Neonaziaufmarsch am 18. März 2017 in Leipzig: Keine Route durch Connewitz?

Am 18. März „Sperrmüll hier ablegen“

Die Neonazis werden voraussichtlich nicht ihre Wunschroute laufen dürfen und sind dementsprechend verärgert, wie eine Pressemitteilung der Partei “Die Rechte” zeigt. Nach dem Willen der Stadt sollen sie vom S-Bahnhof MDR über die Semmelweisstraße und die Straße des 18. Oktober bis zum Bayerischen Bahnhof laufen.

 

Damit könnte der Plan der Nazis, durch Connewitz zu marschieren, abermals scheitern. Es ist davon auszugehen, dass “Die Rechte” gegen die Verlegung des Aufmarschs vor Gericht ziehen wird. Wie dort entschieden wird, ist ungewiss. Die genaue Route der Nazis wird womöglich erst am Tag selbst feststehen. 

 

Wie viele Nazis sind zu erwarten?


Im Vergleich zum Aufmarsch am 12. Dezember 2015 mobilisieren die Nazis dieses Mal stärker. So wurden beim Neonaziaufmarsch am 11. Februar 2017 in Dresden entsprechende Flyer unter die rund 750 TeilnehmerInnen gebracht. Zudem bieten die Nazis T-Shirts mit dem Aufdruck “18. März 2017 – Leipzig bleibt Deutsch” an.

 

Der Pressesprecher der Polizei gab an, dass die Einsatzkräfte mit mehr als den 400 angemeldeten Neonazis rechnen. Andererseits nahmen an einem Aufmarsch der Partei “Die Rechte” am vergangenen Wochenende in Wuppertal nur 70 statt der angemeldeten 150 Neonazis teil, nicht mal der Anmelder Christian Worch erschien. Worch hat auch den Aufmarsch am 18. März angemeldet, doch ob er in seiner “Frontstadt” auftaucht, bleibt ungewiss. Schon im Dezember 2015 sah der 60-Jährige nicht mehr besonders gesund aus.

 

Als Redner haben die Neonazis bisher den nordrhein-westfälischen “Die Rechte”-Landesvorsitzenden Sascha Krolzig und den niedersächsischen Landesvorsitzenden Holger Niemann angekündigt. Dies lässt vermuten, dass am 18. März auch Neonazis aus den westdeutschen Bundesländern anreisen werden. 

 

Die Polizei


Über ihre Personenstärke am 18. März hält sich die Polizei erneut bedeckt. Sie bleibt damit ihrer neuen Linie treu, im Vorfeld auf eine PR-Show des Leipziger Polizeipräsidenten zu verzichten, die früher üblich war.

 

Lediglich das öffentliche Lügen im Nachgang wird eine Konstante bleiben. Vorgestern ließ der Leipziger Polizeipressesprecher Andreas Loepki verlauten, dass es seiner Meinung nach nur “vermeintliche Unbeteiligte” gibt und sich daher niemand wundern solle, wenn die Polizei wie gewohnt alle angreift, die in Reichweite sind. Ihre persönlichen politischen Ansichten lassen Loepki und sein Kollege Uwe Voigt dabei regelmäßig in ihre Pressearbeit einfließen, wie ein anderes Beispiel aus dieser Woche zeigt.

 

Beim Neonaziaufmarsch am 12. Dezember 2015 setzte die Polizei 1600 BeamtInnen ein, darunter ca. 130 in ziviler Kleidung und 30 BeamtInnen des Landeskriminalamts. Für den 18. März 2017 sind 49 Hundertschaften eingeplant. Das wäre der größte Polizeieinsatz in Leipzig seit 1989, der sogar das 44 Hundertschaften umfassende und insgesamt 5100 Personen starke Polizeiaufgebot des 21. Januar 2015 übertreffen wird.

 

Zu beachten ist, dass immer noch nach Tatverdächtigen von militanten Aktionen am 12. Dezember 2015 gefahndet wird. Womöglich erhofft sich die Polizei, einige von ihnen am 18. März dingfest zu machen. Achtet daher ist auf eure Kleidung und euer äußeres Erscheinungsbild. Dazu gibt es einen lesenswerten Beitrag auf Indymedia Linksunten. Zivile Polizisten sind in Leipzig teilweise in größeren Gruppen, aber auch alleine unterwegs und bei ihren Tarnungen meist cleverer als ihre KollegInnen in Berlin. Achtet insbesondere auf filmende und fotografierende vermeintliche PassantInnen.

