt Schaper auch als Abgeordnete im Landtag. Ihr Bürgerbüro ist inzwischen leergeräumt. Der Besitzer hat gekündigt, denn er sorgte sich um die Sicherheit der Wohnungsmieter im Haus. Mehr als 20 Anschläge gab es auf das Bürgerbüro der Linken in Chemnitz. Tote Tiere und Fäkalien wurden hineingeworfen, Hakenkreuze geschmiert. Dazu wurde die Politikerin noch im Internet angepöbelt.

 

"Mein Konterfei wurde ersetzt durch die Überschrift `Zecken`und dann wurden mit einer Lackfarbe die ganze Fassade und das Büro beschmissen, also es war ein unerträglicher Zustand."

Susanne Schaper, Die Linke, Chemnitz

 

Schaper mutmaßt, dass Rechtsextremisten das Viertel als ihren Kiez abstecken wollen. Trotz der persönlichen Belastung und Furcht will die Politikerin aber nicht aufgeben, sondern weiter Haltung zeigen.