 

Am Tag selbst muss mit einer massiven Polizeipräsenz gerechnet werden. Die Polizei setzt gern auf Sperren mit Hamburger Gittern und Einsatzfahrzeugen. Spontane “Ansammlungen” werden, wie in Sachsen üblich, bei Nazis sicherlich geduldet, bei AntifaschistInnen hingegen angegriffen und eingekesselt werden. Zudem muss abermals mit einem massiven Beschuss durch CS-Gas gerechnet werden.

 

Zum Selbstschutz eignet sich eine Staubschutzmaske FFP3 aus dem Baumarkt sowie eine dichte Schutzbrille, die auch in jedem Baumarkt zu finden ist. Wer diese Gegenstände auf Versammlungen mitführt, verstößt allerdings gegen das Versammlungsgesetz. Wenn ihr sie am 18. März aus guten Gründen nicht bei euch tragen wollt, solltet ihr vorher schauen, wo ihr zur Not in der Nähe diese Dinge kaufen könnt oder die Sachen lagert. 

 

Die Stadt


Von der Stadtspitze ist bislang nichts zu hören, die markigen Worte im Nachgang werden dafür sicherlich wieder nicht zu überhören sein. Lediglich die Versammlungsbehörde versucht, nicht den Wünschen der Neonazis gerecht zu werden. 

 

Die Medien


Dem Zentralorgan Leipziger Volkszeitung geht es derzeit nur um die Frage, ob es – wie am 12. Dezember 2015 – erneut zu Gewalt kommt. Selbst ein vierseitiger Informationsflyer wird auf eine Passage über möglicherweise notwendige Barrikaden reduziert. Dabei finden sich in dem Flyer auch Fakten zu falschen Behauptungen zum 12. Dezember wie die Lüge, dass “Autonome” angeblich Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeuge angegriffen hätten. Eine klare Falschmeldung, die die Polizei in die Welt gesetzt hatte und die von mehreren Medien ungeprüft übernommen wurde. 

 

Die Zivilgesellschaft


Das Bündnis “Leipzig nimmt Platz” hat sich inhaltlich auf die Gewalt und die Rechtsbrüche der Polizei und der Versammlungsbehörde von 2015 konzentriert und sich nicht, wie von der Polizei erhofft, auf “böse Autonome” eingeschossen. Der Aufruf des Bündnisses verdeutlicht noch einmal, wie massiv die staatliche Ordnung am 12. Dezember 2015 selber gewütet hatte. So heißt es dort:

  • “Die Repressionen seitens Ordnungsamt und Polizei erstreckten sich über den gesamten Tag und betrafen sowohl die individuell am Protest teilnehmenden Menschen als auch den zivilgesellschaftlichen Widerstand in den angemeldeten Gegenkundgebungen. Diejenigen, die sich zu den Versammlungen durchgekämpft hatten, waren auch keineswegs sicher. Die Polizei versuchte immer wieder, die Lage zu eskalieren. So wurden beispielsweise in der Arndtstraße Menschen in die Kundgebung geprügelt, obwohl sie an dieser überhaupt nicht teilnehmen wollten. Später wurde zudem ohne erkennbaren Anlass eine Tränengasgranate in die Versammlung abgefeuert und tauchte die dort mehr oder weniger Festgesetzten in eine CS-Gaswolke.”

Vor diesem Hintergrund wäre es auch für das zivilgesellschaftliche Bündnis längst an der Zeit, die obligatorische Aussage des “gewaltlosen Widerstands” zu streichen und sich bedingungslos solidarisch zu zeigen mit allen Menschen, die sich Neonazis und Polizeiterror widersetzen, gleich mit welcher Aktionsform.

Mit einem Lächeln ist die Doppeldeutigkeit in der Sprache des DGB-Aufrufs zu lesen. Einen Tag nachdem die LVZ “Antifa bittet Leipziger um Hilfe beim Barrikadenbau” titelte, veröffentlichte die Gewerkschaft Details zu ihrer geplanten Mahnwache:

  • “Türme bauen für Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit” Jede/r kann mit selbstgestalteten Bausteinen ein Zeichen für Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit setzen. Materialien vor Ort vorhanden.”

 

Was tun?


Für Antifaschist*innen bieten sich am 18. März 2017 viele Möglichkeiten. Neben dem Organisieren eigener Aktionen gegen den Neonaziaufmarsch und seine TeilnehmerInnen vor, während und nach ihrer Versammlung gibt es mehrere Kundgebungen und Demonstrationen, die besucht werden können. Erfolgreiche Blockaden werden nur mit vielen Menschen möglich sein. Hier lohnt sich eine aufmerksame Beobachtung der Informationen am Tag selber und eine gute Planung vorab. Kurzum, schaut euch das Gebiet vorher an. Es gibt immer Lücken und Schwachstellen in der polizeilichen Planung. Vergesst am Ende des Tages nicht die Gefangenen und unterstützt die Kundgebung vor der Gefangenensammelstelle.